Mitbestimmung bei Stellenausschreibung

Ein Betriebsrat kann verlangen, dass offene Stellen zunächst innerbetrieblich ausgeschrieben werden. In einem solchen Fall muss der Arbeitgeber dies tun, bevor er den Betriebsrat um die Zustimmung zu der geplanten Stellenbesetzung bittet. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat entschieden, dass eine interne Stellenausschreibung nicht während eines Zustimmungsersetzungsverfahrens nach § 99 Abs. 4 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) nachgeholt werden kann. Arbeitgebende müssen vielmehr auf Verlangen des Betriebsrats alle freien und offenen Stellen zunächst unternehmensintern ausschreiben, bevor der Betriebsrat um Zustimmung gebeten wird (BAG, Beschluss vom 11. Oktober 2022, Aktenzeichen 1 ABR 16/21).

Der Fall

Im vorliegenden Fall stritten der Arbeitgeber und der Betriebsrat über mehrere Versetzungen sowie eine mögliche Ersetzung der Zustimmung des Gremiums zu diesen personellen Einzelmaßnahmen. 2010 hatten die Betriebsparteien eine Betriebsvereinbarung zum Thema interne Stellenausschreibung abgeschlossen, die vorsah, dass alle offenen Positionen grundsätzlich zunächst im Betrieb angeboten werden. Ausnahmen waren nur einvernehmlich möglich. 2013 wurde die Regelung firmenseitig gekündigt. Als der Arbeitgeber dann Mitte Mai 2018 im Zuge einer betrieblichen Neuorganisation Arbeitnehmer versetzen wollte, verweigerte der Betriebsrat seine Zustimmung. Zum einen sei er im Vorfeld nicht ordnungsgemäß und vollständig unterrichtet worden, zum anderen habe die Firma entgegen § 93 BetrVG keine interne Stellenausschreibung vorgenommen. Ferner sei das Vorhaben nicht eilbedürftig, da keine vorläufigen personellen Einzelmaßmaßnahmen vonnöten seien. Damit gab sich der Arbeitgeber nicht zufrieden. Das Unternehmen begehrte vor Gericht die Ersetzung der Zustimmung zu einer personellen Einzelmaßnahme und leitete ein Zustimmungsersetzungsverfahren ein. Während das Arbeitsgericht Siegburg dem Betriebsrat dabei erstinstanzlich Recht gab, da die unterbliebene interne Stellenausschreibung ein zulässiger und tragfähiger Grund für eine Zustimmungsverweigerung nach § 99 Abs. 2 Nr. 5 BetrVG sei, entschied das Landesarbeitsgericht Köln später zugunsten des Arbeitgebers. Weil die Betriebsvereinbarung gekündigt worden war, hätte der Betriebsrat aus Sicht der dortigen Kammer vor der konkreten Maßnahme explizit eine Ausschreibung der Stellen verlangen müssen. Das aber sei nicht geschehen. Außerdem habe die Firma die Positionen zwischenzeitlich vorsorglich intern ausgeschrieben.

Die Entscheidung

Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats beim Bundesarbeitsgericht hatte Erfolg. Das BAG sah die Zustimmungsersetzungsanträge als unbegründet an. Denn nach Auffassung des Zehnten Senats hatte das Gremium wirksam eine Ausschreibung der Arbeitsplätze verlangt. Mit der Kündigung der Betriebsvereinbarung könne der Arbeitgeber nämlich „nicht das zugleich im Abschluss der Betriebsvereinbarung liegende Verlangen des Betriebsrats beseitigen, freie Stellen auszuschreiben“. Vielmehr gewähre § 93 BetrVG, sofern geltend gemacht, „einen entsprechenden Rechtsanspruch“, dem sich „der Arbeitgeber nicht – auch nicht durch Kündigung – entziehen“ könne. Zudem könne die interne Ausschreibung von offenen Jobs „grundsätzlich nicht“ später – etwa während eines Zustimmungsersetzungsverfahrens – nachgeholt werden. Denn „Sinn und Zweck des § 93 BetrVG“ verlangten „die Durchführung des innerbetrieblichen Ausschreibungsverfahrens, bevor der Arbeitgeber die Entscheidung über die Besetzung der freien Stelle trifft und den Betriebsrat um eine entsprechende Zustimmung ersucht“. Andernfalls drohe die Gefahr, dass „die gesetzlichen Ziele, den innerbetrieblichen Arbeitsmarkt zu aktivieren und die Transparenz des Stellenbesetzungsvorgangs zu gewährleisten, beeinträchtigt werden“. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts halte insofern „der rechtsbeschwerderechtlichen Überprüfung nicht stand“. Insgesamt habe der Betriebsrat damit seine Zustimmung zu den geplanten Versetzungen zu Recht unter Berufung auf § 99 Abs. 2 Nr. 5 BetrVG verweigert.

Das Fazit

Das BAG hat richtigerweise klargestellt, dass der Arbeitgeber verpflichtet ist, eine vom Betriebsrat verlangte innerbetriebliche Ausschreibung von Arbeitsplätzen nach § 93 BetrVG vorzunehmen, bevor er eine Entscheidung über deren Besetzung trifft und den Betriebsrat zu der beabsichtigten personellen Maßnahme um Zustimmung ersucht. Eine Nachholung der Ausschreibung kann nicht während des gerichtlichen Zustimmungsersetzungsverfahrens erfolgen. Das BAG hat mit dieser Entscheidung eine bislang offengelassene Rechtsproblematik beantwortet. Dem Betriebsrat wird durch die Vorschrift des § 93 BetrVG ermöglicht, im Interesse der von ihm vertretenen Kolleginnen und Kollegen durch die Bekanntmachung freier Stellen die innerbetriebliche Situation ins Auge zu fassen. Betriebe sollten diese Entscheidung beachten und nicht darauf spekulieren, dass unterbliebene interne Ausschreibungen möglicherweise noch während des gerichtlichen Zustimmungsersetzungsverfahrens nachgeholt werden können. Allerdings bestätigt das BAG durch sein Urteil auch seine bisherige Rechtsprechung, dass der Arbeitgeber eine unvollständige Unterrichtung des Betriebsrats auch noch im Zustimmungsersetzungsverfahren nachholen kann, wenn für den Betriebsrat erkennbar sei, dass der Arbeitgeber die Angaben vervollständigt, weil er seiner Unterrichtungspflicht aus § 99 Abs. 1 BetrVG nachkommen möchte.

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