Bund und Kommunen
Haftstrafe kann Kündigung rechtfertigen
Ein Arbeitgeber kann einem Arbeitnehmer grundsätzlich kündigen und seinen Arbeitsplatz neu besetzen, wenn der Arbeitnehmer eine Haftstrafe von mehr als zwei Jahren antreten muss. (BAG, Urteil vom 24. März 2011, Aktenzeichen 2 AZR 790/09)
Der Fall
Der Kläger war seit dem Jahr 1992 bei der Beklagten beschäftigt. Am 12. November 2006 kam er in Untersuchungshaft. Im Mai 2007 wurde er, ohne dass er zwischendurch freigelassen wurden war, zu einer Haftstrafe von vier Jahren und sieben Monaten verurteilt. Als Strafende war der 7. April 2013 vorgesehen. Im Dezember 2008 sollte die Möglichkeit eines offenen Vollzugs geprüft werden. Die Beklagte sprach daraufhin gegenüber dem Kläger eine ordentliche personenbedingte Kündigung zum 8. April 2008 aus. Der Kläger machte geltend, dass die Beklagte die Zeit seiner Inhaftierung so lange überbrücken müsse, bis er in den offenen Vollzug komme. Aufgrund der Größe des Unternehmens der Beklagten sei dies unproblematisch. Die Beklagte war hingegen der Ansicht, dass es nur bis zu einer Dauer von zwei Jahren möglich sei, ohne Sachgrund befristet einen Ersatz für den Kläger einzustellen. Gründe für eine Befristung seien nicht ersichtlich.
Die Entscheidung
Die Klage hatte keinen Erfolg. Die Kündigung des Klägers ist gerechtfertigt. Grundsätzlich ist eine mehrjährige Haftstrafe geeignet, eine ordentliche Kündigung zu rechtfertigen. Sie war als personenbedingte Kündigung wirksam. Für den Fall, dass die Tat oder die Taten, die der Verurteilung zugrunde liegen, nicht mit dem Arbeitsverhältnis im Zusammenhang stehen, kommt grundsätzlich keine verhaltensbedingte, sondern eine personenbedingte Kündigung in Betracht. Aufgrund der Dauer der Haft des Klägers konnte der Beklagten auch nicht zugemutet werden, die Zeit seiner Abwesenheit zu überbrücken. Bei der Prüfung, ob die Kündigung verhältnismäßig ist, muss berücksichtigt werden, dass der Kläger die Umstände, die zu seiner Kündigung führten, selbst zu vertreten hat. An die Anstrengungen, die die Beklagte unternehmen muss, um den Ausfall des Klägers zu überbrücken, sind daher geringere Anforderungen zu stellen. Anders wäre dies etwa dann zu beurteilen, wenn der Kläger aufgrund einer Erkrankung fehlte. Ein Arbeitnehmer darf zumindest dann den Arbeitsplatz eines Arbeitnehmers grundsätzlich dauerhaft neu besetzen, wenn der Arbeitnehmer rechtskräftig zu einer Haftstrafe von mehr als zwei Jahren verurteilt wurde.
Das Fazit
Wenn ein Arbeitnehmer eine Straftat begeht, sind grundsätzlich verschiedene Arten der Kündigung denkbar. Eine außerordentliche Kündigung ohne Einhaltung einer Frist käme etwa dann in Betracht, wenn der Arbeitnehmer im Arbeitsverhältnis eine Straftat begeht, etwa ein Diebstahl oder eine Körperverletzung gegenüber dem Arbeitgeber. Auch ein dringender Verdacht, dass der Arbeitnehmer eine solche Tat verübt hat, kann ausreichend sein. Straftaten außerhalb des Arbeitsverhältnisses können dann eine fristlose Kündigung rechtfertigen, wenn sie sich auf das Arbeitsverhältnis auswirken. Dies kann beispielsweise dann der Fall sein, wenn ein Kraftfahrer ein schwerwiegendes Verkehrsdelikt begeht oder ein Angestellter in Vertrauensstellung ein Vermögensdelikt. Auch eine ordentliche verhaltensbedingte Kündigung kommt bei einer Straftat des Arbeitnehmers in Betracht. Dies zum Beispiel ebenfalls dann, wenn die Straftat im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis steht und durch die Tat das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zerstört wurde. Ist ein solcher Zusammenhang der Straftat zum Arbeitsverhältnis nicht gegeben, so ist – wie das BAG im vorliegenden Fall bekräftigt hat – eine personenbedingte Kündigung zumindest dann möglich, wenn der Arbeitnehmer eine mehrjährige Haftstrafe antreten muss.