Wahl zum Vorsitzenden einer Personalvertretung

1. Die Folgen einer rechtswidrigen Bestimmung des Vorsitzenden einer Personalvertretung bemessen sich nach den allgemein für Personalratsbeschlüsse geltenden Regeln. Sie ist daher in Anlehnung an die in § 43 Abs. 3 und § 44 VwVfG zum Ausdruck kommenden Rechtsgedanken (nur dann) nichtig und damit unwirksam, wenn sie an einem schwerwiegenden Fehler leidet, der offenkundig ist.

2. Der Vorsitzende der Personalvertretung ist nach den Regelungen des Bundespersonalvertretungsgesetzes grundsätzlich aus dem Kreis der Gruppensprecher zu bestimmen. Die Gruppensprecher können jedenfalls nicht alle auf ihre Bestimmung zum Vorsitzenden verzichten.

3. Von der Personalvertretung gefasste Beschlüsse sind unwirksam, wenn das Gremium nicht wirksam einen Vorsitzenden gewählt hat und deshalb handlungsunfähig ist.

Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 15. Mai 2020, Az. 5 P 3.19

Der Fall

Bei den in der konstituierenden Sitzung des Gesamtpersonalrats beim Bundesnachrichtendienst durchgeführten Vorstandswahl wurde ein Mitglied zum Vorsitzenden gewählt, das nicht dem Vorstand angehörte. Nachdem dies moniert worden war, fand ein halbes Jahr später erneut eine Vorstandswahl statt, bei der wiederum dasselbe Mitglied gewählt wurde, das jedoch zwischenzeitlich als Ergänzungsmitglied in den erweiterten Vorstand aufgenommen worden war. Ein an diesen und weiteren Sitzungen teilnehmendes Ersatzmitglied wollte gerichtlich nicht nur die Unwirksamkeit der Wahl des Vorsitzenden, sondern auch die Unwirksamkeit der während seiner Amtswahrnehmung gefassten Beschlüsse des Gesamtpersonalrats festgestellt wissen.

Die Entscheidung

Das Bundesverwaltungsgericht hat festgestellt, dass die erste Wahl des Mitglieds zum Vorsitzenden unwirksam, die zweite jedoch wirksam war.

Nach § 32 Abs. 2 Satz 1 BPersVG ist die Mitgliedschaft im Vorstand zwingende Voraussetzung für die Wahl zum Vorsitzenden. Bei den Wahlen zum Vorstand des Personalrats handelt es sich um Akte der Geschäftsführung, die daher den Regeln über die Beschlussfassung folgen. Für diese gilt, dass schwere und offenkundige Fehler zur Unwirksamkeit führen. Wird ein nicht dem Vorstand angehörendes und daher für das Amt des Vorsitzenden nicht wählbares Mitglied zum Vorsitzenden gewählt, liegt angesichts der eindeutigen gesetzlichen Regelung ein schwerer und offensichtlicher Fehler vor und wird daher ein Vorstand nicht wirksam gebildet. Ein Personalrat ohne Vorstand aber ist handlungsunfähig. Alle mit einem handlungsunfähigen, also „ohne“ Vorstand gefassten Beschlüsse sind unwirksam.

Die zweite Wahl war lediglich rechtswidrig, aber nur deshalb nicht unwirksam, weil die bisherige Rechtsprechung die Beschränkung der Wählbarkeit für den Vorsitz auf die Gruppensprecher nicht in dieser Absolutheit herausgearbeitet hatte.

Nun aber gilt: Die ausschließliche Wählbarkeit der von der Gruppe nach § 32 Abs. 1 Satz 3 BPersVG gewählten Vorstandsmitglieder, also der sog. Gruppensprecher, ist Konsequenz aus dem Gruppenprinzip. Dieses fordert, dass Wahrnehmung der Geschäftsführung und Mitvertretung in Gruppenangelegenheiten nach außen durch ein vom Willen und dem Vertrauen der Mehrheit der betroffenen Gruppe getragenes Gruppenmitglied erfolgen. Die Beschränkung der Wählbarkeit für den Vorsitz auf die Gruppensprecher zeigt sich gesetzessystematisch auch daran, dass die Bestimmung des Ergänzungsvorstandes erst in § 33 BPersVG und damit im Anschluss an die in § 32 Abs. 2 Satz 1 BPersVG festgelegte Übernahme des Vorsitzes durch ein Vorstandsmitglied geregelt wird.

Hieraus folgt, dass jedenfalls nicht alle Gruppensprecher auf ihre Bestimmung zum Vorsitzenden verzichten können. Mit ihrer Kandidatur zum Personalrat und Annahme der Wahl sind sie gesetzlich verpflichtet, die mit dem Amt als Gruppensprecher verknüpften Funktionen des Vorsitzes oder der Stellvertretung wahrzunehmen. Dieser Pflicht können sich die Gruppensprecher nicht durch einen Verzicht auf die Bestimmung zum Vorsitzenden entziehen. Das gilt jedenfalls dann, wenn - wie in der vorliegenden Fallkonstellation - der Verzicht dazu führt, dass ein Vorstandsmitglied zum Vorsitzenden bestimmt wird, das nicht zum Gruppensprecher gewählt wurde.

Das Fazit

1. Nur ein von einer Gruppe gewähltes Gruppenvorstandsmitglied (Gruppensprecher), nicht aber ein Mitglied des erweiterten Vorstands kann wirksam zum Vorsitzenden gewählt werden. Von dieser Regel gibt es keine Ausnahme.

2. Eine etwaige Verständigung im Vorfeld der Wahl, welcher Gruppensprecher den Vorsitz übernehmen soll, ist möglich. Ist jedoch keines der Gruppenvorstandsmitglieder zur Übernahme des Vorsitzes bereit, müssen neue Gruppensprecher gewählt werden.

zurück