Bund und Kommunen
Altersfreizeit im Zusammenhang mit Urlaub
Ein bereits vor Urlaubserteilung festgelegter Altersfreizeittag entfällt nicht, wenn dieser Tag in einen Urlaubszeitraum fällt, entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG, Urteil vom 25. Januar 2022, Aktenzeichen 9 AZR 230/21).
Der Fall
Die Parteien streiten darüber, ob ein fest vereinbarter Altersfreizeittag entfällt, wenn dieser von Urlaubstagen umschlossen ist. Der Kläger ist als Angestellter in Normalschicht bei der Beklagten tätig. Auf das Arbeitsverhältnis, das seit 1997 besteht, findet der Manteltarifvertrag für die Chemische Industrie vom 24. Juni 1992 in der Fassung vom 17. Mai 2017 (MTV) Anwendung. Nach § 2a Nr. 1 MTV erhalten Arbeitnehmer, die das 57. Lebensjahr vollendet haben, eine zweieinhalbstündige Altersfreizeit je Woche. In § 2a Nr. 6 MTV ist geregelt, dass die Altersfreizeit entfällt, wenn der Arbeitnehmer am gleichen Tag aus einem anderen Grund, insbesondere wegen Urlaub, Krankheit, Feiertag oder Freistellung von der Arbeit, nicht arbeitet.
Aufgrund einer Betriebsvereinbarung erhalten anspruchsberechtigte Normal- und Zweischichtler alle drei Wochen eine Altersfreizeit an einem vorher festgelegten Wochentag. Für den 1961 geborenen Kläger war abgesprochen, dass die Altersfreizeittage jeweils mittwochs alle drei Wochen gewährt werden. Einer dieser Altersfreizeittage fiel auf den 22. Mai 2019. Der Kläger beantragte vom 20. Mai bis 31. Mai 2019 Erholungsurlaub und wies in diesem Zusammenhang ausdrücklich da-rauf hin, dass er für den 22. Mai 2019 keinen Urlaub nehmen wolle, weil dieser Tag als Altersfreizeittag für ihn arbeitsfrei sei. Die Beklagte (Arbeitgeberin) hingegen war der Auffassung, dass die Altersfreizeit am 22. Mai 2019 nicht gewährt werden könne, weil der Altersfreizeittag nicht von Erholungsurlaub umschlossen sein dürfe und zog dem Kläger für den 22. Mai 2019 einen Urlaubstag ab. Der Kläger wiederum ist der Ansicht, dass er aufgrund des für diesen Tag vorher festgelegten Altersfreizeittags bereits von der Arbeitsleistung freigestellt gewesen sei und daher eine weitere Freistellung aufgrund von Urlaub nicht möglich sei. Er erhob daher Klage und verlangte die Gutschrift dieses Urlaubstags auf seinem Urlaubskonto. Das Arbeitsgericht Hannover und auch das Landesarbeitsgericht Niedersachsen haben die Klage abgewiesen, weshalb sich der Kläger an das Bundesarbeitsgericht (BAG) gewendet hat.
Die Entscheidung
Das letztinstanzliche Gericht gab dem Kläger Recht und hat entschieden, dass ihm für das Jahr 2019 ein weiterer Urlaubstag zusteht. Entgegen der Auffassung der Beklagten wirken sich die Altersfreizeiten des Klägers nicht anspruchsmindernd auf den Erholungsurlaub des Klägers aus. Der Anspruch auf einen Urlaubstag könne nur dann erlöschen, wenn für diesen Tag eine Arbeitspflicht des Klägers bestanden hätte. Dies sei aber gerade nicht der Fall gewesen, da der Kläger am 22. Mai 2019 bereits aufgrund des vorher festgelegten Altersfreizeittags von seiner Arbeitspflicht befreit war. Daher konnte dem Kläger für den 22. Mai 2019 kein Urlaub gewährt werden. Auch die Auslegung von § 2a Nr. 6
MTV ergebe, dass eine Kumulation von Urlaub und Altersfreizeit möglich sei. Dies ergebe sich sowohl aus dem Wortlaut der Tarifnorm als auch aus der Tarifsystematik. Die Verbindung von Urlaub und Altersfreizeit entspreche auch dem Sinn und Zweck der Altersfreizeit, ältere Beschäftigte zu entlasten. Des Weiteren sei aufgrund des allgemeinen Gleichheitssatzes des Artikels 3 Absatz 1 GG nicht ersichtlich, dass Altersfreizeittage im Zusammenhang mit Urlaub erlöschen müssen.
Das Fazit
Das BAG hat hier richtigerweise zugunsten des Klägers entschieden und klargestellt, dass zuvor festgelegte Altersfreizeittage im Rahmen des MTV nicht durch einen Urlaubsantrag nachträglich zu einem Arbeitstag werden können.