Erfolglose Verfassungsbeschwerde gegen tarifvertragliche Differenzierungsklausel

Eine unterschiedliche Behandlung gewerkschaftlich organisierter und nicht gewerkschaftlich organisierter Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in einem Tarifvertrag verletzt nicht die negative Koalitionsfreiheit, solange sich daraus nur ein faktischer Anreiz zum Gewerkschaftsbeitritt ergibt, aber weder Zwang noch Druck entsteht (BVerfG, Beschluss vom 14. November 2018, Aktenzeichen 1 BvR 1278/16).

Der Fall

Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen Bestimmungen zu Überbrückungs- und Abfindungsleistungen in einem Sozialtarifvertrag. Bestimmte Leistungen sollten danach nur Beschäftigten zukommen, die an einem vereinbarten Stichtag Mitglieder der tarifschließenden Gewerkschaft waren. Der Beschwerdeführer erhielt die Leistungen nicht, da er keiner Gewerkschaft angehörte. Er wurde lediglich arbeitsvertraglich und durch einen Sozialplan begünstigt. Seine Klage auf die weiteren Leistungen blieb erfolglos.

Die Entscheidung

Die 2. Kammer des Ersten Senats des BVerfG hat die Verfassungsbeschwerde eines gewerkschaftlich nicht organisierten Beschäftigten nicht zur Entscheidung angenommen, der sich durch eine so genannte „Differenzierungsklausel“ in einem Tarifvertrag benachteiligt sah. Art. 9 Abs. 3 Grundgesetz (GG) schützt auch die Freiheit, Vereinigungen zur Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen fernzubleiben. Daher darf kein Zwang oder Druck im Hinblick auf eine Mitgliedschaft ausgeübt werden. Die Tatsache, dass organisierte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer anders behandelt werden als nicht organisierte Beschäftigte, bedeutet insofern jedoch noch keine Grundrechtsverletzung, solange sich daraus nur ein eventueller faktischer Anreiz zum Beitritt ergibt, aber weder Zwang noch Druck entsteht. Es ist auch nicht erkennbar, dass das Grundrecht des Beschwerdeführers aus Art. 12 Abs. 1 GG, einen Arbeitsvertrag frei zu schließen und daher auch aushandeln zu können, verletzt wäre. Im Übrigen wird die Differenzierung nach dem Zeitpunkt der Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft an einem Stichtag für sachlich begründet erachtet. Sie hebe auf den besonderen Kündigungsschutz derjenigen ab, die gerade zuvor bereits Mitglied waren, weshalb ein Stichtag erforderlich war, um verlässlich zu bestimmen, wer die vereinbarten Leistungen erhalten würde. Zudem ist die Gewerkschaft ohnehin nur befugt, Abreden für ihre Mitglieder zu treffen, und kann schon aufgrund der Tarifautonomie nicht als verpflichtet angesehen werden, dabei alle Beschäftigten gleichermaßen zu berücksichtigen.

Das Fazit

Die vorliegende Entscheidung des BVerfG ist wenig überraschend und bestätigt die Rechtsprechung des BAG, wonach Differenzierungsklauseln nicht zu einer Verletzung der negativen Koalitionsfreiheit führen. Nach der Rechtsprechung des BAG ist die tarifvertragliche Besserstellung von Gewerkschaftsmitgliedern unter bestimmten Bedingungen zulässig. Tarifverträge können demzufolge bestimmte Leistungen speziell für Mitglieder der Gewerkschaft vorsehen. Voraussetzung solcher Differenzierungsklauseln ist, dass der Tarifvertrag dem Arbeitgeber die Entscheidung darüber frei lässt, ob er auch Mitarbeitern, die nicht gewerkschaftlich organisiert sind, die tariflichen Leistungen einräumen will oder nicht.

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