Gewerkschaftsbegriff im Betriebsverfassungsgesetz

Eine Gewerkschaft im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes ist nur eine tariffähige Arbeitnehmervereinigung. Der Gewerkschaftsbegriff wird auch in diesem Gesetz in seiner allgemeinen Bedeutung verwendet. Danach sind Gewerkschaften solche Arbeitnehmervereinigungen, die in der Lage sind, Tarifverträge abzuschließen. Diese Eigenschaft setzt der Gewerkschaftsbegriff seit jeher voraus. Die Rechte, die das Betriebsverfassungsgesetz den „Gewerkschaften“ einräumt, können deshalb nicht von Arbeitnehmervereinigungen in Anspruch genommen werden, denen es an der zur Tariffähigkeit erforderlichen sozialen Mächtigkeit fehlt.

Das ist mit deren durch Artikel 9 Absatz 3 Grundgesetz gewährleisteten Betätigungsfreiheit vereinbar. Die Befugnisse der Gewerkschaften nach dem Betriebsverfassungsgesetz bestehen im Interesse der betriebsverfassungsrechtlichen und tarifrechtlichen Ordnung. Ihre effektive Wahrnehmung verlangt nicht nur eine leistungsfähige Organisation, sondern gerade auch die Bereitschaft und die entsprechende Fähigkeit, den komplexen Verflechtungen und Wechselwirkungen von Tarifrecht und Betriebsverfassungsrecht Rechnung zu tragen. Der Gesetzgeber durfte in typisierender Weise davon ausgehen, dass hierüber nur tariffähige Arbeitnehmervereinigungen in ausreichendem Maße verfügen. Das Bundesarbeitsgericht hat deshalb wie schon die Vorinstanzen den Antrag des nicht tariffähigen Verbands der Gewerkschaftsbeschäftigten (VGB) abgewiesen, mit dem dieser erreichen wollte, dass einem ihrer Verbandsbeauftragten Zutritt zu Betriebsversammlungen nach § 46 Absatz 1 BetrVG gewährt werden sollte.

(BAG, Beschluss vom 19. September 2006 - 1 ABR 53/05)

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