Bund und Kommunen
Abgrenzung von Arbeitnehmerüberlassung zum Werkvertrag
Ob eine Leistung auf der Grundlage eines Werkvertrags erbracht wird oder ob Leiharbeit vorliegt, ist durch Auslegung zu beurteilen. Hierbei sind maßgeblich Weisungsgebundenheit, Eingliederung in die Betriebsorganisation und Abgrenzbarkeit der Leistung einzubeziehen (LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12. Dezember 2012, Aktenzeichen 15 Sa 1217/12).
Der Fall
Die Klägerin war für einen Zeitraum von vier Jahren bei der Beklagten tätig und führte Verpackungsarbeiten aus. Grundlage ihrer Tätigkeit war ein so genannter Werkvertrag zwischen der Beklagten und einer GmbH, nach dem die Beklagte nach dem Bedarf der GmbH als Auftraggeberin fachgerechte Arbeiten der Fleisch- und Wurstproduktion inklusive Verpackungs- und Nebentätigkeiten durchzuführen hatte. Die Vergütung sollte sich bezogen auf ein Leistungsverzeichnis nach Kilogramm und Stück richten. Die Klägerin erhielt zunächst eine Stundenvergütung von 7 Euro, später von 6,30 Euro. Mit ihrer Klage machte die Klägerin geltend, dass sie nicht auf der Grundlage eines Werkvertrags tätig wurde, sondern dass verdeckte Leiharbeit vorgelegen habe. Sie sei täglich nach Anweisung ihres Vorarbeiters bei der GmbH eingeteilt und von ihm kontrolliert worden und habe häufig mit Stammbeschäftigten der GmbH zusammengearbeitet. Sie sei daher ebenso zu vergüten gewesen wie die Stammarbeitnehmer der GmbH, die zunächst ein Stundenentgelt von 9,05 Euro und später von 9,21 Euro erhalten hatten.
Die Entscheidung
Die Klage hatte Erfolg.
Die Klägerin hat Anspruch auf die Differenz zwischen der ihr gezahlten Stundenvergütung und derjenigen der Stammbeschäftigten der GmbH, denn es lag kein Werkvertrag, sondern Arbeitnehmerüberlassung nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) vor. Damit hatte sie gemäß §§ 9 Nr. 2, 10 Abs. 4 AÜG Anspruch auf das gleiche Entgelt wie die Stammbelegschaft der Auftraggeberin. Zur Abgrenzung von Werkvertrag und Arbeitnehmerüberlassung ist entscheidend auf das Weisungsrecht und die Eingliederung in den Betrieb des Auftraggebers abzustellen. Hier bestimmte die Auftraggeberin, welche Leistungen konkret zu erbringen waren, und organisierte die Arbeiten. Dies spricht gegen ein der Beklagten zurechenbares eigenes Werk und damit einen Werkvertrag. Es liegt vielmehr eine Eingliederung in den Betrieb der Auftraggeberin und ein Weisungsrecht durch sie vor. Damit ist im vorliegenden Fall von verdeckter Arbeitnehmerüberlassung auszugehen.
Das Fazit
Das AÜG regelt die Voraussetzungen der Arbeitnehmerüberlassung. Diese liegt grundsätzlich dann vor, wenn ein Arbeitgeber im Rahmen seiner wirtschaftlichen Tätigkeit Arbeitnehmer an einen Dritten vorübergehend zur Arbeitsleistung verleiht. Nach §§ 9 Nr. 2, 10 Abs. 4 AÜG muss der Arbeitgeber den Leiharbeitnehmern die Arbeitsbedingungen gewähren, die für vergleichbare Arbeitnehmer im Betrieb des Entleihers gelten („Equal-Pay-Grundsatz“). Durch Tarifvertrag kann hiervon jedoch abgewichen werden. Immer wieder beschäftigen die Gerichte Vertragskonstellationen, bei denen der Verdacht besteht, dass Arbeitgeber die Geltung des „Equal-Pay-Grundsatzes“ durch die fälschliche Deklarierung von Verträgen als Werkverträge umgehen. Bei Werkverträgen wird keine Arbeitsleistung geschuldet, sondern die Herstellung eines Werks. Das vorliegende Urteil stellt klar, dass eine solche Umgehung nicht zulässig ist. Arbeitnehmern, die bei einem Dritten tätig werden, ist also zu raten, genau darauf zu achten, ob das AÜG in ihrem Arbeitsverhältnis einschlägig ist und ob es angewandt wird.