Zugangsrecht des Personalrats zu den Beschäftigten
Das Recht des Personalrats, zu den Beschäftigten Kontakt aufzunehmen, ist gesetzlich nicht geregelt. Es ergibt sich aus dem Aufgabenkatalog des Personalrats nach dem BPersVG sowie Sinn und Zweck der Personalratstätigkeit, wonach Dienststelle und Personalrat u. a. zum Wohle der Beschäftigten zusammenarbeiten. Dem Personalrat sind Kontroll- und Initiativrechte sowie selbstständige Überwachungsrechte übertragen. So hat er zB den Beschäftigten dienende Maßnahmen zu beantragen sowie Anregungen und Beschwerden entgegenzunehmen. Er darf daher selbstständig Ermittlungen anstellen und ist nicht darauf beschränkt, auf eine Unterrichtung der Dienststelle zu reagieren (Ilbertz/Widmaier/Sommer, BPersVG, 11. Aufl., § 1 Rn. 26). Nur über einen engen Kontakt zu den Beschäftigten kann er erfahren, welche Probleme die Beschäftigten bewegen und nur so kann er die etwa für die Ausübung von Mitbestimmungsrechten erforderlichen Kenntnisse über das Geschehen in der Dienststelle erwerben.
Möglichkeiten der Kontaktaufnahme und der Informationsgewinnung
Im Rahmen von Unfalluntersuchung, Mitbestimmung bei Arbeitsplatzgestaltung, Überwachung der arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften - auch auf Arbeitsplätzen von Telearbeitern -, Überprüfung der Berechtigung von arbeitsplatzbezogenen Beschwerden, u. U. Verifizierung/Veranschaulichung von Informationen im Rahmen der Mitbestimmung ist deshalb auch ein Aufsuchen des Arbeitsplatzes von Beschäftigten zulässig. Klärung von Tatsachen, Einholung von Standpunkten, Beratung oder Information der Beschäftigten können - außer im persönlichen Gespräch in der Sprechstunde - telefonisch, schriftlich, per E-Mail oder über in der Dienststelle vorhandene elektronische Kommunikationsmedien erfolgen.
Welche Art der Kontaktaufnahme der Personalrat wählt, steht in seinem Ermessen. Stets, insbesondere bei Kosten verursachenden Maßnahmen, muss er aber den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Auge behalten. Eine Reise zwecks Begehung eines Arbeitsplatzes in einer Nebenstelle etwa darf daher - wie jede andere Maßnahme auch - nur dann erfolgen, wenn sie zur Ausübung seiner Aufgaben erforderlich ist. Er muss zudem die Wahrnehmung der Personalratsaufgaben effizient koordinieren, also z. B. mehrere Auswärtstermine in einer Nebenstelle sammeln und mit einer Reise abarbeiten.
Abmeldung vom Arbeitsplatz
Wahrnehmung von Personalratsaufgaben bedarf nicht der Zustimmung des Dienststellenleiters, der Personalrat wird in eigener Zuständigkeit und Verantwortung tätig. Dennoch ist eine Abmeldung (und Rückmeldung) als Nebenpflicht aus dem Dienst-/Arbeitsverhältnis erforderlich, wenn ein Personalratsmitglied einen Beschäftigten an dessen Arbeitsplatz aufsuchen will und dazu seinen Arbeitsplatz verlassen muss. Denn die Dienststelle muss über die Abwesenheit eines Personalratsmitglieds informiert werden, um ggf. Dispositionen zur Sicherstellung eines reibungslosen Dienstablaufs treffen zu können, z. B. eine geeignete Vertretung zu bestellen (OVG Niedersachsen v. 1.4.1998, ZBR 1999, 158). Bei der Abmeldung muss das Personalratsmitglied nicht im Einzelnen darlegen, aus welchem konkreten Anlass es den Besuch machen will und aus welchen Gründen es diesen für erforderlich hält (BVerwG v. 9.3.1990, ZfPR 1990, 75). Nur ausnahmsweise können besondere, zwingende Gründe es rechtfertigen, dass die Dienststelle das Personalratsmitglied auf seinem Arbeitsplatz zurückhält, so wenn eine wesentliche und unzumutbare Störung des Arbeitsablaufs und der Ordnung in der Dienststelle zu besorgen ist (BVerwG, aaO). Eigenmächtig bzw. entgegen der Erklärung der Dienststelle darf ein Personalratsmitglied den Arbeitspatz nicht verlassen. Adressat der Abmeldung ist der (unmittelbare) Dienstvorgesetzte.
Zuständigkeit der Vorstandsmitglieder
Das Recht auf Kontaktaufnahme zu den Beschäftigten steht grundsätzlich „dem Personalrat“, also dem Gremium zu. Wer dieses Recht im Einzelfall ausübt, hängt davon ab, in welcher Sache Kontakt aufgenommen werden soll. Da das Aufsuchen von Be-schäftigten im Rahmen der Informationsbeschaffung etc. in der Aufgabenzuweisung des Gesetzes an den Vorsitzenden nicht erwähnt ist, ist grundsätzlich zuständig nicht dieser, sondern der Vorstand. Dabei fällt wiederum freigestellten Vorstandsmitglie-dern zwangsläufig eine besondere Rolle zu („hauptamtliche Geschäftsführer“, BVerwG v. 17.1.1969, BVerwGE 31, 192). Denn diese können sich aufgrund der Befreiung von dienstlichen Aufgaben besonders eingehend mit den Fragen des Personalvertretungsrechts und den vom Personalrat zu bearbeitenden Angelegenheiten befassen. Ihre Aufgabe ist es, die einzelnen Vorgänge rechtlich und tatsächlich zu prüfen und sie mit einem Vorschlag dem Personalrat zur Beschlussfassung vorzulegen. Stets dürfen die einzelnen Vorstandsmitglieder aber nur zu vorbereitenden Handlungen ermächtigt werden (Lorenzen u.a. Komm. BPersVG, § 32 Rn. 22 m.w.N.), denn die Führung der laufenden Geschäfte selbst hat der Gesetzgeber dem Vorstand als Gremium, also allen Vorstandsmitgliedern gemeinsam übertragen; hiervon kann auch mit einer vom Plenum beschlossenen Geschäftsordnung zur Geschäftsverteilung nicht abgewichen werden. Bei der Arbeitsverteilung im Vorstand ist das Gruppenprinzip zu berücksichtigen. Deshalb darf etwa die vorbereitende Behandlung von Beamtenangelegenheiten nicht ausschließlich einem einer anderen als der betroffenen (Beamten-)Gruppe angehörenden Vorstandsmitglied übertragen werden. In der Geschäftsordnung kann z.B. festgelegt sein, dass im Rahmen von Unfallermittlungen das Vorstandsmitglied X zur Begehung der Arbeitsplätze zuständig ist oder dass zur Überprüfung der ergonomischen Ausstattung neu eingerichteter Arbeitsplätze im Rahmen der Vorbereitung der Mitbestimmung bei der Gestaltung von Arbeitsplätzen das - entsprechend geschulte oder sonst sachverständige - Vorstandsmitglied Y zuständig sein soll.
Zuständigkeit nicht dem Vorstand angehörender Personalratsmitglieder
Auch diese können im Rahmen der Wahrnehmung der ihnen im Personalrat konkret übertragenen Aufgaben berechtigt sein, Kontakt zu den Beschäftigten aufzunehmen; hier kommt es auf den Einzelfall an.
Bearbeitungsstand: 7/2012