Kündigung wegen Arbeitsleistung im Urlaub nicht immer gerechtfertigt

Während des Erholungsurlaubs muss nicht jede Arbeitsleistung unterlassen werden. Eine Tätigkeit als Aushilfe im Geschäft des Ehepartners rechtfertigt keine Kündigung. (LAG Köln, Urteil vom 21. September 2009 - 2 Sa 674/09)

Der Fall

Die Klägerin ist im Betrieb der Beklagten seit dem Jahr 2003 als Bürokauffrau tätig. Sie ist mit einer Arbeitszeit von 37 Wochenstunden beschäftigt. Ihr Ehemann stellt Keramikfiguren her und verkauft diese auf Weihnachtsmärkten. In der Vorweihnachtszeit des Jahres 2008 befand sich die Klägerin im Erholungsurlaub. Während dieser Zeit wurde die Klägerin mehrfach dabei gesehen, wie sie im Verkaufsstand ihres Ehemannes auf dem Weihnachtsmarkt Verkaufstätigkeiten ausübte. Die Beklagte mahnte die Klägerin daraufhin zweimal ab, da die Tätigkeit auf dem Weihnachtsmarkt dem Erholungszweck des Urlaubs widerspreche und sich das Risiko einer Erkrankung bei der Tätigkeit in der Kälte erhöhe. Die Klägerin setzte ihre Tätigkeit auf dem Weihnachtsmarkt jedoch auch nach den Abmahnungen fort. Die Beklagte kündigte der Klägerin daraufhin fristgerecht. Mit ihrer Klage machte die Klägerin die Unwirksamkeit der Kündigung geltend. Die Beklagte stellte daneben einen Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses. Diesen Antrag begründete sie damit, dass die Klägerin bei einem für sie positiven Ausgang des Prozesses den Kunden der Beklagten hiervon berichten könnte. Dies könnte zu einem Vertrauensverlust gegenüber der Beklagten führen.

Die Entscheidung

Die Klage hatte Erfolg. Die Kündigung ist unwirksam, da die Tätigkeit auf dem Weihnachtsmarkt nicht dem Erholungszweck gemäß § 8 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) widerspricht. Während des Urlaubs sind freiwillige Tätigkeiten erlaubt, die nicht auf die Erzielung von Entgelt gerichtet sind. Der Urlaubszweck liegt darin, Freizeit vom Direktionsrecht des Arbeitgebers zu haben. Der Arbeitnehmer soll in seinem Urlaub die Möglichkeit haben, Tätigkeiten zu verrichten, die zur freien Entfaltung seiner Persönlichkeit beitragen. Eine Tätigkeit widerspricht nur dann dem Zweck des Erholungsurlaubs, wenn sie darauf ausgerichtet ist, die bezahlte Urlaubszeit für die weitere Ausnutzung der Arbeitskraft gegen Entgelt zu nutzen. Demzufolge widerspricht eine unentgeltliche Tätigkeit im Familienbetrieb, wie sie die Klägerin auf dem Weihnachtsmarkt ausgeführt hat, oder in einer gemeinnützigen Organisation dem Erholungszweck nicht. Des Weiteren hat die Arbeitsleistung der Klägerin auf dem Weihnachtsmarkt zusammen mit den 37 Wochenstunden, die sie bei der Beklagten abzuleisten verpflichtet ist, nicht die nach dem Arbeitszeitgesetz zulässige Höchststundenzahl überschritten. Auch der Auflösungsantrag der Beklagten hatte keinen Erfolg, da die Möglichkeit des Ansehensverlustes bei jedem verlorenen Kündigungsschutzprozess besteht. Die Möglichkeit, dass der Arbeitgeber bei einem Kündigungsschutzprozess unterliegt, kann jedoch nicht ausgeschlossen werden.

Das Fazit

In § 8 BUrlG ist festgeschrieben, dass ein Arbeitnehmer während seines Urlaubs keine Erwerbstätigkeit leisten darf, die dem Urlaubszweck widerspricht. Das LAG Köln hat nun Grundsätze aufgestellt, welche Arten der Tätigkeit dem Urlaubszweck entgegen stehen. Zur Verletzung des Erholungszwecks ist es nicht allein ausreichend, eine körperlich anstrengende Tätigkeit auszuüben. Entscheidend ist vielmehr, ob der Arbeitnehmer während des bezahlten Urlaubs seine Arbeitskraft gegen Entgelt in doppelter Weise ausnutzt. Das Gericht führt aus, dass es einem Arbeitnehmer erlaubt ist, seine Persönlichkeit im Urlaub durch eine freiwillige und unentgeltliche Tätigkeit zu entfalten. Das Urteil stärkt somit die Rechte der Arbeitnehmer in Bezug auf ihre Möglichkeiten der Urlaubsgestaltung.

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