Google-Recherchen über Bewerber sind zulässig, Arbeitgebende unterliegen aber Informationspflicht

Arbeitgebende müssen Bewerber über Google-Recherchen über sie informieren. Die Internetrecherche an sich ist zulässig. Ein Verstoß gegen die Informationspflicht gemäß Art. 14 Abs. 1 lit. d DSGVO (Datenschutz-Grundverordnung) führt zur Entschädigung (Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 10. April 2024, Aktenzeichen 12 Sa 1007/23).

Der Fall

Der Kläger ist Rechtsanwalt und Bewerber auf eine befristete Stelle bei der beklagten Universität als Volljurist. Das Landgericht München I hatte den Kläger in erster Instanz wegen Betrugs in drei Fällen und versuchten Betrugs in neun Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Der Bundesgerichtshof hatte dieses Urteil aufgehoben. Über den Kläger existiert ein Wikipedia-Eintrag, der Angaben zum Strafverfahren enthielt. Nach einer Google-Recherche verfasste die Beklagte intern folgenden Vermerk: „Aus öffentlich zugänglichen Quellen ist zu entnehmen, dass Herr […] bereits erstinstanzlich wegen gewerbsmäßigen Betruges zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten auf Bewährung verurteilt wurde […]. Der Vorwurf lautete, Herr […] habe vielfach fingierte Bewerbungen eingereicht, um potenzielle Arbeitgeber anschließend wegen angeblicher Diskriminierung zur Zahlung von Entschädigungen (nach AGG) zu veranlassen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, Herr […] hat hiergegen Revision beim BGH eingelegt.“ Die Beklagte entschied sich, die Stelle anderweitig zu besetzen und teilte dem Kläger mit, dass die ausgewählte Bewerberin das Anforderungsprofil der Stelle besser erfülle. Informationen darüber, dass die Beklagte Daten über den Kläger erhoben hatte, erhielt der Kläger nicht. In seiner Berufung forderte der Kläger neben Schadensersatz für Verdienstausfall auch immaterielle Entschädigung nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO. Kern des Vorwurfs sei, dass die Beklagte unzutreffende Daten aus dem Internet hinter seinem Rücken erhoben habe. Sie habe ihn nicht informiert und ihm keine Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben, was alles Einfluss auf das Ergebnis des Auswahlverfahrens gehabt habe. Es gebe kein allgemeines Recht eines Arbeitgebers, im Internet über Bewerber mittels Suchmaschinen zu recherchieren und die dort erhobenen Daten im Bewerbungsprozess zu verwerten. Die Beklage betreibe illegale „Online-Schnüffeleien“.

Die Entscheidung

Die zulässige Berufung des Klägers hatte teilweise Erfolg. Die Beklagte muss eine Entschädigung in Höhe von 1.000,00 Euro gemäß Art. 82 Abs. 1 DSGVO zahlen, weil sie den Kläger entgegen Art. 14 Abs. 1 lit. d DSGVO nicht über die Kategorie der von ihr im Rahmen des Auswahlverfahrens verarbeiteten Daten, nämlich der strafrechtlichen Verurteilung durch das Landgericht München I, informiert hat. Im Übrigen hat die Berufung des Klägers keinen Erfolg, weil diesem die von ihm in zulässiger Weise geltend gemachten Ansprüche nicht zustehen. Zwar sind Google-Recherchen zulässig, die Beklagte hat aber ohne Mitteilung an den Kläger dessen nicht rechtskräftige strafrechtliche Verurteilung zur – und sei es nur hilfsweisen – Grundlage ihrer Datenverarbeitung im Auswahlprozess gemacht. Sie hat dies intern dokumentiert, ohne den Kläger über diese Datenkategorie zu informieren. Damit ist der Kläger zum bloßen Objekt der Datenverarbeitung geworden und hat einen erheblichen Kontrollverlust mit negativen Auswirkungen auf die Auswahlentscheidung erlitten, auch wenn er als Bewerber ungeeignet war. Dies rechtfertigt die Entschädigung. Im Wesentlichen handelt es sich nur um einen Informationspflichtverstoß der Beklagten.

Das Fazit

Arbeitgebende dürfen nicht stiefmütterlich mit datenschutzrechtlichen Fragen umgehen. Bei Google-Recherchen müssen die Bewerber über die Datenerhebung informiert werden. Die Information über die Datenkategorien muss so präzise und spezifisch gefasst sein, dass Betroffene die Risiken abschätzen können, die mit der Verarbeitung der erhobenen Daten verbunden sein können. Kommen Arbeitgebende dieser Informationspflicht nicht nach und verwerten die erlangte Information im Stellenbesetzungsverfahren, stehen Bewerbern Entschädigungsansprüche zu.

zurück