Schulbetrieb in Pandemiezeiten
Stufenplan mit Augenmaß?
Auch nach der Ministerpräsidentenkonferenz mit der Bundeskanzlerin am 10. Februar 2021 mehren sich die Forderungen nach Lockerungen und insbesondere nach einer baldigen stufenweisen Öffnung von Kitas und Schulen.
Vor einer zu schnellen und nicht gut vorbereiteten Lockerung der Corona-Maßnahmen – auch in Schulen und Kitas – warnt dbb-Chef, Ulrich Silberbach, eindringlich, um die Fortschritte in der Bekämpfung der Corona-Pandemie nicht zu gefährden. „Wenn man bedenkt, dass die Zahl der Neuinfektionen in den letzten zwei Wochen zwar gesunken ist, jedoch in etwa dem Infektionsniveau von Ende Oktober entspricht, als der zweite Lockdown begann, ist es derzeit übereilt, über Lockerungen zu sprechen. Vielmehr müssen wir die Zeit nutzen, um ein Maßnahmenpaket auszuarbeiten, wie der stufenweise Wiedereinstieg in ein „normales“ Schulleben gelingen kann.“
Die von Bundesbildungsministerin Anja Karliczek vorgestellte S3-Leitlinie über „Maßnahmen zur Prävention und Kontrolle der SARS-CoV-2-Übertragung in Schulen“ begrüßt dbb-Chef Silberbach. Mit Blick auf das Infektionsgeschehen in Schulen hat eine repräsentative Gruppe von Expertinnen und Experten gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern von Lehrer-, Eltern- und Schülerschaften sowie von maßgeblichen Entscheidungsträgern eine wissenschaftlich fundierte und evidenzbasierte Handlungsempfehlung entwickelt. Mit dieser Leitlinie soll ein möglichst sicherer, geregelter und vor allem kontinuierlicher Schulbetrieb ermöglicht werden. „Viele der in der Leitlinie enthaltenen Maßnahmen sind nicht neu, jedoch werden die Maßnahmen bislang nicht durchgehend und nicht im Gesamtpaket umgesetzt. Insofern liegt es vor allem bei Ländern und Kommunen, die Umsetzung der Leitlinie und der empfohlenen Maßnahmen so durchzuführen, dass bundesweit ein möglichst sicherer Schulbetrieb gewährleistet wird. Allerdings setzt die Leitlinie voraus, dass die Inzidenzwerte überhaupt eine Öffnung der Schulen zulassen. Vielerorts ist das leider nach wie vor nicht der Fall.“
Jürgen Böhm, stellvertretender Bundesvorsitzender des dbb und selbst Realschullehrer, zeigte sich mit der Grundintention der Leitlinie und mit den vorgeschlagenen Maßnahmen, die sich nach dem Infektionsgeschehen richten und bundesweit einheitlich angewandt werden sollen, grundsätzlich zufrieden. „Die Leitlinie ist zwar eine gute, wissenschaftlich fundierte Handlungsempfehlung, an der sich Lehrkräfte und Schulen orientieren können. Um langfristig jedoch einen sicheren Schulbetrieb in Pandemiezeiten zu gewährleisten, bedarf es allerdings eines bundesweiten eindeutig indikatorengestützten Stufenplans, der nicht von Land zu Land uminterpretiert werden darf. Der Gesundheitsschutz von Lehrkräften und Schülerschaft muss eine ebenso hohe Priorität haben, wie die momentan immer lauter geforderte Öffnung der Schulen und Kitas. Nicht minder wichtig ist auch die Qualität des Unterrichts in Distanz-, Hybrid oder Präsenzform. Eine Halbierung der Schulklassen, Wechsel- und Distanzunterricht bedeuten eine nicht unerhebliche Mehrbelastung für die Lehrkräfte, die ebenfalls mitbedacht werden muss. Für einen umfassenden Gesundheitsschutz, der alle Facetten von Lüftung über Masken bis hin zu Impfangeboten umfasst, ist die Fürsorgepflicht des Staates als Dienstherr und Arbeitgeber gegenüber den Lehrkräften gefordert“, so der dbb Bildungsexperte.