Verrechnung von Plus- und Minusstunden nur bei Ermächtigung

Das Zeitguthaben eines Arbeitnehmers auf einem Arbeitszeitkonto darf vom Arbeitgeber nur dann mit Minusstunden verrechnet werden, wenn hierfür eine Ermächtigungsgrundlage vorliegt (BAG, Urteil vom 21. März 2012, Aktenzeichen 5 AZR 676/11).

Der Fall

Die Klägerin arbeitet als Briefzustellerin im Unternehmen der Beklagten. Auf ihr Arbeitsverhältnis finden die bei der Beklagten geltenden Tarifverträge Anwendung. Ein neuer Tarifvertrag, der ab dem 1. April 2008 galt, verkürzte die Pausenzeiten der Arbeitnehmer. Diese Regelung wurde allerdings erst zum 1. Juli 2012 umgesetzt, weil der Betriebsrat erst dann bereit war, der entsprechenden Änderung der Dienstpläne zuzustimmen. Aufgrund dieser verspäteten Umsetzung kürzte die Beklagte das Zeitguthaben der Klägerin um 7,2 Stunden auf null. Sie begründete dies damit, dass durch die verspätete Umsetzung der Pausenkürzung eine Zeitschuld der Klägerin entstanden sei. Mit ihrer Klage machte die Klägerin die Rückgängigmachung der Kürzung geltend.

Die Entscheidung

Die Klage hatte Erfolg.

Die gestrichenen Stunden müssen dem Arbeitszeitkonto der Klägerin wieder gutgeschrieben werden. Denn eine Verrechnung von Plusstunden mit Minusstunden durch den Arbeitgeber ist nur dann möglich, wenn eine ausdrückliche Ermächtigung vorliegt. Diese kann sich aus dem Arbeitsvertrag, einer Betriebsvereinbarung oder auch aus einem Tarifvertrag ergeben. Eine Ermächtigung des Arbeitgebers zu einer solchen Verrechnung der geltend gemachten Zeitschuld der Klägerin mit dem Guthaben auf ihrem Arbeitszeitkonto liegt hier jedoch nicht vor.

Das Fazit

In der Praxis sind verschiedene Formen von Arbeitszeitkonten zu finden. Diese lassen sich in Geld- und Zeitkonten unterteilen. Bei Geldkonten werden Zeitguthaben und -verluste mit ihrem Geldwert ausgewiesen, während bei Zeitkonten das Guthaben und Verluste in Zeit ausgewiesen werden. Hierbei kann zwischen lang- und kurzfristigen Konten sowie Lebensarbeitszeitkonten unterschieden werden. Es können also Zeitspannen geregelt werden, innerhalb derer Plus- oder Minusstunden ausgeglichen werden müssen. Regelungen zu Arbeitszeitkonten ermöglichen es häufig auch, beispielsweise Überstundenzuschläge oder andere Zulagen in Zeit umzuwandeln und auf dem Arbeitszeitkonto gutzuschreiben. Regelungen zu Zeitkonten können etwa in Tarifverträgen oder in Betriebsvereinbarungen enthalten sein. Mit der vorliegenden Entscheidung hat das BAG das Zeitguthaben vor einem Zugriff des Arbeitgebers geschützt, indem es klar gestellt hat, dass zur Verrechnung mit einer Zeitschuld eine ausdrückliche Ermächtigung vereinbart worden sein muss.

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