Bund und Kommunen
Unkündbarkeit gemäß § 34 TVöD
Bei der Berechnung der für die Kündigungsfrist und den Ausschluss einer ordentlichen Kündigung maßgeblichen Beschäftigungszeit nach § 34 Abs. 1 Satz 2, § 34 Abs. 2 Satz 1 TVöD werden vorherige Beschäftigungszeiten bei anderen, vom Geltungsbereich des TVöD erfassten, Arbeitgebern nicht berücksichtigt (BAG, Urteil vom 22. Februar 2018, Aktenzeichen 6 AZR 137 / 17).
Der Fall
Die Parteien streiten darüber, ob das Arbeitsverhältnis der Klägerin ordentlich unkündbar und deswegen eine Wartezeitkündigung unwirksam ist. Die 1972 geborene Klägerin war nach ihrer Ausbildung zur Verwaltungsangestellten ab dem 13. August 1991 zunächst bei der Stadt A, ab dem 1. Januar 1999 bei der Stadt V ohne zeitliche Unterbrechung beschäftigt. Auf die Arbeitsverhältnisse fand der BAT und ab dem 1. Oktober 2005 der TVöD (VKA) Anwendung. Zum 1. Januar 2015 wechselte die Klägerin nahtlos als Verwaltungsangestellte zur beklagten Stadt. Diese ordnete die Klägerin in der Entgeltgruppe 10 der Stufe 5 zu. Mit Schreiben vom 22. Mai 2015 erklärte die Beklagte die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses zum 30. Juni 2015. Hiergegen hat die Klägerin fristgerecht die vorliegende Kündigungsschutzklage erhoben. Die Klägerin meint, ihr Arbeitsverhältnis sei ordentlich nicht kündbar. Dies ergebe sich aus § 34 Abs. 2 Satz 1 TVöD, da ihre Beschäftigungszeiten ab August 1991 gemäß § 34 Abs. 3 Satz 3 und Satz 4 TVöD vollständig anzurechnen seien.
Die Entscheidung
Das BAG hat der beklagten Stadt recht gegeben und die Kündigung für wirksam erklärt. Nach § 34 Abs. 2 Satz 1 TVöD können Arbeitsverhältnisse von Beschäftigten, die das 40. Lebensjahr vollendet haben und für die die Regelungen des Tarifgebiets West Anwendung finden, nach einer Beschäftigungszeit von mehr als 15 Jahren durch den Arbeitgeber nur noch aus wichtigem Grund gekündigt werden. Beschäftigungszeit ist gemäß § 34 Abs. 3 Satz 1 TVöD die bei demselben Arbeitgeber im Arbeitsverhältnis zurückgelegte Zeit, auch wenn sie unterbrochen ist. Entgegen der Annahme der Revision sind Zeiten bei anderen Arbeitgebern keine Beschäftigungszeit gemäß § 34 Abs. 2 Satz 1 TVöD. Dies ergibt nach Auffassung des BAG eine Auslegung des Tarifvertrags. Bereits der Tarifwortlaut sei eindeutig. § 34 Abs. 2 Satz 1 TVöD definiert den Begriff der Beschäftigungszeit durch eine auf § 34 Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 TVöD beschränkte Bezugnahme. Damit werden nur bei demselben Arbeitgeber im Arbeitsverhältnis zurückgelegte Zeiten berücksichtigt, auch wenn sie unterbrochen sind. Hingegen verweist der Klammerzusatz nicht auf § 34 Abs. 3 Satz 3 und Satz 4 TVöD und die darin geregelte Anerkennung von bei einem anderen vom Geltungsbereich des TVöD erfassten Arbeitgeber oder bei einem anderen öffentlich-rechtlichen Arbeitgeber zurückgelegten Zeiten als Beschäftigungszeit. Ein Ausschluss der ordentlichen Kündbarkeit des Arbeitsverhältnisses der Klägerin ergibt sich nach Auffassung des BAG auch nicht aus dem Arbeitsvertrag in Verbindung mit § 34 Abs. 2 Satz 2 TVöD. Gemäß § 34 Abs. 2 Satz 2 TVöD verbleibt es für Beschäftigte, soweit sie nach den bis zum 30. September 2005 geltenden Tarifregelungen unkündbar waren, bei dieser Unkündbarkeit. Einen solchen Besitzstand hat die Klägerin nicht erworben, weil sie am 30. September 2005 das 40. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte. Auch die Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 TVÜ-VKA liegen nicht vor. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist kein über den 30. September 2005 hinaus fortbestehendes Arbeitsverhältnis. Es begann erst am 1. Januar 2015.
Das Fazit
Zeiten eines Arbeitsverhältnisses, die bei einem anderen Arbeitgeber zurückgelegt worden sind, können als Beschäftigungszeit anerkannt werden, wenn ein Wechsel des Arbeitgebers gemäß § 34 Abs. 3 Satz 3 und Satz 4 TVöD vorliegt. Die erweiterten Anrechnungsmöglichkeiten von Vordienstzeiten bei einem anderen Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes gelten für die Festsetzung des Jubiläumsgeldes und die Bemessung des Krankengeldzuschusses. Sie sind – so die Entscheidung des BAG – bei der Berechnung der Kündigungsfrist und als Voraussetzung für die tarifliche Unkündbarkeit unbeachtlich. Es hätte im vorliegenden Fall durchaus nahegelegen, die Beschäftigungszeiten gemäß Satz 3 anzuerkennen, gerade weil die Beschäftigungszeit in § 34 TVöD (Kündigung des Arbeitsverhältnisses) geregelt ist.