europa
nisationen brauchen überall
dort Unterstützung, wo Demo
kratie und Rechtsstaatlichkeit
besonders unter Druck stehen.
Braucht die Europäische Union
mehr Möglichkeiten, wirksa-
mer auf solche Entwicklungen
reagieren zu können?
Ich arbeite dafür, dass unsere
gemeinsamen Werte uns künf
tig wieder zusammenschwei
ßen statt uns auseinanderzu
treiben. Daher werbe ich dafür,
dass sich alle EU-Staaten künf
tig einer regelmäßigen Über
prüfung der Lage der Rechts
staatlichkeit unterziehen – als
Gleiche unter Gleichen. Ich
denke dabei an eine Art Rechts
staats-TÜV, der dem Universal
Periodic Review des Menschen
rechtsrates der Vereinten Nati
onen nachempfunden ist. Das
heißt ganz konkret: Nicht nur
die üblichen Verdächtigen wür
den überprüft, sondern reihum
müssten sich alle den kriti
schen Fragen der anderen stel
len. Somit wird keiner mit
zweierlei Maß gemessen. Soll
ten rechtsstaatliche Defizite
festgestellt werden, müsste der
betreffende Mitgliedstaat im
Folgejahr berichten, welche
konkreten Gegenmaßnahmen
er ergriffen hat.
Was kann Deutschland zur
Stabilisierung der freiheitlich-
rechtsstaatlichen Grundord-
nung in Europa beitragen?
Unser Land sollte sich dafür ein
setzen, Brücken zwischen Ost
und West, Nord und Süd zu
bauen und die EU als Ganzes
zusammenzuhalten. Wir dürfen
nicht zulassen, dass Europa in
verschiedene Gruppen zerfällt.
Und es darf niemals wieder ei
nen Zweifel daran geben, dass
unser ganzer Einsatz dem ver
einten Europa, der friedlichen
Konfliktlösung und dem inter
nationalen Teamgeist dient –
trotz der vielen Differenzen, die
wir oft mit den anderen euro
päischen Staaten haben. Gleich
zeitig müssen wir auch hier zu
Hause unsere Hausaufgaben
machen: Nationalismus und
Populismus stellen auch unser
Land vor große Bewährungs
proben. Hier müssen wir end
lich die richtigen Antworten
finden und unsere Grundwerte
mit Vernunft, Leidenschaft und
Mut verteidigen.
Welche Szenarien sehen Sie
für den Ausgang der Europa-
wahlen? Droht eine populisti-
sche Welle, die europäische
Gesetzgebung lahmzulegen?
Wir werden uns in den kom
menden Monaten mit allem,
was wir haben, dafür einset
zen, dass die proeuropäischen
Kräfte im nächsten Europa
parlament eine klare Mehrheit
haben. Dafür müssen wir der
Lügenkampagne von Nationa
listen und Populisten gegen
Europa etwas entgegensetzen.
Und wir haben gute Argumen
te. Wir müssen den Menschen
in Europa die EU vermitteln als
das, was sie ist: die weltweit
modernste und fortschritt
lichste Art des Zusammenle
bens zwischen den Völkern,
unser Friedens- und Zukunfts
projekt. Die Menschen müssen
wieder den Wert Europas erle
ben und spüren, dass Europa
die Voraussetzung für die Lö
sung zahlreicher unserer Prob
leme ist. Das ist eine wesent
liche Voraussetzung dafür,
gemeinsam die europäische
Idee weiterzuentwickeln und
uns nicht lahmlegen zu lassen.
Welche Bedeutung messen Sie
dem Berufsbeamtentum für die
Stabilität der Demokratie in
Deutschland und Europa bei?
Von Beamtinnen und Beamten
muss man zu Recht erwarten
können, dass sie sich uneinge
schränkt zu unserer freiheit
lich-demokratischen Grund
ordnung und dem vereinten
Europa bekennen und Flagge
zeigen für unsere gemeinsa
men Werte.
Das Interview ist auch in
den dbb Europathemen
erschienen.
CESI-Bildungskonferenz in Lissabon
Digitalisierung aktiv gestalten
„Die Digitalisierung ist unaufhaltsam und elementarer Be-
standteil der Zukunft. Die Schülerinnen und Schüler müssen
dafür an den Schulen methodisch und pädagogisch vorbereitet
werden. Wir haben hier die Möglichkeit, wirklich etwas zu ge-
stalten“, sagte der stellvertretende dbb Bundesvorsitzende
Jürgen Böhm bei einer Podiumsdiskussion der CESI in Lissabon
am 23. November 2018.
Böhm warnte aber auch da
vor, die Digitalisierung nicht
zu überhöhen und andere
Lehrmethoden aus den Au
gen zu verlieren. „In der digi
talen Welt ist es unabdingbar,
analog vorbereitet zu sein.
Digitale Tools sind Hilfsmittel
für professionell ausgebildete
Lehrkräfte“, betonte Böhm.
„Trotz des drohenden Lehrer
mangels darf die Qualität der
Lehrerausbildung auf keinen
Fall leiden. Wir brauchen
europaweit eine qualitative,
universitäre und möglichst
differenzierte Lehrerausbil
dung, um allen Herausforde
rungen gerecht zu werden.
Eine europäische Einheits
schule kann nicht die Lösung
sein.“ In den vergangenen
Jahren habe man auf der eu
ropäischen Ebene eine Über
bewertung der Akademisie
rung beobachten können.
„Darüber haben wir Investiti
onen in eine leistungsorien
tierte schulische und berufli
che Bildung vernachlässigt“,
kritisierte Böhm, „das müs
sen wir schnell ändern und
die Berufsausbildung in Zu
sammenarbeit mit der Wirt
schaft wieder mehr in den
Fokus rücken.“
Die Ergebnisse der Podiums
diskussion werden in das
Lehrkräfte-Manifest der CESI
einfließen, das auf der CESI-Bildungskonferenz in Lissa
bon erarbeitet wurde. Ein
großes Anliegen stellt für die
europäischen Lehrkräfte au
ßerdem die Wertevermitt
lung dar.
<
Michael Roth ...
... (SPD) ist seit 1998 Mit
glied des Deutschen Bun
destages und seit dem
17. Dezember 2013 Staats
minister für Europa im Aus
wärtigen Amt. Seit Januar
2014 ist er auch Beauftrag
ter für die deutsch-französi
sche Zusammenarbeit.
<
dbb Vize Jürgen Böhm
diskutierte auf dem
CESI-Panel in Lissabon.
© dbb
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dbb
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dbb magazin | Januar/Februar 2019