Außerordentliche Kündigung bei Verstoß gegen Gleitzeitgrundsätze

Das beharrliche Überschreiten der zulässigen Zahl von Minusstunden kann ein wichtiger Grund an sich für eine fristlose Kündigung eines ordentlich nicht mehr kündbaren Tarifbeschäftigten sein (LAG Hamburg, Urteil vom 2. November 2016, Aktenzeichen 5 Sa 19/16).

Der Fall

Der Kläger ist ausgebildeter Verwaltungsangestellter und seit 1993 bei der Beklagten im Dienst. Das Arbeitsverhältnis unterfiel dem TV-L. In der Dienstvereinbarung zur gleitenden Arbeitszeit ist unter anderem geregelt, dass ein Zeitsaldo von mehr als 20 Minus- oder 40 Plusstunden grundsätzlich nicht möglich sei. Sollte es dennoch kurzfristig zu mehr Minusstunden kommen, so sind diese innerhalb eines Monats abzubauen. Seit 2007 gab es fortwährende Probleme mit der ordnungsgemäßen Einhaltung der Dienstzeit. Dafür wurde der Kläger abgemahnt. Im stetigen Wechsel kam der Kläger zu spät oder ging zu früh oder beendete den Dienst eigenmächtig. Seit März 2013 baute der Kläger immer mehr Minusstunden auf und überschritt die zulässige Grenze von 20 Minusstunden um ein Vielfaches. Einer im vierten Quartal 2014 von einem Dienstvorgesetzten erteilten Anweisung, die Minusstunden abzubauen, kam der Kläger trotz mehrfacher Erinnerung nicht nach. Stattdessen häuften sich die Minusstunden bis Mai 2015 an. Im Juni 2015 wies das Arbeitszeitkonto des Klägers schließlich 59 Minusstunden auf. Die Beklagte informierte daraufhin den Personalrat und hörte diesen im Hinblick auf den beabsichtigten Ausspruch der außerordentlichen Kündigung ordnungsgemäß an. Nach Zustimmung des Personalrats wurde die außerordentliche Kündigung ausgesprochen. Aufgrund seiner Beschäftigungsdauer konnte der Kläger nur noch aus wichtigem Grund gemäß § 34 Abs. 2 TV-L gekündigt werden. Der Arbeitgeber stützte die Kündigung auf die Vielzahl von Arbeitszeitverstößen in dem Zeitraum von 2007 bis Juni 2015.

Die Entscheidung

Die Kündigung hatte vor dem LAG Hamburg Bestand. Die fristlose Kündigung der Beklagten ist gemäß § 34 Abs. 2 TV-L, § 626 Abs. 1 BGB wirksam und hat das Arbeitsverhältnis der Parteien beendet. Das Gericht stützte die Kündigung unter anderem auf die Dienstvereinbarung und die dort niedergelegten Grundsätze. Mit der Dienstvereinbarung koordinieren die Dienststellen und der Personalrat das Bestreben, den Beschäftigten ein Höchstmaß an Zeitsouveränität und Eigenverantwortung einzuräumen.

Dieser Dienstvereinbarung hatte sich der Beklagte mehrfach widersetzt. Insbesondere habe er nach den Ermahnungen / Abmahnungen sowie im Anschluss an die Personalgespräche keine Reduzierung der Minusstunden herbeigeführt, sondern vielmehr weitere Minusstunden aufgebaut. Der Kläger wurde zudem aufgrund zahlreicher anderer Arbeitszeitverstöße abgemahnt, die inhaltlich alle eine Über- oder Unterschreitung der Arbeitszeit oder ein eigenmächtiges Fernbleiben von der Arbeit zum Gegenstand hatten. Eine Abmahnung als mildere Reaktion auf das Fehlverhalten der Beklagten wäre nicht geeignet gewesen, den Kläger zu vertragstreuem Verhalten anzuhalten, da er sich auch in der Vergangenheit von Abmahnungen nicht hat positiv beeinflussen lassen.

Das Fazit

Ein beharrlicher Verstoß gegen Hauptleistungspflichten wie Arbeitszeitvorgaben kann einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung darstellen. Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses wird dann auch im Rahmen der Interessenabwägung nicht mehr verhindert, wenn sich dieser Vertragsverstoß als Glied in einer Reihe weiterer Vertragsverstöße darstellt und Abmahnungen vorliegen, die Verstöße gegen Arbeitszeitbestimmungen rügen.

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