dbb magazin 4/2019 - page 33

von Forschungsergebnissen in
die Wirtschaft beschleunigen,
Verfügbarkeit von Fachkräften
und Experten fördern, Struktur­
wandel in Unternehmen und
am Arbeitsmarkt gestalten,
Rahmenbedingungen für die
ethische Anwendung künstli­
cher Intelligenz schaffen, euro­
päische und internationale Zu­
sammenarbeit zu KI-Themen
vertiefen und gesellschaftliche
Dialoge zu den Chancen und
Auswirkungen künstlicher Intel­
ligenz fördern.
Etwas konkreter wird das Stra­
tegiepapier, das sich in weiten
Teilen wie eine Agenda zur Wirt­
schaftsförderung liest, beim
Thema Verwaltung. Dort heißt
es: „KI soll auch für hoheitliche
Aufgaben genutzt werden, um
Informationen und Leistungen
zielgerichteter, passgenauer und
niedrigschwelliger für Bürgerin­
nen und Bürger sowie verwal­
tungsintern bereitzustellen.
Dadurch ändern sich für die Ver­
waltung sowohl Anforderun­
gen, Rahmenbedingungen und
Möglichkeiten.“ Das beinhalte
auch die datenschutzkonforme
Bereitstellung offener Verwal­
tungsdaten für die uneinge­
schränkte Weiternutzung und
den Aufbau einer Open-Data-
Plattform für den Bund.
Darüber hinaus sollen KI-Tech­
nologien die Arbeit der Sicher­
heitskräfte sowohl bei der
inneren wie äußeren Sicherheit
unterstützen und zur Gefahren­
abwehr beitragen, natürlich un­
ter ausreichender Kontrolle und
Transparenz: „KI und die damit
zusammenhängenden Anwen­
dungsmöglichkeiten bieten ob­
jektiv betrachtet, wie andere
Zukunftstechnologien auch,
Chancen und Risiken für die
staatliche Sicherheitsvorsorge.
Die Bundesregierung ist be­
strebt, diese Chancen zu er­
schließen und für Staat und
Gesellschaft rechtskonform
nutzbar zu machen. Insbeson­
dere in Bereichen, in denen es
um die Aufklärung, Analyse und
Auswertung von Daten geht,
aber auch im Hinblick auf mögli­
che Angriffe mit KI-basierten
Technologien gegen Staat, Wirt­
schaft und Gesellschaft, besteht
die Notwendigkeit, geeignete
Maßnahmen zur Gefahrenbe­
wertung und entsprechende
Schutzmechanismen zu entwi­
ckeln.“
Durch die Nutzung von KI könn­
ten aber auch neue Bedrohungs­
szenarien entstehen, beispiels­
weise zur Manipulation oder
Fälschung von Informationen.
„Selbst wenn wir eine spezifi­
sche, technisch denkbare An­
wendung aus politischen, recht­
lichen oder ethischen Gründen
künftig ausschließen sollten, ist
es dennoch erforderlich, sich mit
den möglichen Auswirkungen
ihrer Anwendung durch Dritte zu
befassen, um für Deutschland
und seine Bevölkerung eine alle
Aspekte umfassende staatliche
Sicherheitsvorsorge in der inne­
ren und äußeren Sicherheit ge­
währleisten zu können.“
<<
Zwischen Datenschutz
und Datenverfügbakeit
Die Bundesregierung betont in
ihrem Papier, dass die letztend­
lichen Entscheidungen, die auf­
grund der Verarbeitung von
Massendaten getroffen werden,
„auch künftig in der Hand der
Mitarbeiterinnen beziehungs­
weise der Mitarbeiter der Be­
hörden liegen werden“, und
nicht bei Maschinen.
Darüber hinaus seien die Ver­
fügbarkeit und Güte von Daten
für Methoden der KI und des
maschinellen Lernens zentrale
Voraussetzung und bestimmen­
de Faktoren für die Qualität der
Ergebnisse. Der Zugang zu Da­
ten sei aber vielfach beschränkt
– zum Teil aus rechtlichen
Gründen, zum Teil auf­
grund der faktischen
Datenherrschaft von
staatlichen und pri­
vaten Stellen. Die
Menge an nutzba­
ren, qualitativ
hochwertigen Da­
ten müsse zur Ver­
wirklichung der Zie­
le dieser Strategie
deutlich erhöht
werden, ohne dabei Persönlich­
keitsrechte, das Recht auf infor­
mationelle Selbstbestimmung
oder andere Grundrechte zu
verletzen.
Damit dürfte klar sein, dass die
KI-Strategie der Bundesregie­
rung insbesondere im Bereich
der hoheitlichen Nutzung von
KI Gesetzesänderungen nach
sich ziehen und eine breite po­
litische und gesellschaftliche
Debatte auslösen wird.
Das im dbb für Digitalisierungs­
fragen zuständige Bundeslei­
tungsmitglied Jürgen Böhm
weiß um die Chancen und Risi­
ken von KI-Anwendungen in der
Verwaltung: „Wir sehen große
Chancen für die künftige Arbeit
in den Verwaltungen, wenn die
Beschäftigten durch Automati­
sierung und den Einsatz künstli­
cher Intelligenz von zeitaufwen­
digen Routinearbeiten entlastet
werden. Dieser Prozess wird
aber nur erfolgreich sein, wenn
es gelingt, eine Kultur des ‚Mit­
nehmens und Mitgestaltens‘ zu
entwickeln, sowohl mit Blick auf
die Bürgerinnen und Bürger als
auch auf die Beschäftigten.“
Wo es um Ermessen, Gesetzes­
auslegung und die Berücksichti­
gung von Einzelfällen gehe,
müssten auch in der digitalen
Welt noch Handlungs- und Ent­
scheidungsspielräume erhalten
bleiben sowie Verantwortlich­
keiten nachvollzogen werden
können, erklärte der stellvertre­
tende dbb Bundesvorsitzende.
„Künstliche Intelligenz und Al­
gorithmen können Ent­
scheidungen un­
terstützen,
menschliche Entscheider aber
nicht ersetzen“, stellte Böhm
klar. „Maßgeblich für den Erfolg
des Digitalisierungsprozesses
ist, dass er durch bessere Füh­
rung, mehr Fort- undWeiterbil­
dung, einen ethischen Kompass
und durch zeitgemäße Mitbe­
stimmungsrechte in den Betrie­
ben und Verwaltungsdienststel­
len flankiert wird.“
Praktische Anwendungsmög­
lichkeiten für KI gibt es in der
Verwaltung einige. Felix Dinnes­
sen und Stefanie Halfmann von
der auf Telekommunikation spe­
zialisierten Unternehmensbera­
tung Detecon – eine Tochterge­
sellschaft der T-Systems GmbH
– haben in ihrem Aufsatz „Wie
Software-Roboter die öffent­
liche Verwaltung entlasten
können“ einige Perspektiven
entwickelt. „Innerhalb der öf­
fentlichen Verwaltung sind
zahlreiche Aufgabenbereiche
geprägt von einer dokumenten­
basierten Sachbearbeitung. Die
Mitarbeiterinnen und Mitarbei­
ter verfügen oftmals über eine
hohe Expertise in ihren jeweili­
gen Fachgebieten und üben an
ihren Wissensarbeitsplätzen
wichtige exekutive Funktionen
des Staates aus. Das Tätigkeits­
bild der Sachbearbeitung um­
fasst allerdings auch zahlreiche
repetitive Aufgaben wie die Be­
arbeitung von immer wieder­
kehrenden Standardanfragen,
das Ausfüllen von Formularen
oder die manuelle
layoutbild
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Das Rechenzentrum als Mitarbeiter:
Je mehr Prozesse automatisch ablaufen ...
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