dbb Podcast „DienstTag“ – Folge 23: Der Gerichtsvollzieher
„Kopf in den Sand stecken, hilft nicht“
Matthias Boek ist Obergerichtsvollzieher, sieht sich aber vor allem als Vollstreckungsmanager. Er sagt: „Jeder Fall ist anders. Wir versuchen, mit den Menschen zu arbeiten, nicht gegen sie.“
Oft stehe am Beginn der Überschuldung eine Lebenskrise oder Realitätsverweigerung. „Briefe bleiben ungeöffnet, Mahnungen werden ignoriert. Ich kann nur immer sagen: Kopf in den Sand stecken, hilft nicht. Haltet Eure Unterlagen in Ordnung, sucht Hilfe bei der Schuldnerberatung“, mahnt Matthias Boek. Der 53-jährige Gerichtsvollzieher aus Berlin hat in seinem Berufsleben schon viel erlebt und gesehen. Das Berufsbild habe sich dabei in den letzten Jahrzehnten sehr verändert. „Der 'Kuckuckskleber' ist anachronistisch. Unser Aufgabenspektrum ist heute viel breiter. Jenseits der Mobiliarpfändung werden Finanzermittlungen, Gehalts- oder Rentenabfragen immer wichtiger“, so Boek. Und es geht auch nicht immer nur um Finanzforderungen. „Wir blicken in die Abgründe der Gesellschaft. Emotional am schwierigsten ist dabei der Umgang mit Kindern in prekären Lebensverhältnissen, zum Beispiel wenn vom Gericht Kindesentzug angeordnet wurde.“
Für den Gewerkschafter Boek ergeben sich aus dem breiten Aufgabenspektrum auch Konsequenzen für die Gerichtsvollzieher-Ausbildung. „Früher was der Job eher handwerklich-technisch. Heute nehmen Finanzstatusermittlungen und Grundrechtseingriffe immer mehr zu. Das sollte in der Ausbildung berücksichtigt werden. Wir vom Deutschen Gerichtsvollzieherbund plädieren deshalb für eine Fachhochschulausbildung. Das würde unseren Beruf aufwerten und auch bei der Nachwuchswerbung helfen.“