Verjährung von Urlaubsansprüchen – Europäischer Gerichtshof soll entscheiden

Das BAG hat zur Klärung der Frage, ob der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub der Verjährung unterliegt, ein entsprechendes Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union gerichtet (BAG, Beschluss vom 29. September 2020, Aktenzeichen 9 AZR 266/20 (A)).

Der Fall

Die Klägerin war von 1996 bis 2017 bei der Beklagten als Steuerfachangestellte und Bilanzbuchhalterin beschäftigt. Ihr Anspruch auf Erholungsurlaub belief sich auf 24 Arbeitstage pro Kalenderjahr. Der Beklagte bescheinigte der Klägerin mit Schreiben vom 1. März 2012, dass der „Resturlaubsanspruch von 76 Tagen aus dem Kalenderjahr 2011 sowie den Vorjahren“ nicht am 31. März 2012 verfällt, da sie den Urlaub aufgrund des hohen Arbeitsaufkommens in der Kanzlei nicht hätte nehmen können. Von 2012 bis 2017 gewährte der Beklagte der Klägerin an insgesamt 95 Arbeitstagen Urlaub. Nach dem Ende der Beschäftigung zahlte er an diese eine Urlaubsabgeltung für nicht genommene Urlaubstage im Jahr 2017. Daraufhin erhob die Arbeitnehmerin 2018 Klage und verlangte eine Abgeltung von weiteren 101 Urlaubstagen aus dem Jahr 2017 und den Vorjahren. Der Beklagte machte im Laufe des Prozesses die Einrede der Verjährung geltend. Er meint, für die Urlaubsansprüche, für die die Klägerin Abgeltung verlange, sei die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren (§§ 194, 195 BGB) bereits vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses abgelaufen. Das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf folgte dieser Auffassung nicht. Vielmehr gab es der Klage statt und verurteilte den Beklagten zur Abgeltung von 76 Urlaubstagen aus den Jahren 2013 bis 2016 an die Klägerin. Hiergegen legte der Beklagte Revision beim BAG ein.

Die Entscheidung

Das BAG folgte zunächst der Argumentation des LAG Düsseldorf. Danach erlischt nach richtlinienkonformer Auslegung des § 7 Abs. 3 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) der Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub grundsätzlich nur dann am Endes des Kalenderjahres, wenn Arbeitgebende ihre Arbeitnehmenden konkret aufgefordert haben, ihren Urlaub rechtzeitig im Urlaubsjahr zu nehmen, und gleichzeitig darauf hingewiesen haben, dass dieser anderenfalls verfallen kann. Diese Mitwirkungsobliegenheit hat der Beklagte hier unstreitig verletzt. Fraglich ist jedoch nun, ob eine Regelverjährung von Urlaubsansprüchen gemäß §§ 194, 195 BGB nach drei Jahren grundsätzlich in Betracht kommt. Vor diesem Hintergrund hat das BAG den Europäischen Gerichtshof um Vorabentscheidung über die Frage ersucht, ob es mit europäischem Recht im Einklang steht, wenn der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub, der aufgrund unterlassener Mitwirkung des Arbeitgebers nicht bereits nach § 7 Abs. 3 BUrlG verfallen konnte, gemäß §§194, 195 BGB der Verjährung unterliegt.

Das Fazit

Immer wieder kommt es zum Streit über nicht genommene Urlaubstage, ob diese verfallen oder sie unbegrenzt angesammelt werden können. Bliebe für Arbeitgebende der Rettungsanker über die allgemeinen Verjährungsregeln, wäre dies eine deutliche Schwächung der Rechte der Arbeitnehmenden. Die Entscheidung bleibt somit spannend. Wir werden weiter berichten.

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