Tarifgeltung im Beitrittsgebiet bei Versetzung

Ein Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis ursprünglich in den neuen Ländern begründet worden war, steht selbst bei einer dauerhaften Versetzung auf einen Arbeitsplatz im Tarifgebiet West nicht einem Arbeitnehmer gleich, der von vornherein für eine Tätigkeit in den alten Bundesländern eingestellt worden ist.

Für die Tarifgeltung ist neben dem Bezug zum Beitrittsgebiet auch entscheidend, ob der Angestellte für eine Tätigkeit im Beitrittsgebiet eingestellt wurde, denn § 1 Abs 1 BAT-O stellt darauf ab, ob das Arbeitsverhältnis im Beitrittsgebiet begründet ist. Nach einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts richtet sich die Eingruppierung auch der unter den Geltungsbereich des BAT-O fallenden Angestellten grundsätzlich nach den Tätigkeitsmerkmalen der Vergütungsordnung zum BAT, da es keine eigenständige Vergütungsordnung zum BAT-O gibt.

Die Parteien streiten darüber, ob dem Kläger Vergütung nach VergGr. II a der Vergütungsordnung zum BAT in der sich aus dem jeweiligen Vergütungstarifvertrag zum BAT ergebenden Höhe zusteht. Der Kläger wurde 1990 von der Beklagten in ein Arbeitsverhältnis übernommen. Er wurde bis Februar 1995 im Bereich des Marinekommandos Ost in Rostock beschäftigt.

Das Arbeitsverhältnis unterlag dem BAT-O. Im Anschluss an eine Abordnung des Klägers nach Stuttgart bei Vergütung nach BAT folgte im April 1997 eine Versetzung in eine Dienststelle nach Rheinland-Pfalz. Mit dem hier geschlossenen Änderungsvertrag zum Arbeitsvertrag wurde vereinbart, dass sich das Arbeitsverhältnis einschließlich der Eingruppierung und der Vergütung nach BAT bestimmt. Die Eingruppierung erfolgte nach VergGr. II a BAT. Im März 1999 bewarb sich der Kläger auf eine entsprechende Stelle beim Marineamt in Rostock.

Nach seiner Versetzung teilte der Arbeitgeber mit, dass der Kläger lediglich die der VergGr. II a entsprechende „Ost-Vergütung“ erhalte und ab dem Versetzungsdatum der BAT-O Anwendung finde. Demgegenüber beansprucht der Kläger Vergütung nach dem Westtarif. Er vertritt die Auffassung, sein Arbeitsverhältnis sei nicht im Sinne des § 1 Abs. 1 BAT-O im Beitrittsgebiet begründet, weil er mehr als vier Jahre lang im westlichen Tarifgebiet beschäftigt gewesen sei und er die dortige Tätigkeit auf Grund eines geänderten Arbeitsvertrags ausgeübt habe. Durch die Versetzung habe das Arbeitsverhältnis seinen Bezug zum Beitrittsgebiet verloren. Jedenfalls sei die Geltung des BAT einzelvertraglich vereinbart worden.

Nach Auffassung des BAG knüpft der Geltungsbereich des BAT-O zwar an die Lage des Arbeitsplatzes. Für die Tarifgeltung ist jedoch neben dem gegenwärtigen Bezug zum Beitrittsgebiet auch entscheidend, ob der Angestellte für eine Tätigkeit im Beitrittsgebiet eingestellt wurde. Dies ist der Fall bei Arbeitnehmern, die ursprünglich für eine Tätigkeit im Beitrittsgebiet eingestellt wurden. Dies gilt selbst dann, wenn sie – wie der Kläger – später auf nicht absehbare Zeit oder dauerhaft im Tarifgebiet West eingesetzt werden. Zwar gilt der Änderungsvertrag aus dem Jahr 1997, mit dem die Anwendung des BAT vereinbart wurde, weiter.

Dies bedeutet jedoch nicht, dass damit der BAT unabhängig davon gelten sollte, ob das Arbeitsverhältnis des Klägers unter den Geltungsbereich dieses Tarifvertrags fällt oder nicht. Denn im Arbeitsverhältnis des öffentlichen Dienstes hat die Verweisung auf den Geltungsbereich eines Tarifvertrags nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts grundsätzlich nur den Sinn, dass der Arbeitsvertrag das beinhalten soll, was nach den allgemeinen Grundsätzen des Tarifrechts für tarifgebundene Angestellte gilt.

Die arbeitsvertragliche Bezugnahme auf den Tarifvertrag hat daher im Regelfall keine rechtsbegründende Wirkung, sondern nur deklaratorischen Charakter. Der Hinweis auf die Anwendung des BAT gab daher lediglich die seinerzeitige tarifliche Rechtslage wieder. Anhaltspunkte dafür, dass sich das Arbeitsverhältnis auch im Falle einer etwaigen Rückkehr des Klägers auf einen Arbeitsplatz in den neuen Ländern übertariflich nach den Bestimmungen des BAT richten sollten, waren weder dem Änderungsvertrag zu entnehmen noch vom Kläger vorgetragen worden.

(BAG, Urteil vom 24. Oktober 2002 - 6 AZR 626/00)

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