Verschwiegenheitsklausel bezüglich Entgelt unwirksam

Eine Arbeitsvertragsklausel, die einen Arbeitnehmer auch gegenüber Arbeitskollegen zur Verschwiegenheit über sein Entgelt verpflichtet, ist unwirksam. (LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 21. Oktober 2009 - 2 Sa 183/09)

Der Fall

Der Kläger ist seit dem 1. September 2007 bei der Beklagten beschäftigt. In seinem Arbeitsvertrag ist folgende Klausel enthalten: "Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, die Höhe der Bezüge vertraulich zu behandeln, im Interesse des Arbeitsfriedens auch gegenüber anderen Firmenangehörigen." Trotz dieser Klausel gab der Kläger Informationen über sein Nettogehalt an einen Arbeitskollegen weiter. Die Beklagte erteilte dem Kläger daraufhin eine Abmahnung. Mit seiner Klage machte er die Unwirksamkeit dieser Abmahnung geltend. Die Beklagte war der Ansicht, sie habe ein schützenswertes Interesse daran, dass ihre Beschäftigten sich nicht über ihr Gehalt austauschen.

Die Entscheidung

Die Klage hatte Erfolg. Die Abmahnung ist nicht gerechtfertigt und daher aus der Personalakte zu entfernen. Der Kläger hat keine Pflichtverletzung begangen, da die Klausel, wonach er auch gegenüber Arbeitskollegen Stillschweigen über sein Gehalt bewahren muss, unwirksam ist. Die Verschwiegenheitsklausel stellt eine unangemessene Benachteiligung des Klägers entgegen den Geboten von Treu und Glauben gemäß § 307 BGB dar, da der Arbeitnehmer die Möglichkeit der Prüfung haben muss, ob der Arbeitgeber den Gleichbehandlungsgrundsatz hinsichtlich der Entgelthöhe gewahrt hat. Denn nach der ständigen Rechtsprechung des BAG ist der Arbeitgeber auch bezüglich der Gestaltung des Entgelts an den Gleichbehandlungsgrundsatz gebunden. Die einzige Möglichkeit für den Arbeitnehmer, die Einhaltung dieses Grundsatzes zu überprüfen, besteht in einem Gespräch mit Arbeitskollegen über die Entgelthöhe. Würde ihm diese Möglichkeit versagt, wäre der Arbeitnehmer auch an der gerichtlichen Geltendmachung seiner Ansprüche gehindert. Des Weiteren stellt die Verschwiegenheitsklausel einen Verstoß gegen die Koalitionsfreiheit nach Art. 9 Abs. 3 GG dar. Die Koalitionsfreiheit beinhaltet auch die Mitteilung der Entgelthöhe gegenüber einer Gewerkschaft sowie die Durchführung von Arbeitskämpfen um die Entgelthöhe. Könnte der Arbeitnehmer wirksam daran gehindert werden, über sein Entgelt zu sprechen, wäre er dementsprechend an der Ausübung seiner durch das Grundgesetz gewährten Rechte gehindert. Das LAG Mecklenburg-Vorpommern hat gegen dieses Urteil die Revision zum BAG zugelassen.

Das Fazit

Eines der zentralen Prinzipien des Arbeitsrechts ist der Gleichbehandlungsgrundsatz. Dieser besagt, dass einzelne Arbeitnehmer gegenüber anderen, die sich in einer vergleichbaren Lage befinden, nicht willkürlich schlechter gestellt werden dürfen. Eine Begünstigung einzelner Arbeitnehmer ist nach dem Grundsatz allerdings möglich. Bezüglich des Entgelts greift der Grundsatz auch dann nicht ein, wenn die Arbeitsvertragsparteien das Entgelt frei ausgehandelt haben. Sobald in einem Betrieb jedoch arbeitsvertragliche Einheitsregelungen angewandt werden, entfaltet der Gleichbehandlungsgrundsatz Wirkung. Das vorliegende Urteil stellt nun klar, dass der Arbeitnehmer auch bezüglich seines Entgelts die Möglichkeit haben muss, die Einhaltung des Gleichbehandlungsgrundsatzes zu überprüfen. Nur dann kann er seine gesetzlichen Ansprüche wirksam durchsetzen.

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