dbb magazin 3/2019 - page 16

fokus
hintergrund
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Mit der Digitalisierung ist
es in vielen Bereichen des
öffentlichen Dienstes noch
nicht so weit her .
Wer ist wohl der bessere Ar­
beitgeber: private Unterneh­
men oder Vater Staat? Wenn
Politiker sich mit den Arbeits­
bedingungen hierzulande aus­
einandersetzen, zeigen sie je­
denfalls nur allzu gerne mal
mit dem Finger auf die Wirt­
schaft. Aktuelles Beispiel:
Die Regierung will den „Miss­
brauch“ der „sachgrundlos“
befristeten Arbeitsverträge
eindämmen. So stand es
schon im Koalitionsvertrag.
Dabei nutzt die Bundesregie­
rung selbst genau solche Ver­
träge – bei fast 8000 ihrer
eigenen Mitarbeiter!
<<
Wie arbeitet es sich
so beim Staat?
Insgesamt arbeiten rund 4,7
Millionen Menschen direkt im
öffentlichen Dienst, davon 1,8
Millionen mit Beamtenstatus.
Beim Bund verschlingen die
Personalkosten ein knappes
Zehntel des gesamten Haus­
halts. Dabei machen typische
Verwaltungsjobs nur einen
kleinen Teil der Arbeitsplätze
aus: Viele Staatsdiener arbei­
ten im Gesundheits- oder im
Verkehrswesen, in Erziehung
und Bildung, in der Energie­
wirtschaft.
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Bezahlung und
Arbeitszeit
Der Staat galt lange als knause­
rig, die zusätzliche Altersvorsor­
ge der Beschäftigten aber als
durchaus anständig. Inzwischen
hat der Staat in Sachen Bezah­
lung etwas aufgeholt, doch in
der Industrie ist bei gleicher
Qualifikation meist mehr drin.
Das geht ganz oben los: Als Vor­
standsmitglied eines großen
Konzerns verdient man deutlich
mehr als die Bundeskanzlerin!
Bei normaleren Jobs kommt es
auf die Branche an.
So liegt zum Beispiel das Entgelt
für einfache Tätigkeiten in der
untersten Entgeltgruppe der
Kommunen bei gut 1 800 Euro
brutto. Das ist zwar mehr als im
Einzelhandel, wo die am nied­
rigsten entlohnten Verkaufshil­
fen zum Beispiel in NRWmit
rund 1600 Euro imMonat aus­
kommen müssen. Aber es ist
viel weniger als etwa in der
Metall- und Elektroindustrie,
wo das Einstiegsgehalt rund
2400 Euro brutto beträgt.
Was man wissen sollte: Die al­
lermeisten Staatsdiener arbei­
ten regelmäßig 39 bis 40 Stun­
den pro Woche (für Beamte
gelten sogar 40 bis 41 Stun­
den). Laut Umfrage der Bun­
desanstalt für Arbeitsschutz
und Arbeitsmedizin, kurz
BAUA, sind 41 Prozent min­
destens einmal pro Monat
amWochenende im Einsatz;
in der Industrie liegt diese
Quote bei 38 Prozent. Im Ver­
gleich zur Industrie beklagen
auch mehr öffentlich Beschäf­
tigte, dass sich ihre Arbeitszei­
ten betrieblich bedingt häufig
ändern würden.
<<
Wie steht’s um die
Jobsicherheit?
„Der öffentliche Dienst bietet
eine hohe Arbeitsplatz-Sicher­
heit“, wirbt die Regierung auf
ihren Internetseiten. Stimmt.
Pleite machen dürfte der Staat
ja eher nicht, Steuergeld kommt
immer rein … Fakt ist aber auch:
Öffentliche Arbeitgeber befris­
ten ihre Arbeitsverträge öfter
als viele private Unternehmen.
So ist in der öffentlichen Ver­
waltung insgesamt jeder Zehn­
te nur auf Zeit eingestellt. Zum
Vergleich: In der Industrie hat
nur jeder Fünfzehnte einen be­
fristeten Vertrag.
<<
Betriebsklima und
Arbeitsbedingungen
„Chef, hör uns doch endlich
mal zu!“ So könnte man zu­
sammenfassen, was sich viele
Staatsdiener laut Umfrage der
Deutschen Gesetzlichen Unfall­
versicherung wünschen: Jeder
Zweite fühlt sich „nicht in sei­
nen Interessen wahrgenom­
men“. Wer im öffentlichen
Dienst arbeitet, bewertet Si­
cherheit und Gesundheit am
Arbeitsplatz demnach schlech­
ter als Befragte in der Industrie.
In so mancher Amtsstube dürf­
te man sich zudem ein moder­
neres, sprich digitaleres Ar­
beitsumfeld wünschen. Viele
verbringen noch immer einen
Großteil ihrer Arbeitszeit da­
mit, Akten zu wälzen oder For­
mulare abzuheften. Das belegt
der „Index für digitale Wirt­
schaft und Gesellschaft“ der
EU-Kommission. Die föderale
Struktur unseres Landes, heißt
es in dem Bericht, werfe „spe­
zifische Schwierigkeiten bei der
Öffentlicher Dienst
Eine ganz andere Welt …
Der Staat als Arbeitgeber:
Kann er mit der Wirtschaft konkurrieren?
Ein Überblick.
© Jan Brenner
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