Der betriebsverfassungsrechtliche Schulungsanspruch

Eine durch Tarifvertrag errichtete Personalvertretung, für die das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) gilt, kann bei der Entscheidung über die Entsendung ihrer Mitglieder auf eine Schulung auch beurteilen, an was für einem Schulungsformat diese teilnehmen (BAG, Beschluss vom 7. Februar 2024, Aktenzeichen 7 ABR 8/23).

Der Fall

Die Beteiligten streiten über das Bestehen der Verpflichtung der Arbeitgeberin, einer Luftverkehrsgesellschaft mit Sitz in Düsseldorf, die bei ihr auf Grundlage des Tarifvertrags Personalvertretung Nr. 1 (TV PV) für die Beschäftigten des Kabinenpersonals gebildete Personalvertretung (PV Kabine) von schulungsbedingten Übernachtungs- und Verpflegungskosten freizustellen. Für die PV Kabine findet nach § 1 Absatz 3 TV PV, sofern durch den Tarifvertrag nichts anderes bestimmt wird, das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) in der jeweils gültigen Fassung Anwendung. Die PV Kabine wollte zwei ihrer im Sommer 2021 in das Gremium nachgerückten Mitglieder, Wohnhaft in Düsseldorf und Köln, auf ein Seminar „Betriebsverfassungsrecht Teil 1“ in Binz auf Rügen entsenden. Die Arbeitgeberin stellte die Erforderlichkeit dieser Grundlagenschulung nicht in Frage, wies aber aus Kostengründen auf ein inhaltsgleiches ortsnahes Seminar oder Webinar hin und benannte konkrete Alternativtermine. Die beiden Mitarbeitenden befanden sich teilweise an den genannten Terminen im Erholungsurlaub und auf einem dienstlichen Einsatz. Die PV Kabine teilte der Arbeitgeberin daher mit, die Mitarbeitenden auf ein Seminar in Potsdam zu entsenden. Dies war mit einer Kostenersparnis von circa 500 Euro gegenüber dem Seminar in Binz verbunden.

Die Entscheidung

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin als unbegründet zurückgewiesen. Die Verpflichtung der Arbeitgeberin, die PV Kabine von der Zahlung der Übernachtungs- und Verpflegungskosten freizustellen, folgt aus § 1 Abs. 3 TV PV in Verbindung mit § 40 Abs. 1, § 37 Abs. 6 Satz 1 BetrVG. Aufgrund fehlender Bestimmungen im TV PV, richten sich die Kosten und Schulung der PV Kabine nach den betriebsverfassungsrechtlichen Maßgaben. Nach § 40 Abs. 1 BetrVG hat der Arbeitgebende die durch die Tätigkeit des Betriebsrats entstehenden Kosten zu tragen. Dazu gehören auch die Kosten, die aufgrund der Teilnahme eines Betriebsratsmitglieds an einer Schulung nach § 37 Abs. 6 BetrVG entstanden sind, sofern das bei der Schulung vermittelte Wissen für die Betriebsratsarbeit erforderlich ist. Daneben hat der Arbeitgebende die notwendigen Reise-, Übernachtungs- und Verpflegungskosten zu tragen. Bei der Entscheidung darüber, ob es sich um eine erforderliche Schulung handelt, steht dem Betriebsrat ein Beurteilungsspielraum zu. Dabei hat er wegen des Gebots der vertrauensvollen Zusammenarbeit nach § 2 Abs. 1 BetrVG die betrieblichen Verhältnisse und die sich ihm stellenden Aufgaben zu berücksichtigen. Demnach darf er die Schulungsteilnahme nicht allein nach seinen subjektiven Bedürfnissen ausrichten. Dennoch musste sich die PV Kabine nicht auf das Webinar-Angebot desselben Schulungsträgers verweisen lassen, auch wenn die Teilnahme der Mitglieder an dem Präsenzseminar im Hinblick auf die Übernachtung und Verpflegung zwangsläufig Mehrkosten im unteren vierstelligen Bereich verursacht hat. Der Betriebsrat ist nämlich nicht dazu verpflichtet, anhand einer umfassenden Marktanalyse den günstigsten Anbieter zu ermitteln und ohne Rücksicht auf andere Kriterien auszuwählen. Wenn er eine andere Schulung für qualitativ besser hält, muss er sich nicht für die kostengünstigste Schulungsveranstaltung entscheiden. Eine Beschränkung der Kostentragungspflicht des Arbeitgebenden auf die Kosten der preiswerteren Veranstaltung kann in Betracht gezogen werden, wenn der Betriebsrat auch nach seiner eigenen Einschätzung die gleichzeitig angebotenen Schulungen als qualitativ gleichwertig erachtet. Der Beurteilungsspielraum des Betriebsrats umfasst nicht nur den Inhalt der Schulungsveranstaltung, sondern auch das Format, die Methoden sowie die Art und Weise der Wissens- und Kenntnisvermittlung. Dazu gehört auch die Einschätzung, ob eine Gleichwertigkeit der verschiedenen Schulungsangebote besteht. Dies hat die Arbeitgeberin verkannt, indem sie bei der qualitativen Vergleichbarkeit von Präsenz- und Online-Seminaren lediglich ihre eigene Bewertung anstelle derjenigen der PV Kabine berücksichtigte.

Das Fazit

Die Entscheidung des BAG über die Rechtsbeschwerde überzeugt. Der Arbeitgebende darf den Betriebsrat nicht übergehen und dessen weiten Beurteilungsspielraum bei der Entscheidung über die Erforderlichkeit einer Schulung missachten.

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