Bund und Kommunen
Berechnung der Entgeltfortzahlung im Krankheits- und Urlaubsfall
Das für Zeiten der tatsächlichen Inanspruchnahme während einer Rufbereitschaft zustehende Entgelt ist nicht in das Referenzentgelt gemäß § 21 TV-L einzubeziehen (BAG, Urteil vom 10. April 2013, Aktenzeichen 5 AZR 97/12).
Der Fall
Der Kläger und das beklagte Land streiten über die Höhe der Entgeltfortzahlung im Urlaubs- und Krankheitsfall nach dem TV-L. In Absprache mit dem zuständigen Ministerium wurde den Beschäftigten für in Zeiten der Inanspruchnahme in der Rufbereitschaft geleistete Stunden – bis zur Einrichtung tariflicher Arbeitszeitkonten – Freizeitausgleich ermöglicht. Für die Bemessung der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall sowie bei der Ermittlung des Urlaubsentgelts wurden diese Stunden nicht berücksichtigt. Nur der gewährte Zeitzuschlag wurde nachträglich eingerechnet. In einer Dienstvereinbarung ist die Verteilung der Arbeitszeit näher ausgestaltet. Es erfolgt eine Differenzierung der Arbeitszeit nach Sommer- und Winterperiode, wobei für die Winterdiensteinsätze eine optionale Arbeitszeit (ab 3 Uhr) vorgesehen ist. Diese sind aus der Rufbereitschaft heraus zu organisieren. Dadurch kann sich der Beginn der regelmäßigen Arbeitszeit verschieben. Der Kläger wurde im Winterdienst eingesetzt. Für Winterdienstarbeiten, die aus der Rufbereitschaft organisiert wurden und zu Beginn der regulären Arbeitszeit noch nicht abgeschlossen waren, hat die Beklagte bei der Bemessung der Entgeltfortzahlung keine Überstundenzuschläge berücksichtigt. Mit seiner Klage macht der Kläger geltend, dass die in Freizeit ausgeglichenen Rufbereitschaftszeiten beziehungsweise die hierauf entfallende Vergütung für die Entgeltfortzahlung zu berücksichtigen sind. Außerdem sei nach seiner Auffassung die im Winterdienst aus der Rufbereitschaft heraus geleistete Arbeitszeit als Rufbereitschaft zu bewerten, auch wenn sich die reguläre Arbeitszeit direkt daran anschließt. Aus Sicht des beklagten Landes sind die in Zeit umgewandelten Entgeltbestandteile bei der Bemessung der Entgeltfortzahlung nicht gesondert zu berücksichtigen. Der Überstundenzuschlag fließe auch nicht in die Entgeltfortzahlung ein, weil der Kläger insoweit keine Rufbereitschaft außerhalb seiner regelmäßigen Arbeitszeit geleistet habe.
Die Entscheidung
Das BAG gab dem beklagten Land recht und hat entschieden, dass Rufbereitschaftsdienstentgelte einschließlich des Entgelts für die Inanspruchnahme während der Rufbereitschaft bei der Bemessung der Entgeltfortzahlung nach § 21 Satz 2 TV-L nicht zu berücksichtigen sind. Eine solche Rechtsfolge ist in § 21 TV-L nicht vorgesehen. In einer Niederschrift zu § 21 TV-L haben die Tarifvertragsparteien zwar erklärt, dass Bereitschaftsdienst- und Rufbereitschaftsentgelte einschließlich des Entgelts für die Inanspruchnahme während der Rufbereitschaft unter die Regelung des § 21 Satz 2 TV-L fallen. Diese ist jedoch nicht Bestandteil des Tarifvertrags geworden und ist nach Auffassung des BAG insoweit unbeachtlich. Das für Zeiten der tatsächlichen Inanspruchnahme während einer Rufbereitschaft zustehende Entgelt ist unabhängig davon, ob der Beschäftigte während des Referenzzeitraums seine regelmäßige Arbeitszeit eingehalten hat oder nicht, nicht in das Referenzentgelt gemäß § 21 TV-L einzubeziehen. Weiter hat das BAG festgestellt, dass Arbeitgeber berechtigt sind, in einer Dienstvereinbarung den Beginn und das Ende der regelmäßigen Arbeitszeit abweichend von der üblichen Arbeitszeit zu regeln, wenn die tatsächliche Arbeitsleistung aus der Rufbereitschaft heraus aufgenommen wird. In einem solchen Fall leistet er die Arbeit dann innerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit.
Das Fazit
Die vorliegende Entscheidung lässt den eindeutig gegenteiligen Willen der Tarifvertragsparteien in der Niederschriftserklärung, wonach eine Berücksichtigung der Zeiten für Bereitschafts- und Rufbereitschaftsdienst ausdrücklich vorgesehen ist, vollkommen unberücksichtigt. Niederschriften sind im Gegensatz zu Protokollnotizen nicht Teil des Tarifvertrags. Als Auslegungshilfe können sie nur dann dienen, wenn sie im Wortlaut des Tarifvertrags Niederschlag gefunden haben. Die Entscheidung hat Bedeutung für alle Beschäftigten im öffentlichen Dienst, die Bereitschafts- und / oder Rufbereitschaftsdienst leisten. Für die unter den TV-L fallenden Beschäftigten gilt sie unmittelbar, für Beschäftigte des Bundes und der Kommunen kommt eine entsprechende Anwendung in Betracht, da der TVöD inhaltsgleiche Bestimmungen enthält.