Bund und Kommunen
Streik in kirchlichen Einrichtungen kann zulässig sein
Gewerkschaftlich organisierte Streikmaßnahmen sind in kirchlichen Einrichtungen nicht generell unzulässig. Das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen rechtfertigt nur Einschränkungen des Streikrechts (LAG Hamm, Urteil vom 13. Januar 2011, Aktenzeichen 8 Sa 788/10).
Der Fall
Die beklagte Gewerkschaft führte im Jahr 2009 eine Aktionswoche mit Streikmaßnahmen in Einrichtungen der Diakonie in Nordrhein-Westfalen durch, nachdem sich der Verband der diakonischen Dienstgeber geweigert hatte, mit der Gewerkschaft Tarifverhandlungen aufzunehmen. Als Reaktion auf die Aktionswoche machten verschiedene Einrichtungen der evangelischen Kirche die Unterlassung der Streikmaßnahmen der Beklagten gerichtlich geltend.
Die Entscheidung
Die Klage hatte keinen Erfolg. Streikmaßnahmen sind in kirchlichen Einrichtungen nicht generell unzulässig. Zwar garantiert das Grundgesetz das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen. Dieses muss allerdings mit dem Streikrecht der Gewerkschaften abgewogen werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass in kirchlichen Einrichtungen nicht nur Beschäftigte tätig sind, deren Aufgaben zum "Dienst am Nächsten" zählen, die aus christlicher Überzeugung geleistet werden. Es sind vielmehr auch solche Beschäftigte dort tätig, die etwa Hilfsfunktionen ausüben, die auch ausgelagert und auf nichtkirchliche Träger übertragen werden können. Dies trifft beispielsweise auf Küchen- oder Reinigungstätigkeiten zu. Vor diesem Hintergrund ist es unverhältnismäßig, Streiks generell auszuschließen. Auch aus der Tatsache, dass die Gestaltung der Arbeitsbedingungen in kirchlichen Einrichtungen durch die so genannte Arbeitsrechtliche Kommission erfolgt, ergibt sich keine abweichende Beurteilung. Denn dieses Verfahren ist nicht gleichwertig mit der Ausgestaltung der Arbeitsbedingungen durch Tarifvertragspartner. Zum einen können hauptamtliche Gewerkschaftsvertreter im Verfahren der Arbeitsrechtlichen Kommission keinen ausreichenden Einfluss ausüben, da zwei Drittel der Arbeitnehmervertreter in kirchlichen Einrichtungen beschäftigt sein müssen. Zum anderen bestehen Einschränkungen im Vergleich zum staatlichen Tarif- und Arbeitskampfrecht. Die Revision zum Bundesarbeitsgericht wurde zugelassen. Das Urteil ist daher noch nicht rechtskräftig.
Das Fazit
Auch das Arbeitsgericht Hamburg hatte kürzlich über einen Arbeitskampf bei einem kirchlichen Arbeitgeber zu entscheiden (Urteil vom 1. September 2010, Aktenzeichen 28 Ca 105/10). Dort ging es ebenfalls um die Frage, ob eine Gewerkschaft in einem von der Kirche getragenen Betrieb, in dem Tarifverträge angewandt werden, einen Streik durchführen darf. In diesem Fall hat das Gericht ebenfalls entschieden, dass der Gewerkschaft ein Streikrecht zustehe. Es hat dies damit begründet, dass der Arbeitgeber grundsätzlich Arbeitskämpfe hinnehmen müsse, wenn er sich für die Anwendung von Tarifverträgen entscheidet.