Bund und Kommunen
Urlaubsdauer bei kurzfristiger Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses
Wenn bereits vor Beendigung des ersten Arbeitsverhältnisses feststeht, dass es nur für eine kurze Zeit unterbrochen wird, entsteht ein Anspruch auf ungekürzten Vollurlaub, wenn das zweite Arbeitsverhältnis nach erfüllter Wartezeit in der zweiten Hälfte des Kalenderjahres endet (BAG, Urteil vom 20. Oktober 2015, Aktenzeichen 9 AZR 224/14).
Der Fall
Der Kläger war bei der Beklagten seit dem 1. Januar 2009 beschäftigt. Arbeitsvertraglich schuldete die Beklagte jährlich 26 Arbeitstage Urlaub in der 5-Tage-Woche. Der Kläger kündigte das Arbeitsverhältnis zum 30. Juni 2012. Am 21. Juni 2012 schlossen die Parteien mit Wirkung ab dem 2. Juli 2012 (Montag) einen neuen Arbeitsvertrag. Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund fristloser Kündigung der Beklagten am 12. Oktober 2012. Die Beklagte gewährte dem Kläger 2012 drei Tage Urlaub. Die Parteien haben noch darüber gestritten, ob die Beklagte verpflichtet ist, über die 17 bereits abgegoltenen Urlaubstage hinaus weitere sechs Urlaubstage mit 726,54 Euro brutto abzugelten. Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, mit Beginn des neuen Arbeitsverhältnisses beginne ein vom vorherigen Arbeitsverhältnis unabhängiger neuer urlaubsrechtlicher Zeitraum. Der Kläger habe deshalb für beide Arbeitsverhältnisse nur Teilurlaubsansprüche erworben.
Die Entscheidung
Das BAG gab dem Kläger recht. Mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses entsteht nach § 7 Abs. 4 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) ein Anspruch auf Abgeltung des wegen der Beendigung nicht erfüllten Anspruchs auf Urlaub. Wird danach ein neues Arbeitsverhältnis mit demselben Arbeitgeber begründet, ist dies in der Regel urlaubsrechtlich eigenständig zu behandeln. Der volle Urlaubsanspruch wird erst nach (erneuter) Erfüllung der Wartezeit des § 4 BUrlG erworben. Der Teilurlaub gemäß § 5 BUrlG berechnet sich grundsätzlich eigenständig für jedes Arbeitsverhältnis. Allerdings ist dies nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) in den Fällen, in denen aufgrund der vereinbarten Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bereits vor Beendigung des ersten Arbeitsverhältnisses feststeht, dass es nur für eine kurze Zeit unterbrochen wird, anders zu bewerten. Dann entsteht ein Anspruch auf ungekürzten Vollurlaub, wenn das zweite Arbeitsverhältnis nach erfüllter Wartezeit in der zweiten Hälfte des Kalenderjahrs endet. Mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses entsteht dann ein Anspruch auf Abgeltung des nicht erfüllten Urlaubsanspruchs gemäß § 7 Abs. 4 BUrlG.
Das Fazit
Wird ein Arbeitsverhältnis in der ersten Jahreshälfte (bis zum 30. Juni) beendet, hat der Arbeitnehmer lediglich einen anteiligen Urlaubsanspruch für jeden vollen Monat des Bestehens des Arbeitsverhältnisses. Wird das Arbeitsverhältnis hingegen erst in der zweiten Jahreshälfte (nach dem 30. Juni) beendet, hat der Arbeitnehmer Anspruch auf den vollen Jahresurlaub. Eine anteilige Kürzung findet dann nicht statt. Kann der Urlaub wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr genommen werden, ist er abzugelten. Bei einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses in der zweiten Jahreshälfte ist demgemäß der gesamte Jahresurlaub abzüglich des bereits genommenen Urlaubs abzugelten. Im vorliegenden Fall hat das BAG beide Arbeitsverhältnisse jedoch hinsichtlich des Urlaubsanspruchs als eine Einheit betrachtet, da bereits vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses feststand, dass es nach einer kurzen Unterbrechung fortgesetzt wird.