Höhe der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und tarifliche Regelung

Der Kläger ist bei dem beklagten Unternehmen der Privatwirtschaft beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis finden kraft einzelvertraglicher Bezugnahme die bei der Beklagten geltenden Haustarifverträge Anwendung. Danach beträgt die zur Standortsicherung herabgesenkte regelmäßige Arbeitszeit im Jahresdurchschnitt 28,8 Wochenstunden. Nach dem Manteltarifvertrag vom 14. Juli 1997 (MTV) bemisst sich die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall nach dem Entgelt, welches der Arbeitnehmer in der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit nach Schichtplan erhalten würde. Der Kläger arbeitete tatsächlich 37,5 Stunden pro Woche. Davon wurden 35 Stunden vergütet und weitere 2,5 Stunden einem Freizeitkonto gutgeschrieben. Das Bundesarbeitsgericht hatte darüber zu entscheiden, ob die Beklagte die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall zu Recht auf der Basis einer 28,8 Stundenwoche berechnet hat oder ob sie 35 Stunden wöchentlich zu Grunde legen musste. Das Bundesarbeitsgericht hat entgegen den Vorinstanzen angenommen, dass der MTV den Anspruch auf die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall ohne Gesetzesverstoß nach der tariflichen Arbeitszeit von 28,8 Stunden bestimmt. Zwar ist nach § 4 Absatz 1 Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) dem Arbeitnehmer für den Sechs-Wochen-Zeitraum des § 3 Absatz 1 EFZG das bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit zustehende Arbeitsentgelt fortzuzahlen; maßgebend ist hier die individuelle regelmäßige Arbeitszeit. Jedoch kann nach § 4 Absatz 4 EFZG durch Tarifvertrag eine von § 4 Absatz 1 abweichende Bemessungsgrundlage des fortzuzahlenden Arbeitsentgelts festgelegt werden. Die Bemessungsgrundlage kann den Geldfaktor und den Zeitfaktor betreffen. Die Tarifvertragsparteien dürfen deshalb unabhängig von der individuellen Arbeitszeit des Arbeitnehmers die regelmäßige tarifliche Arbeitszeit zu Grunde legen. Darin liegt kein unverhältnismäßiger Eingriff in den auch im Verhältnis zum Tarifvertrag zwingenden gesetzlichen Grundsatz der vollen Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, entschied das Bundesarbeitsgericht.

(BAG, Urteil vom 24. März 2004 - 5 AZR 346/03)

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