Bund und Kommunen
Vorrang der Änderungskündigung vor der betriebsbedingten Beendigungskündigung
Der Arbeitgeber ist verpflichtet, dem Arbeitnehmer vor Ausspruch einer ordentlichen betriebsbedingten Beendigungskündigung eine Beschäftigung auf einem freien Arbeitsplatz auch zu erheblich schlechteren Arbeitsbedingungen anzubieten. (BAG, Urteil vom 21. September 2006 - 2 AZR 607/05)
Der Fall
Der Kläger war bei der Beklagten als Leiter des Bereichs Marketing / Werbung tätig. Dieser Bereich wurde aufgelöst und auf andere Abteilungen verteilt, wodurch der Arbeitsplatz des Klägers wegfiel und ihm gekündigt wurde. Der Kläger macht geltend, dass die Beklagte eine Änderungskündigung hätte aussprechen müssen, da er auch auf anderen Arbeitsplätzen bei der Beklagten hätte weiterbeschäftigt werden können. Dabei handelt es sich aber jeweils um Arbeitsplätze als Sachbearbeiter oder Produktmanager, welche bei der Beklagten in der Hierarchieebene deutlich niedriger angesiedelt und auch erheblich geringer vergütet werden.
Die Entscheidung
Die Klage vor dem BAG hatte Erfolg. Anstelle einer Beendigungskündigung ist eine Änderungskündigung auszusprechen, wenn der zu kündigende Arbeitnehmer aufgrund seiner Qualifikation und des Stellenprofils grundsätzlich an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder einem anderen Betrieb des Unternehmens auch zu veränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigt werden kann. Dies ergibt sich aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, wonach eine Beendigungskündigung immer nur als letztes Mittel (ultima ratio) in Betracht kommt. Eine Änderungskündigung könnte nur in Extremfällen unterbleiben, wenn der Arbeitgeber bei vernünftiger Betrachtung nicht mit der Annahme des neuen Vertragsangebots durch den Arbeitnehmer rechnen könne und ein derartiges Angebot beleidigenden Charakter haben würde. Dies ist aber nicht der Fall bei einer bloßen hierarchischen Rückstufung oder einer zu erwartenden erheblichen Vergütungseinbuße.
Das Fazit
Bevor der Arbeitgeber einem Beschäftigten ordentlich betriebsbedingt kündigt, muss er im Wege einer Änderungskündigung hinsichtlich einer möglichen Weiterbeschäftigung auch solche Stellen berücksichtigen, bei denen es zu einer erheblichen Verschlechterung des sozialen und wirtschaftlichen Status des Beschäftigten kommt. Dieser muss selber entscheiden können, ob er eine Weiterbeschäftigung auch unter den erheblich verschlechterten Arbeitsbedingungen für zumutbar hält oder nicht.