dbb magazin 10/2023

Arbeitswelt im Kontext des Klimawandels Der Klimawandel passiert jetzt – und die Arbeitswelt muss sich dagegen wappnen Der Klimawandel hat einen Effekt auf alle Lebensbereiche, auch der Berufsalltag gehört dazu. Dr. Stefan Hussy, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV), über die Herausforderungen der Klimakrise für Betriebe und Einrichtungen und welche Hilfestellungen die gesetzliche Unfallversicherung bietet. Hochwasser, Hitzewellen, Dürreperioden – Extremwetterereignisse aufgrund des Klimawandels nehmen stetig zu. Die Sommermonate Juni bis August 2023 waren weltweit die heißesten seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Die gesamten vergangenen acht Jahre waren die heißesten in der Geschichte der Menschheit. Neben den erwartbaren Effekten auf die eigene Gesundheit und das gesellschaftliche Leben, haben diese Entwicklungen auch Auswirkungen auf die Arbeitsproduktivität der Menschen, denn gesundheitliche Schäden wie Hitzestress und Kreislaufschädigungen werden auch während der Arbeit verstärkt auftreten. Trockenheit und die Zunahme von UV-Einstrahlung gefährden vor allem jene Beschäftigten, die unter freiem Himmel arbeiten. Und nicht nur der Körper leidet: Auch auf die Psyche des Menschen wirkt sich der Klimawandel aus, ist er doch Treiber für Störungen und Krisen. Um herauszufinden, wie stark sich deutsche Unternehmen von der Klimakrise betroffen sehen und welche Maßnahmen sie bereits ergriffen haben, führte die DGUV im September vergangenen Jahres eine repräsentative Umfrage unter mehr als 1 000 Beschäftigten aus über 20 Branchen durch. Unter den Befragten zeigten sich insbesondere die Führungskräfte als sensibel gegenüber dem Einfluss des Klimawandels auf die Situation am Arbeitsplatz. Mehr als 30 Prozent von ihnen sind demnach der Meinung, dass sich der Klimawandel in den vergangenen Jahren bereits auf die Arbeitsplätze und -tätigkeiten in ihrem Betrieb ausgewirkt habe. Gesundheitsprobleme und Unfallrisiken durch Hitze wurden als das dringendste Problem eingestuft, gefolgt von Stress, der durch den Klimawandel verursacht wird. Knapp die Hälfte aller Befragten wünschte sich Präventionsangebote für die psychische Gesundheit. Glücklicherweise ist nicht jeder Unfallversicherungsträger allein mit diesen Problemstellungen. Als Verbund und gemeinsam mit unseren Forschungsinstituten und Fachbereichen steuern wir wissenschaftliche Erkenntnisse bei, um Veränderungen frühzeitig aufzuspüren und ihnen entgegenzutreten. Diese Erkenntnisse sowie Good-Practice-Beispiele aus den Betrieben zahlen auf unsere vorhandenen Präventionsangebote ein oder werden für neue Angebote genutzt. Das Institut für Prävention und Arbeitsmedizin der DGUV (IPA) hat beispielsweise damit begonnen, die möglichen Auswirkungen von klimabedingten Gefährdungen auf die Gesundheit des Menschen in eigene Studien zu integrieren. Das betrifft natürlich Themen wie die UV-Strahlung der Sonne, aber auch Fragen zur möglichen Zunahme von Allergien oder neuen Krankheitserregern, die sich durch den Klimawandel verstärkt in unseren Breitengraden verbreiten können. Das Institut für Arbeit und Gesundheit der DGUV (IAG) in Dresden arbeitet verstärkt zu Fragen der Nachhaltigkeit, beispielsweise durch Seminarangebote und Konzepte für nachhaltige Veranstaltungen. Das Institut für Arbeitsschutz der DGUV (IFA) schließlich widmet sich unter anderem hitze- und strahlungsbedingten Risiken, die durch die globale Erwärmung zunehmen. So wurde zum Beispiel im Rahmen des Projektes Genesis-UV bereits seit 2014 die UV-Belastung von Menschen bei der Arbeit, aber auch in ihrer Freizeit ermittelt. In Fragen des Arbeitsschutzes haben wir den Anspruch, zu agieren anstatt zu reagieren. Zukünftige Entwicklungen früh zu erkennen, heißt, adäquat vorsorgen zu können. Zu diesem Zweck hat die DGUV ein sogenanntes Präventionsradar entwickelt. Mit verschiedenen Befragungen begleiten wir aktuelle Entwicklungen in der Arbeitswelt. Dazu gehören auch Themen wie Nachhaltigkeit, Klimawandel und Ressourcenschutz. Der Klimawandel ist nichts, was in ferner Zukunft passieren wird. Die Krise ist da und wirkt sich schon jetzt auf die Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten aus. Betriebe und Einrichtungen müssen sich deshalb mit den bereits spürbaren und den absehbaren Folgen des Klimawandels beschäftigen und sich an sich verändernde klimatische Bedingungen anpassen. Als gesetzliche Unfallversicherung stehen wir mit unserem Know-how fest an der Seite der Unternehmen. ■ Dr. Stefan Hussy © DGUV/Jan Röhl 14 FOKUS dbb magazin | Oktober 2023

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