Zeitguthaben wirken sich nicht auf die Pension aus

Für die Berechnung der ruhegehaltfähigen Dienstzeit bei Teilzeitbeschäftigung ist die sich aus der Teilzeitquote im Teilzeitbewilligungsbescheid ergebende Dienstzeit maßgeblich; bei Versetzung in den Ruhestand nicht abgebaute Zeitguthaben auf Lebensarbeitszeitkonten sind grundsätzlich versorgungsrechtlich irrelevant.

BVerwG, Urteil vom 02. 05. 2024 –2 C 13.23–

Der Fall

Der Kläger stand zuletzt als Postoberamtsrat im Dienst der Deutschen Post AG. Aufgrund der geplanten Inanspruchnahme eines Altersteilzeitmodells wurde dem Kläger ab Januar 2017 bis Dezember 2019 eine Teilzeitbeschäftigung mit einer Arbeitszeit von 50% der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit bewilligt. Im Umfang der Arbeitszeit, die der Kläger über die festgesetzte Teilzeitquote hinaus Dienst leistete, erfolgte eine Gutschrift auf einem Lebensarbeitszeitkonto mit dem Ziel, das Zeitguthaben in einer Freistellungsphase am Ende der Altersteilzeit abzubauen. Zum Eintritt in die Freistellungsphase kam es jedoch nicht, weil der Kläger ab Januar 2020 mit der Bewilligung eines "Engagierten Ruhestands" ein anderes Vorruhestandsmodell in Anspruch nahm.

Anlässlich der Festsetzung der Versorgungsbezüge des Klägers berücksichtigte die Beklagte die Dienstzeit von Januar 2017 bis August 2019 ausgehend von der Teilzeitquote in den Teilzeitbewilligungsbescheiden nur zur Hälfte. Die Beklagte hat vorgetragen, eine versorgungsrechtliche Berücksichtigung des Zeitguthabens würde im Fall des Klägers zu einem unzulässigen "Rosinenpicken" führen.

Der hiergegen erhobene Widerspruch blieb ebenso wie Klage und Berufung ohne Erfolg.

Die Entscheidung

Das Bundesverwaltungsgericht hat auch die Revision des Klägers zurückgewiesen. Ausgangspunkt für die Festsetzung der Beamtenversorgung ist die durch Verwaltungsakte festgesetzte Teilzeitquote. Zeitguthaben auf Lebensarbeitszeit-konten - die vorrangig einer Freistellung dienen - werden dabei nicht berücksichtigt. Einen Anspruch auf Änderung der Teilzeitbewilligungsbescheide hat der Kläger nicht. Es ist nicht schlechthin unerträglich, den Kläger an diesen Bescheiden festzuhalten. Der Kläger hat in Kenntnis der versorgungsrechtlichen Folgen den Wechsel in den sog. "Engagierten Ruhestand" beantragt. Damit hat er es selbst unmöglich gemacht, die "erdiente" Freistellung entsprechend des Zeitguthabens auf dem Lebensarbeitszeit-konto in Anspruch zu nehmen. Auch die Vertreterin des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht beteiligte sich an dem Verfahren. Sie vertrat in Abstimmung mit dem Bundesministerium des Innern und für Heimat die Ansicht, maßgeblich für die Festsetzung der ruhegehaltfähigen Dienstzeit sei allein die Teilzeitquote, wie sie sich aus den Teilzeitbewilligungsbescheiden ergebe.

Der Kläger macht insbesondere geltend, die tatsächlich erbrachte Dienstzeit dürfe nicht unberücksichtigt bleiben. Die Teilzeitbewilligungsbescheide seien jedenfalls konkludent aufgehoben worden, weil andernfalls ein Besoldungsausgleich nicht möglich gewesen sei. Zumindest habe er einen Anspruch auf deren Aufhebung für die Vergangenheit.

Im Versorgungsrecht ist die Rechtslage maßgeblich, die bei Eintritt des Versorgungsfalls gilt, soweit nicht Übergangsvorschriften etwas anderes regeln (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 1. Oktober 2020 - 2 C 9.20 - BVerwGE 169, 293 Rn. 8 und vom 20. April 2023 - 2 C 11.22 -). Maßgebend für die Bestimmung der ruhegehaltfähigen Dienstzeit des Klägers ist deshalb § 6 des Gesetzes über die Versorgung der Beamten und Richter des Bundes (Beamtenversorgungsgesetz ― BeamtVG) i. d. F. der Bekanntmachung vom 24. Februar 2010 (BGBl. I S. 150), für den hier maßgeblichen Zeitpunkt zuletzt geändert durch Art. 9 Nr. 6 Buchst. a Doppelbuchst. bb des Gesetzes zur Modernisierung der Strukturen des Besoldungsrechts und zur Änderung weiterer dienstrechtlicher Vorschriften (Besoldungsstrukturenmodernisierungsgesetz - BesStMG) vom 9. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2053).

Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG ist ruhegehaltfähig die Dienstzeit, die der Beamte vom Tage seiner ersten Berufung in das Beamtenverhältnis an im Dienst eines öffentlich-rechtlichen Dienstherrn im Beamtenverhältnis zurückgelegt hat. Zeiten einer Teilzeitbeschäftigung sind nach § 6 Abs. 1 Satz 3 Halbs. 1 BeamtVG nur zu dem Teil ruhegehaltfähig, der dem Verhältnis der ermäßigten zur regelmäßigen Arbeitszeit entspricht. Danach vermindert sich die Ruhegehaltfähigkeit der in Teilzeit zurückgelegten Beamtendienstzeiten strikt zeitanteilig nach ihrem Verhältnis zu der möglichen Vollzeit ("pro rata temporis" – BVerwG, Urteil vom 25. März 2010 - 2 C 72.08 - BVerwGE 136, 165 Rn. 10).

Die "regelmäßige Arbeitszeit" der bei der Deutschen Post AG beschäftigten Beamten betrug in den hier maßgeblichen Zeitabschnitten 38,5 Wochenstunden (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung zur Regelung der Arbeitszeit für die bei der Deutschen Post AG beschäftigten Beamtinnen und Beamten). Demgegenüber ist die "ermäßigte Arbeitszeit" die in den Teilzeitbewilligungsbescheiden mittels der Teilzeitquote auf 19,25 Wochenstunden festgesetzte Arbeitszeit. Die Anordnung von Teilzeitbeschäftigung mittels Teilzeitbewilligungsbescheid als rechtsgestaltendem Verwaltungsakt stellt die Rechtsgrundlage für die Gewährung entsprechend geringerer Dienstbezüge in der Teilzeitphase und für die entsprechend ermäßigte Berücksichtigung der Teilzeit bei der Ermittlung der ruhegehaltfähigen Dienstzeit dar.

Zusätzliche Arbeitsleistungen sind bei der Festsetzung der Versorgungsbezüge nicht als ruhegehaltfähig berücksichtigungsfähig. Der Kläger hat den über die Teilzeitquote hinaus verrichteten Dienst nicht in Erfüllung der Verpflichtungen aus seiner Teilzeitbeschäftigung als reguläre Dienstzeit erbracht. Die zusätzliche Arbeitsleistung diente vielmehr dem Aufbau eines Zeitguthabens auf dem Lebensarbeitszeitkonto des Klägers, das zu einem späteren Zeitpunkt in eine Freistellung münden und mit dem die Erbringung der Arbeitsleistung in der Freistellungsphase fingiert werden sollte (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Oktober 2015 - 2 C 15.15 -).

Diese Einordnung entspricht dem Regelungsmodell der Post-Arbeitszeitverordnung. Danach ist ein Zeitguthaben auf einem Lebensarbeitszeitkonto nicht das Resultat regulärer Dienstzeit. Denn nach § 9 Abs. 1 Satz 2 Post-AZV können auf einem Lebenszeitkonto nur Ansprüche auf Dienstbefreiung für dienstlich angeordnete oder genehmigte Mehrarbeit (Nr. 1) oder ― speziell bei Teilzeitbeschäftigten wie dem Kläger, die über die verminderte Arbeitszeit hinaus Dienst verrichten ― die Differenz zwischen der verminderten Arbeitszeit und der tatsächlich geleisteten Arbeitszeit (Nr. 2) angespart werden. Die zum Aufbau eines Zeitguthabens erbrachte Arbeitsleistung ist somit weder reguläre Dienstzeit noch Ersatz hierfür. Zeitguthaben auf Lebensarbeitszeitkonten sind deshalb für Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigte gleichermaßen versorgungsrechtlich irrelevant.

Die finanzielle Abgeltung des im Zeitpunkt des Ruhestandseintritts nicht abgebauten Zeitguthabens lässt die Wirksamkeit der Teilzeitbewilligungsbescheide unberührt. § 9 Abs. 2 Satz 4 Post-AZV sieht im vorliegenden Fall, in dem eine Freistellung bis zum Eintritt in den Ruhestand nicht möglich ist oder ein Freistellungszeitraum vorzeitig endet, die finanzielle Abgeltung des verbleibenden Zeitguthabens vor. Nach § 9 Abs. 2 Satz 5 Post-AZV sind für die Ermittlung der Höhe der Abgeltung § 4 Abs. 1 und § 4a der Bundesmehrarbeitsvergütung entsprechend anzuwenden. An die Stelle des mit dem Zeitguthaben korrespondierenden Anspruchs auf Freistellung tritt im Fall der Unmöglichkeit der Inanspruchnahme ein Abgeltungsanspruch als dessen Surrogat. Dieser besteht neben und unabhängig von dem sich originär aus den Teilzeitbewilligungsbescheiden ergebenden Besoldungsanspruch (vgl. § 6 Abs. 1 Satz 1 BBesG).

Für die Gewährung der finanziellen Abgeltung des im Zeitpunkt des Ruhestandseintritts noch vorhandenen Zeitguthabens gab es mithin eine eigenständige Rechtsgrundlage; einer Aufhebung oder Änderung der bestehenden Teilzeitbewilligungsbescheide bedurfte es nicht.

Auch die antragsgemäße Bewilligung des "Engagierten Ruhestands" hat nicht zu einer konkludenten Aufhebung der Teilzeitbewilligungsbescheide geführt.

Ebenso hat das Gericht einen Anspruch aus Unionsrecht abgelehnt, eine Ungleichbehandlung von Teil- und Vollzeitkräften liegt nicht vor.

Dem Vortrag des Klägers, die Aufrechterhaltung der zu Grunde liegen Teilzeitbewilligungsbescheide sei als Gebot der materiellen Gerechtigkeit ausnahmsweise untertäglich, greift nicht. Der Umstand, dass nachträglich günstigere Möglichkeiten für den Eintritt in den Vorruhestand geschaffen wurden, reicht hierfür nicht aus (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. April 2015 - 2 B 69.14 -). Der Kläger hat durch die Versetzung in den "Engagierten Ruhestand" zwar nachträglich eine versorgungsrechtliche Entwertung seines Zeitguthabens auf dem Lebensarbeitszeitkonto und damit der im Vorgriff auf die geplante Inanspruchnahme des Altersteilzeitmodells erbrachten Arbeitsleistung erfahren. Die Unmöglichkeit der Inanspruchnahme der Freistellungsphase im Rahmen der Altersteilzeit mit der Folge des Nichterwerbs weiterer ruhegehaltfähiger Dienstzeiten geht jedoch auf seinen eigenen Antrag zurück. Insofern unterscheidet sich der vorliegende Fall von Konstellationen, bei denen die nachträglich eingetretene Unmöglichkeit der Inanspruchnahme bereits erdienter Freistellungszeiten auf die Dienstunfähigkeit oder andere nicht vom Beamten selbst verantwortete Entscheidungen zurückgeht. Mit der Inanspruchnahme des "Engagierten Ruhestands" hat sich der Kläger bewusst und in Kenntnis der versorgungsrechtlichen Konsequenzen gegen das ursprünglich von ihm ins Auge gefasste Altersteilzeitmodell entschieden, um sich bereits zu einem früheren Zeitpunkt der Pflege seiner Mutter widmen zu können. Darüber hinaus stehen dem "Verlust" weiterer ruhegehaltfähiger Dienstzeiten Vorteile gegenüber, die für den Kläger darin bestehen, dass er bereits zum 1. Januar 2020 in den Ruhestand versetzt worden ist und einen Ausgleichsbetrag zum Ruhegehalt in Höhe des Versorgungsabschlags für die gesamte Dauer des Versorgungsbezugs erhält. Darüber hinaus hat der Kläger für das von ihm angesparte Zeitguthaben eine finanzielle Abgeltung erhalten.

Das Fazit

Bei Eintritt in den Ruhestand nicht abgebaute Zeitguthaben auf Lebensarbeitszeitkonten sind grundsätzlich irrelevant für die Versorgungsbezüge.

Quelle:

PM Nr. 25/2024

vorgehend:

OVG Koblenz, OVG 10 A 10869/21.OVG - Urteil vom 28. 01. 2022 -

VG Koblenz, VG 2 K 598/20.KO - Urteil vom 09. 06. 2021 –

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