dbb magazin 6/2024

Rheinisch-Westfälische Kohlen-Syndikat, aber auch Bergarbeiter beteiligten sich an der Finanzierung. Osthaus’ Idee, mit der Museumsgründung im hoch industrialisierten Ruhrgebiet mit seiner rasch wachsenden, kaum gebildeten Bevölkerung die kulturelle Bildung „zu heben“, ging also auch an dieser Stelle auf. Gorschlüter formuliert es moderner: „Es ist ein Privileg, in einem Haus mit klar formulierter Bildungsidee zu arbeiten. Teilhabe und Inklusion an der Spitze der Agenda – das gehört zur DNA des Hauses.“ Die seit dem Ankauf stetig fortentwickelte Sammlung ist seit 1922 gemeinsames Eigentum des Folkwang-Museumsvereins und der Stadt Essen. Paul J. Sachs, der Mitbegründer des Museum of Modern Art (MoMA) in New York, nannte es bei einem Besuch in Essen im Jahr 1932 gar das „schönste Museum der Welt“. Großen Schaden erlitten die Sammlungen in der Zeit des Nationalsozialismus, als das Museum etwa 1 400 Objekte als „entartete Kunst“ verlor, unter anderem Arbeiten von Georges Braque, Paul Cézanne, Giorgio de Chirico, Edmund Cross, André Derain, Henri Matisse und Edvard Munch. Die diffamierten Werke wurden als Devisenbringer für das NS-Regime in alle Welt verkauft. In den Jahrzehnten nach 1945 wurde durch eine kluge und engagierte Ankaufspolitik versucht, die schmerzlichsten Lücken zu schließen und dem Museum sein in der Vorkriegszeit erworbenes Profil zurückzugeben. Als 2010 der Chipperfield-Teil des Hauses eröffnet wurde, versuchte eine Ausstellung mit rund 400 Objekten, darunter Leihgaben aus aller Welt, seinen verlorenen Glanz für einige Monate zu rekonstruieren. Kandinskys lyrische „Improvisation 28“ von 1912 gab das New Yorker Guggenheim-Museum nach Essen; aus Boston reisten Marcs expressionistisch-glutroten „Weidende Pferde“ von 1911 an. Titel der Ausstellung: „Das schönste Museum der Welt.“ Osthaus’ Leitlinien des Dialogs der Künste und Kulturen, der Bildung und der Einheit von Kunst und Leben prägen das Museum bis heute: So folgt die ständige Sammlung „Neue Welten“ keiner Chronologie, sondern gruppiert Werke unterschiedlicher Kunstgattungen und auch kunstgewerbliche Objekte thematisch; ein Sammlungsraum beschäftigt sich zum Beispiel mit Schöpfungsmythen in der Kunst, ein anderer mit dem Zeitalter des Geldes. Das Bürgermuseum „Es ist eine Sammlung der Bürger“, betont Gorschlüter. Denn der FolkwangMuseumsverein, der heute etwa 400 Mitglieder hat, bestimmt als gleichberechtigter Miteigentümer weiterhin über die Fortentwicklung der Sammlungen mit. Und bis heute finden sich unter den Mitgliedern neben Unternehmen und wohlhabenden Mäzenen auch kunstsinnige Essener Bürger und Bürgerinnen. Zudem engagieren sich Großsponsoren wie E.ON regelmäßig für das Museum Folkwang. Waldthausen-Platzhoff-Museumsstiftung unterstützt das Haus bei Ankäufen, und die Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung finanzierte nicht nur den Erweiterungsbau des Museums mit 55 Millionen Euro, sondern fördert seit Jahrzehnten die fotografische Sammlung des Hauses. Und es gibt einen weiteren Museumsverein, den Kunstring Folkwang e. V. mit etwa 4 500 Mitgliedern. Der Kunstring bietet Vortragsreihen und organisiert im Jahr über 200 Veranstaltungen. Peter Gorschlüter Die interaktive Videoinstallation City of Abstracts von William Forsythe zieht die Besucher in ihren Bann. © Peter Adamik © Tanja Lamers FOKUS 19 dbb magazin | Juni 2024

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