Überstunden bei Wechselschicht- und Schichtarbeit

Ein Anspruch auf Überstundenzuschläge entsteht bei Wechselschicht- und Schichtarbeit dann, wenn die im Dienst- beziehungsweise Schichtplan festgesetzten Arbeitsstunden über die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten gemäß § 6 TVöD hinausgehen und diese Stunden im Schichtplanturnus nicht ausgeglichen werden (BAG, Urteil vom 25. April 2013, Aktenzeichen 6 AZR 800/11).

Der Fall

Der Kläger ist in der Verkehrszentrale im Wasser- und Schifffahrtsamt beschäftigt und macht Ansprüche auf Vergütung von Überstunden für das Jahr 2009 geltend. Auf das Arbeitsverhältnis findet der TVöD Anwendung. Die Verkehrszentrale ist 24 Stunden an sieben Tagen der Woche besetzt. Es wird in Wechselschicht gearbeitet, wobei grundsätzlich der so genannte 6/6-Rhythmus angewandt wird, das heißt auf sechs Tage Wechselschicht folgen sechs freie Tage. Auf der Grundlage dieses Schichtrhythmus wird jeweils für das gesamte Kalenderjahr festgelegt, welche Beschäftigten welche Dienste abzuleisten haben. Dabei werden auch die Ausfallzeiten eingeplant. Der Kläger ist der Ansicht, dass als Turnus ein Zeitraum von zwölf Kalendertagen angesehen werden muss. Sofern er innerhalb eines 6/6-Rhythmus mehr Stunden gearbeitet habe, ohne dass er hierfür Ausgleich erhalten habe, habe er Überstunden geleistet, die ihm entsprechend zu vergüten seien. Die Beklagte ist hingegen der Auffassung, dass als Schichtplanturnus das gesamte Kalenderjahr erfasst sei. Da der Kläger im Kalenderjahr die tariflich geschuldete Arbeitszeit nicht erreicht hat, seien auch keine Überstunden zu vergüten.

Die Entscheidung

Das BAG gab der Beklagten recht und hat entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch auf Überstundenvergütung im Jahr 2009 hat. § 7 Abs. 8 Buchst. c TVöD ist nach Ansicht des BAG dahingehend zu verstehen, dass bei Stunden, die im Schichtplan festgelegt sind, Überstunden nur dann entstehen können, wenn mehr Stunden vorgesehen sind, als sie ein Vollzeitbeschäftigter gemäß § 6 Abs. 1 TVöD erbringen müsste. Ob tatsächlich Überstunden geleistet worden sind, ergibt sich erst aus dem am Ende eines Schichtplanturnus vorzunehmenden Abgleich zwischen der schichtplangemäß tatsächlich erbrachten Arbeitsleistung und der von einem Vollzeitbeschäftigten in diesem Zeitraum geschuldeten Arbeitsleistung. Wird bezogen auf den Schichtplanturnus als Ausgleichszeitraum die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten eingehalten, liegen bei im Schichtplan vorgesehenen Stunden keine Überstunden vor. Schichtplanturnus im Sinne von § 7 Abs. 8 Buchst. c TVöD ist der Zeitraum, für den ein Schichtplan im Vorhinein aufgestellt ist. Im vorliegenden Fall war Schichtplanturnus das gesamte Kalenderjahr, denn der Schichtplan für die Verkehrszentrale wurde als Jahresplan erstellt. Da der Kläger die jährliche Sollarbeitszeit unterschritten hat, sind keine Überstunden angefallen, die zu vergüten wären.

Das Fazit

In der vorliegenden Entscheidung hat das BAG zu der lange umstrittenen Frage Stellung genommen, wann Überstunden bei Wechselschicht- und Schichtarbeit entstehen. Nach Auffassung des BAG ist § 7 Abs. 8 Buchst. c TVöD wie folgt zu lesen: „Abweichend von Absatz 7 sind nur die Arbeitsstunden Überstunden, die im Falle von Wechselschicht- oder Schichtarbeit über die im Schichtplan festgelegten täglichen Arbeitsstunden hinaus angeordnet worden sind, und / oder die im Schichtplan vorgesehenen (festgesetzten) Arbeitsstunden, die – bezogen auf die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit (im Sinne von § 6 Abs. 1 TVöD) – im Schichtplanturnus nicht ausgeglichen werden“.

Es sind nach dieser Lesart zwei Fallkonstellationen zu unterscheiden. Zum einen diejenigen Fälle, in denen die Beschäftigten für den Schichtplanturnus bereits im Dienstplan zu mehr Schichten oder Arbeitsstunden eingeteilt sind, als sie aufgrund der regelmäßigen Wochenarbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten zu leisten verpflichtet wären. Diese zu viel geleisteten Stunden müssen bereits im Schichtplanturnus wieder ausgeglichen werden. Ist dies nicht der Fall, entstehen zuschlagspflichtige Überstunden. Zum anderen erfasst § 7 Abs. 8 Buchst. c TVöD auch den Fall der Überschreitung der täglichen Arbeitszeit, die auch zur Entstehung von Überstunden führen kann und zwar dann, wenn Arbeitsstunden über die im Schicht- / Dienstplan festgelegten täglichen Arbeitsstunden hinaus angeordnet wurden. Auf einen eventuellen Ausgleich im Schichtplanturnus oder gar im Ausgleichszeitraum von einem Jahr kommt es in diesen Fällen nicht an. Hier ist lediglich auf die im Schicht- / Dienstplan festgelegte tägliche Arbeitszeit abzustellen. Wegen des gleichen Tarifwortlauts in § 7 Abs. 8 Buchst. c TV-L und § 10 Abs. 8 Buchst. c TV-Charité und der gleichen Regelungssystematik kann das Urteil entsprechend auf den TV-L und den TV-Charité übertragen werden. Wir empfehlen deshalb, eventuell bestehende Ansprüche innerhalb der sechsmonatigen Ausschlussfrist rückwirkend geltend zu machen.

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