Pflegezeit kann nur einmal in Anspruch genommen werden

Die Regelung im Pflegezeitgesetz, nach der Arbeitnehmer für die Pflege eines Angehörigen einen Anspruch auf Freistellung von der Arbeitsleistung haben, kann nur einmal in Anspruch genommen werden, auch wenn die genommene Pflegezeit die im Gesetz genannte Höchstdauer unterschreitet (BAG, Urteil vom 15. November 2011, Aktenzeichen 9 AZR 348/10).

Der Fall

Der Kläger teilte seiner Arbeitgeberin, der Beklagten, am 12. Februar 2009 mit, dass er auf der Grundlage des § 3 Abs.1 Pflegezeitgesetz (PflegeZG) in dem Zeitraum vom 15. bis zum 19. Juni 2009 seine pflegebedürftige Mutter in häuslicher Umgebung pflegen und dafür Freistellung von der Arbeitsleistung in Anspruch nehmen wolle. Die Beklagte willigte hierin ein. Am 9. Juni 2009 machte er die weitere Inanspruchnahme einer Pflegezeit für den 28. und 29. Dezember 2009 zur Pflege seiner Mutter geltend. Dem stimmte die Beklagte nicht zu. Hiergegen machte der Kläger gerichtlich geltend, dass ihm insgesamt eine Pflegezeit von bis zu sechs Monaten zustehe und die Beklagte seinem erneuten Ersuchen nach Pflegezeit habe zustimmen müssen. Die Beklagte brachte vor, dass der Kläger für dieselbe Angehörige nicht mehrmals Pflegezeit in Anspruch nehmen könne.

Die Entscheidung

Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Gericht entschied, dass der Kläger keinen Anspruch auf eine zweite Pflegezeit für dieselbe Angehörige habe. Nach dem PflegeZG haben Arbeitnehmer in Betrieben mit mehr als 15 Mitarbeitern einen Anspruch auf Pflegezeit zur Pflege eines Angehörigen von bis zu sechs Monaten. Zwar hatte der Kläger den Zeitraum von sechs Monaten mit seiner ersten Pflegezeit vom 15. bis zum 19. Mai 2009 noch nicht ausgeschöpft. Allerdings folgt aus § 3 Abs. 1 PflegeZG nur ein einmaliges Gestaltungsrecht. Nach der Inanspruchnahme der Pflegezeit kann der Kläger also kein weiteres Mal ein entsprechendes Gestaltungsrecht ausüben. Eine Addition mehrerer Pflegezeiten für denselben Angehörigen bis zu einer Höchstdauer von sechs Monaten ist in dem Gesetz nicht vorgesehen.

Das Fazit

Das PflegeZG gilt seit dem Jahr 2008. Als Ziel des Gesetzes formuliert § 1, die Vereinbarkeit von Beruf und Pflege innerhalb der Familie zu verbessern. Hierzu soll Beschäftigten die Möglichkeit eröffnet werden, sich zur Pflege naher Angehöriger in häuslicher Umgebung von der Arbeitsleistung freistellen zu lassen. Dieser Anspruch wird Arbeitnehmern, Auszubildenden und arbeitnehmerähnlichen Personen eröffnet. Nahe Angehörige im Sinne des Gesetzes sind unter anderem Großeltern, Eltern, Schwiegereltern, Ehegatten, Lebenspartner, Geschwister, Kinder und Enkel. Das Gesetz unterscheidet zwischen kurzzeitiger Arbeitsverhinderung und Pflegezeit. Bei einer akut aufgetretenen Pflegesituation hat der Beschäftigte das Recht, bis zu zehn Arbeitstage der Arbeit fernzubleiben. Eine Fortzahlung der Vergütung hat hier allerdings nicht in jedem Fall zu erfolgen. Daneben besteht ein Anspruch auf Pflegezeit von bis zu sechs Monaten für denselben Angehörigen. Das vorliegende Urteil stellt klar, dass dieses Gestaltungsrecht für denselben Angehörigen nur einmal in Anspruch genommen werden kann. Zwar kann eine einmal genommene Pflegezeit bis zur Höchstdauer von sechs Monaten verlängert werden. Eine hiervon getrennte zweite Inanspruchnahme ist allerdings nicht möglich. Am 20. Oktober 2011 hat der Bundestag nun das Familienpflegezeitgesetz beschlossen, das am 1. Januar 2012 in Kraft treten soll. Dieses Gesetz sieht die Möglichkeit einer freiwilligen Vereinbarung einer Pflegezeit zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber von bis zu 24 Monaten vor. In dieser Zeit kann die Arbeit auf bis zu 15 Wochenstunden reduziert werden. Es erfolgt eine Aufstockung des Entgelts um die Hälfte der Differenz zwischen dem bisherigen und dem abgesenkten Entgelt. Nach dem Ende der Familienpflegezeit wird so lange weiter ein verringertes Entgelt gezahlt, bis das Konto des Arbeitnehmers wieder ausgeglichen ist.

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