Fragen & Antworten zur Pflegebegutachtung

Die Entscheidung, einen Antrag auf Feststellung eines Pflegegrades zu stellen, fällt vielen Menschen nicht leicht und ist häufig der Tatsache geschuldet, dass das Maß an Hilfebedürftigkeit keine andere Wahl lässt.

Umso größer ist die Verwunderung, Enttäuschung und ggf. auch die Wut, wenn das Begutachtungsergebnis nicht wie erwartet ausfällt.

Um den Ablauf der Pflegebegutachtung nachvollziehbarer zu machen, gibt es hier eine grafische Verfahrensbeschreibung.

Auch wenn die medizinische Fachkraft, die das Begutachtungsverfahren durchführt, sensibel und zugewandt vorgeht, fällt es vielen Menschen schwer, die eigenen Unzulänglichkeiten zu offenbaren. So kann ein falscher Eindruck über die tatsächlich vorliegenden Teilhabebeinträchtigungen entstehen, der zu einem verzerrten Bild des tatsächlichen Zustandes führt. Auch suggerieren einige Fragen das Gefühl, die Situation würde als schlecht eingeschätzt, obwohl die Antworten letztendlich bei der Berechnung des Pflegegrades keine Rolle spielen.

Ein Beispiel: Wird die Frage nach regelmäßigen Arzt- und Therapeutenbesuchen positiv beantwortet und eine hohe Zahl an Besuchen angegeben, so fließt dies dennoch nur dann in die Bewertung mit ein, wenn diese Besuche bereits regelmäßig seit mehr als sechs Monaten stattfinden. Hier kann es zu Missverständnissen kommen.

Umfangreiche Informationen zum Thema gibt es auch im "Leitfaden rund um den Pflegefall" beim dbb verlag.

Unabhängig davon entspricht das Begutachtungsergebnis in vielen Fällen nicht der (gefühlten) Realität, dies belegt die hohe Zahl an Widersprüchen. Ein Widerspruch kann sich also durchaus lohnen, das belegen die hohen Zahlen an korrigierten Bescheiden.

Aus diesem Grund soll die beigefügte schematische Darstellung einen ersten Anhaltspunkt geben, wie die Abläufe bei der Begutachtung und im Falle eines Widerspruchs sind. Die folgenden FAQ sollen darüber hinaus die wichtigsten Fragen beantworten.

Der Termin für die Begutachtung verzögert sich. Welche Rechte habe ich?

Nach Antragstellung auf Feststellung einer Pflegebedürftigkeit bei der zuständigen Pflegekasse wird sich diese mit dem Medizinischen Dienst Bund bzw. bei privat Versicherten mit MEDICPROOF, „dem medizinischen Dienst der Privaten“ in Verbindung setzen und dem Antragssteller/der Antragstellerin einen Termin zur Begutachtung vorschlagen. Sowohl die Begutachtung selbst als auch die schriftliche Mitteilung über das Begutachtungsergebnis (im Idealfall die Feststellung eines Pflegegrades) hat innerhalb von 25 Werktagen zu erfolgen. Es gibt auch kürzere Fristen, beispielsweise bei Feststellungserfordernis nach einem Krankenhausaufenthalt. Sollte diese Frist nicht eingehalten werden und liegt die Verzögerung nicht im Verschulden der antragstellenden Person, hat die Pflegekasse bzw. das private Versicherungsunternehmen eine Säumnisstrafe von 70 Euro pro angefangener Kalenderwoche an den Antragsteller zu leisten.

Die Regelung findet sich in § 18c Abs. 5 SGB XI

Ab wann erhalte ich Leistungen aus der Pflegeversicherung nach Antragstellung?

Die Leistungen der Pflegeversicherung entsprechend dem in der Begutachtung festgestellten Pflegegrad werden rückwirkend ab Datum des Antragseingangs bei der Pflegekasse bzw. dem privaten Versicherungsunternehmen gezahlt.

Sollte ich nicht mit dem Begutachtungsergebnis einverstanden sein, weil etwa der festgestellte Pflegegrad aus meiner Sicht zu niedrig bemessen ist: wo und wie lege ich Widerspruch ein?

Nach Erhalt des Begutachtungsergebnisses besteht die Möglichkeit, der Begutachtung innerhalb von vier Wochen nach Erhalt des Bescheides zu widersprechen. Zur Fristwahrung genügt zunächst ein kurzer formloser Widerspruch mit dem Hinweis, dass eine Widerspruchsbegründung nachgereicht wird. Die Pflegekasse bzw. das private Versicherungsunternehmen wird den Widerspruch prüfen und ggf. weitere Unterlagen anfordern und ggf. eine erneute Begutachtung anstoßen. Sollte dem Widerspruch nicht stattgegeben werden, kann der Vorgang an den Widerspruchsausschuss weitergeleitet werden, der dann nach Aktenlage entscheidet.

Sollte weiterhin Dissens über das Begutachtungsergebnis bestehen, steht der antragstellenden Person innerhalb von vier Wochen der Klageweg vor dem jeweiligen Sozialgericht offen.

Sollte ein Widerspruchsverfahren vor Gericht landen, welche Kosten kommen auf mich zu und muss ich mich anwaltlich vertreten lassen?

Das Verfahren vor dem Sozialgericht ist grundsätzlich kostenfrei. Das bedeutet, dass für Sie als Kläger/Klägerin keine Gerichtskosten anfallen, unabhängig davon, ob die Klage erfolgreich ist oder nicht. Gleiches gilt auch für Gutachten, die das Gericht in Auftrag gibt, auch hier muss der Kläger/die Klägerin keine Kosten tragen, unabhängig vom Ausgang des Verfahrens.

Eine anwaltliche Vertretung ist nicht erforderlich. Sie als Kläger/Klägerin können den Prozess alleine führen. Aufgrund des beim Sozialgericht geltenden Amtsermittlungsgrundsatzes ist das Gericht verpflichtet, den entscheidungserheblichen Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln und aufzuklären.

Forum Inklusion und Teilhabe

Forum Inklusion und Teilhabe

„Inklusiver Arbeitsmarkt: Pandemie als Katalysator?“