„Kleiner“ Betriebsrat ist auch ein Betriebsrat

Bewerben sich bei einer Betriebsratswahl weniger Arbeitnehmende um einen Betriebsratssitz als Betriebsratsmitglieder zu wählen sind, kann ein „kleinerer“ Betriebsrat errichtet werden (Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 24. April 2024, Aktenzeichen 7 ABR 26/23).

Der Fall

In einer Klinik mit 170 Arbeitnehmenden fanden im Frühjahr 2022 Betriebsratswahlen statt. Bei dieser Wahl kandidierten lediglich drei Arbeitnehmende, die dann den Betriebsrat bildeten. Die Arbeitgeberin, ein Unternehmen im Bereich der Gesundheitsvorsorge und Trägerin der Klinik, hielt den aus drei Mitgliedern bestehenden Betriebsrat für nicht rechtens. Sie hielt die Betriebsratswahl für nichtig, da  §  9 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) bei dieser Betriebsgröße (101 bis 200 Arbeitnehmende) einen aus sieben Mitgliedern bestehenden Betriebsrat vorsieht. Aus diesem Grund begehrte die Arbeitgeberin zunächst vor dem Arbeitsgericht Hamburg die Feststellung der Nichtigkeit. Das Arbeitsgericht Hamburg hat den Antrag der Arbeitgeberin mit Beschluss vom 4. Oktober 2022, Aktenzeichen 12 BV 7/22, zurückgewiesen. Hiergegen wehrte sich die Arbeitgeberin und legte beim Landesarbeitsgericht Hamburg Beschwerde ein. Das Landesarbeitsgericht Hamburg bestätigte die erstinstanzliche Entscheidung mit Beschluss vom 14. Juni 2023, Aktenzeichen 7 TaBV 1/23. Das Gericht hielt die durchgeführte Betriebsratswahl auch für wirksam. Die Wahl könne nicht nach § 19 BetrVG wegen der Unterschreitung der gesetzlich vorgeschriebenen Zahl von Betriebsratsmitgliedern angefochten werden. § 9 BetrVG schreibe zwar bei entsprechender Betriebsgröße zwingend die Größe des Betriebsrats vor, jedoch können Ausnahmen hiervon gemacht werden. Das ist dann der Fall, wenn nicht genügend wählbare Arbeitnehmende vorhanden sind oder aber nicht ausreichend viele Arbeitnehmende sich zur Wahl stellen.

In diesen Fällen greife § 11 BetrVG. Dieser schreibt vor, dass die Zahl der Betriebsratsmitglieder der nächstniedrigeren Betriebsgröße zugrunde zu legen ist, wenn ein Betrieb nicht die ausreichende Zahl von wählbaren Arbeitnehmenden hat.

Die Entscheidung

Die Arbeitgeberin legte auch gegen diese Entscheidung Rechtsbeschwerde ein und wandte sich damit an das Bundesarbeitsgericht (BAG). Das Begehren der Arbeitgeberin hatte auch vor dem BAG keinen Erfolg. Es entschied, dass auch ein „kleinerer“ Betriebsrat betriebsverfassungsrechtlich zulässig sei. Das BAG stellte klar, dass der Wirksamkeit der Betriebsratswahl nicht entgegenstehe, wenn sich nicht genügend Bewerbende für das Betriebsratsamt finden. Das folge aus § 1 Absatz 1 Satz 1 BetrVG. Dieser gibt vor, dass in Betrieben mit in der Regel mindestens fünf wahlberechtigten Arbeitnehmenden, von denen drei wählbar sind, Betriebsräte gewählt werden. Hierin sei der Wille des Gesetzgebers, dass auch ein kleinerer Betriebsrat zustande kommen kann, ausdrücklich erkennbar. Aus diesem Grund sei die Rechtsauffassung des Landesarbeitsgerichts Hamburg richtig. Das BAG ist nämlich der Ansicht, dass bei der Betriebsratsgröße in der Konstellation von weniger Kandidatinnen und Kandidaten als zu besetzenden Betriebsratssitzen auf die (jeweils) nächstniedrigere Stufe des § 9 BetrVG so lange zurückzugehen ist, bis die Zahl von Bewerberinnen und Bewerbern für die Errichtung eines Gremiums mit einer ungeraden Anzahl an Mitgliedern ausreicht.

Das Fazit

Diese Entscheidung sollte vor allem von der Belegschaft derjenigen Betriebe Beachtung finden, die einen Betriebsrat neu gründen oder nach längerer Zeit wieder einen Betriebsrat gründen. Erfahrungsgemäß kann es dann schwer sein, genügend Kandidatinnen und Kandidaten zu finden. Aber auch ein kleiner Betriebsrat darf aktiv werden. 

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