• Eine Gruppe kleiner Kinder arbeitet mit ihrem Lehrer im Kunstunterricht mit Ton.

Europäischer Abend

EU-Migrationspolitik: „Alle brauchen qualifizierte Zuwanderung“

Die Migrations-Herausforderungen sind enorm, aber nicht unlösbar, sagt dbb Chef Silberbach: Europa müsse im eigenen Interesse und zugleich solidarisch und rechtsstaatlich handeln.

Politik & Positionen

„Obwohl der Fachkräftemangel mittlerweile ganz Europa betrifft und Einigkeit darüber herrscht, dass alle qualifizierte Zuwanderung brauchen, um Wohlstand und soziale Sicherheit zukunftsfest zu machen, zeigen sich die EU-Staaten weiter uneins und unsolidarisch im Umgang mit Migration“, stellte der dbb Bundesvorsitzende Ulrich Silberbach anlässlich des Europäischen Abends am 19. April 2023 in Berlin fest. Zwar habe die Hilfe für die flüchtenden Menschen aus der Ukraine auch dank des enormen Einsatzes der Zivilgesellschaft gut geklappt. „Auf die irreguläre Migration aus anderen Teilen der Welt finden wir Europäer aber bisher keine überzeugenden gemeinsamen Antworten. Auf den Grenzschutz können wir uns noch verständigen, mehr Solidarität bei der Aufnahme und der Verteilung der geflüchteten Menschen gelingt uns in Europa jedoch nicht.“ Gleichzeitig meldeten Städte und Gemeinden, dass sie an die Grenzen ihrer Aufnahmekapazitäten stoßen – „nicht nur in finanzieller und technischer Hinsicht, sondern auch was die Akzeptanz in der heimischen Bevölkerung angeht“, so Silberbach.

„Die Gemengelage scheint in Anbetracht ihrer Komplexität unlösbar. Doch die praktischen wie ethischen Widersprüche können wir auflösen, wenn wir uns das große Bild vor Augen halten: Es liegt im ureigenen Interesse Europas, die Risiken, die demografischer Wandel und Fachkräftemangel für unseren Wohlstand und unsere Sicherheit bergen, durch geregelte und qualifizierte Zuwanderung und nachhaltige Integration zu minimieren. Wenn dies Konsens ist, werden wir der solidarischen Aufnahme, Verteilung und Ansiedelung qualifizierter Zuwandernder ein ganzes Stück näher kommen. Ergänzend dazu müssen die entsprechenden Voraussetzungen in der Infrastruktur geschaffen werden – Stichwort Wohnraum, Stichwort Bildung. Nur, wenn Einwanderung für alle tragbar und Teilhabe für alle möglich ist, werden die Gesellschaften die Zuwandernden akzeptieren und integrieren“, betonte der dbb Chef. „Ganz entscheidend ist es zudem, dass Europa seinen rechtsstaatlichen Prinzipien treu bleibt. Natürlich brauchen wir einen besseren Schutz der Außengrenzen. Gleichzeitig will aber niemand, der mit beiden Füßen fest auf dem Boden unserer Verfassungen und Werte steht, dass Menschen im Mittelmeer ertrinken, dass es zu Push-Backs kommt, dass wir in Europa gegen internationales Recht verstoßen. Denn wer meint, Menschenrechtsverletzungen an unseren Außengrenzen seien hinzunehmen, wird die Menschenrechte über kurz oder lang auch im Innern nicht verteidigen können“, warnte Silberbach, stellte zugleich aber klar: „Die effektive Rückführung von Menschen, die kein Bleiberecht haben, ist keine Menschenrechtsverletzung, sondern eine nicht schöne, doch aber notwendige Voraussetzung für die weitere Aufnahmebereitschaft der heimischen Bevölkerung.“ Europa sei dann stark, „wenn es seine langfristigen Interessen beachtet, solidarisch handelt und seine rechtsstaatlichen Prinzipien bewahrt“, hielt der dbb Bundesvorsitzende fest und appellierte, in diesem Sinne eine gemeinsame europäische Migrationsstrategie zu entwickeln.

Hintergrund

Der Europäische Abend gilt als Flaggschiffveranstaltung des europapolitischen Berlins und ist eine Kooperationsveranstaltung des dbb beamtenbund und tarifunion mit der Europa-Union Deutschland, dem Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement und der Vertretung der Europäischen Kommission in Deutschland. Seit 2006 findet das Event regelmäßig im dbb forum berlin statt. Zum Fachkräftemangel in Europa wird am 19. April 2023 die Frage „Wie gelingt die EU-Migrationspolitik?“ diskutiert. Nach Impulsen von EU-Kommissar Nicolas Schmit, zuständig für Beschäftigung, Soziales und Integration, Anton Hofreiter, MdB, Vorsitzender des Ausschusses für die Angelegenheiten der Europäischen Union, und Linn Selle, Präsidentin der Europäischen Bewegung Deutschland, widmen sich drei Breakout Sessions besonderen Aspekten der Migrationspolitik. Auf den Podien dort vertreten sind u. a. Beate Gminder, stellvertretende Generaldirektorin der Generaldirektion HOME der Europäischen Kommission, Sabine Hess, Geschäftsführende Direktorin des Centers for Global Migration Studies an der Universität Göttingen, Prof. Lars Castellucci, MdB, geschäftsführender Vorsitzender des Innenausschusses, dbb Vize Friedhelm Schäfer, Milanie Kreutz, stellvertretende dbb Bundesvorsitzende und Vorsitzende der dbb bundesfrauenvertretung, Uwe Zimmermann, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des deutschen Städte- und Gemeindebunds (DStGB), Peter Clever, Mitglied des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (EWSA) und Vorsitzender des Verwaltungsrats der Deutschen Welle, und Cemalettin Özer, geschäftsführender Gesellschafter der MOZAIK gemeinnützige Gesellschaft für interkulturelle Bildungs- und Beratungsangebote.

 

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