dbb magazin 6/2024

FRAUEN dbb frauen Neue Zahlen spiegeln dringenden Handlungsbedarf bei Pflegeberufen wider Die Geschlechterverteilung in den Care-Berufen und in der unbezahlten Sorgearbeit ist in Deutschland sehr ungleich. Das hat schwerwiegende Folgen, von denen vor allem Frauen betroffen sind. Erste Zahl: 50 – 50 Prozent beträgt die Teilzeitquote bei Frauen, bei Männern dagegen sind es nur 13 Prozent. Das hatte das Statistische Bundesamt (Destatis) Ende April 2024 bekannt gegeben. Milanie Kreutz, stellvertretende dbb Bundesvorsitzende und Vorsitzende der dbb bundesfrauenvertretung, forderte am 29. April 2024 in Reaktion auf die neuen Zahlen echte Veränderungen: „Die Situation erfordert nicht nur eine Neubewertung der Arbeitsmarktstrategien und eine stärkere Förderung von Gleichstellung am Arbeitsplatz. Wir müssen außerdem kulturell umdenken, Geschlechterrollen hinterfragen und die Verteilung von Sorgearbeit umgestalten. Frauen muss es möglich sein, ihre Karrieren ohne unnötige Hindernisse zu verfolgen und gleichzeitig ein Gleichgewicht zwischen Berufs- und Privatleben zu finden.“ Nur so könne eine echte wirtschaftliche Gleichstellung erreicht und der gesellschaftliche Wohlstand gesteigert werden. Zweite Zahl: 27 – Laut den Zahlen von Destatis gaben 27 Prozent der teilzeitbeschäftigten Frauen als Grund für die reduzierte Arbeitszeit die Betreuung von Kindern an – dagegen nannten nur sechs Prozent der Männer dies als Grund. „Die Statistiken sprechen eine klare Sprache: Es sind überwiegend Frauen, die diese essenzielle, unbezahlte Sorgearbeit leisten“, erklärte Kreutz. „Aufgrund der hohen Teilzeitquote verdienen Frauen im Schnitt weniger und müssen ihre beruflichen Ambitionen häufiger hin- ter ihre familiären Pflichten stellen. Währenddessen bauen ihre männlichen Partner oft ungehindert ihre Karrieren aus.“ Durch die reduzierte Erwerbstätigkeit erhalten sie weniger Rente und können weniger bis gar keine Rücklagen ansparen. Die Folge ist vielfach Altersarmut. „Sorgearbeit darf nicht zu finanziellen Nachteilen führen“, stellte Kreutz klar. Bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf Die dbb frauen Chefin sieht die Arbeitgeber in der Pflicht: „Wir brauchen ihre Unterstützung, um Arbeitsmodelle zu schaffen, die echte Flexibilität und Gleichberechtigung fördern. Modelle, die es Frauen ermöglichen, in der Mitte ihres Lebens nicht zwischen Familie und Beruf wählen zu müssen, sondern beides erfolgreich miteinander zu verbinden.“ Arbeitgeber sollen Frauen in allen Lebensphasen unterstützen und stärken. Laut Gender Gap Report 2023 hinkt Deutschland im internationalen Vergleich bei der Gleichstellung von Frauen in der Wirtschaft deutlich hinterher, insbesondere was die Teilzeitquote und den Anteil von Frauen in Führungspositionen betrifft. Dritte Zahl: 75 – Das Bundesgesundheitsministerium hatte ebenfalls Ende April eine Statistik veröffentlicht, nach der der Frauenanteil in der Ausbildung zur Pflegefachkraft 75 Prozent beträgt. Kreutz forderte mehr Bewusstsein für dieses Ungleichgewicht: „Der Pflegeberuf ist weiblich geprägt, und das muss in allen politischen Maßnahmen berücksichtigt werden. Es geht nicht nur darum, die Pflegeausbildung zu reformieren, sondern auch darum, Arbeitsbedingungen zu schaffen, die es Frauen ermöglichen, in diesem Berufsfeld nachhaltig zu arbeiten und Familie und Beruf miteinander zu vereinbaren.“ Eine zeitgemäße und hochwertige Ausbildung für Pflegefachkräfte sei essenziell, um den steigenden Anforderungen im Gesundheitswesen gerecht zu werden und die Pflege zukunftsfähig zu gestalten. Gewerkschaften machen Druck Vierte Zahl: 85 – Laut Destatis sind etwa 85 Prozent der Pflegebeschäftigten Frauen. „Wir müssen die Rahmenbedingungen so gestalten, dass Pflege nicht nur als unverzichtbarer, sondern auch als attraktiver und fairer Beruf wahrgenommen wird“, betonte Kreutz. Die Einführung der generalistischen Pflegeausbildung, einschließlich der Abschaffung des Schulgeldes und der Möglichkeit, in spezialisierten Bereichen wie der stationären Langzeitpflege oder der pädiatrischen Versorgung zu arbeiten, ist ein wichtiger Schritt. „Aber ohne umfassende Unterstützung und strukturelle Verbesserungen wird die Pflegekrise weiterhin eine Belastung insbesondere für Frauen darstellen. Als Gewerkschaft wird der dbb hier immer Druck machen, bis geschlechtergerechte Verhältnisse erreicht sind.“ dsd Model Foto: Colourbox.de INTERN 31 dbb magazin | Juni 2024

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