Bürokratieabbau
Der Rechtsstaat braucht Regeln, aber keine Überregulierung
Der stellvertretende dbb Bundesvorsitzende Andreas Hemsing hat sich für ehrliche Aufgabenkritik und einen strukturierten Bürokratieabbau ausgesprochen.
„Die Umsetzung neuer Gesetze muss viel konsequenter als bisher mitgedacht werden, damit der Staat handlungsfähig bleibt“, sagte Hemsing am 21. Januar 2025 beim vom „Behörden Spiegel“ veranstalteten Thementag „Gesetze, Akten und Strukturen – Wie Bürokratieabbau in der Praxis ankommt“ auf der Online-Diskussionsplattform NeueStadt.org. Der dbb Vize forderte eine weitgehende Aufgabenkritik: „In der Vergangenheit haben Aufgaben- und Regelzuwachs in der Verwaltung viele neue Hemmnisse geschaffen. Bürokratieabbau darf nicht länger nur als Schlagwort genutzt werden. Damit er in der Praxis ankommt, müssen dahinter klare Strukturen und die Einbeziehung aller Akteure in Bund, Ländern und Kommunen stehen.“
Wenn Bürgerinnen und Bürger das Gefühl hätten, der Staat werde seinen Aufgaben nicht mehr gerecht, führe das zu Frust. „Für Rechtssicherheit und gleichwertige Lebensverhältnisse braucht es Regeln, aber keine Überregulierung“, stelle Hemsing klar. In diesem Zusammenhang müssten Beschäftigte im öffentlichen Dienst neue Ermessensspielräume erhalten, was ein „gewisses Grundvertrauen“ seitens der Politik in die Verwaltung und ihre Mitarbeitenden voraussetze. Konkret sichtbar werde dies auf kommunaler Ebene, wo Gesetze nah am Bürger umgesetzt werden. Hemsing: „Digitalisierung und neue Möglichkeiten durch KI können in Zukunft auch aufgrund demografischer Faktoren nicht alles auffangen, was überbordende Bürokratie an Belastungen für die Verwaltungen mit sich gebracht hat und bringt. Digitalisierung ist ein exorbitant wichtiges Thema, das derzeit aufgrund der föderalen Struktur der Bundesrepublik aber nicht zentral gedacht wird“, kritisierte Hemsing, der auch Bundesvorsitzender der komba gewerkschaft für den Kommunal- und Landesdienst ist.
Als Lösungsansätze brachte Hemsing die konsequente Anwendung von Praxistests für neue Gesetze und die Evaluierung alter Gesetze auf deren Praxistauglichkeit ins Spiel. Das liege nicht nur in der Verantwortung der Politik, sondern ebenso – Stichwort Fehlerkultur – in der Verantwortung der Führungskräfte in den Verwaltungen, die offen für interne Aufgabenkritik sein müssten. Ferner müssten die Stammdaten der Bürgerinnen und Bürger im Zuge der Digitalisierung endlich über alle Gebietskörperschaften hinweg im Sinne des Once-Only-Prinzips verfügbar sein, um Verwaltungsprozesse zu straffen.
Mit Andreas Hemsing diskutierten Dorothea Störr-Ritter, Ratsmitglied Nationaler Normenkontrollrat und Dr. Christian Ege, Staatssekretär a.D und Gründer von BürokratEASY.