Leitantrag Arbeitsrecht
Positionen des dbb im Arbeitsrecht
Den Wandel der Arbeitswelt durch neue Technologien, digitales Arbeiten aber auch die geänderte Einstellung der Beschäftigten zu ihrer Arbeit, gilt es auch künftig aktiv gewerkschaftlich zu begleiten. Die bisherigen Regelungen des Arbeitsrechts sind weiter zu entwickeln und den tatsächlichen Gegebenheiten anzupassen, um die Interessen der Beschäftigten zu wahren.Das Arbeitsrecht als Arbeitnehmerschutzrecht hat eine erhebliche Bedeutung für den sozialen Frieden. Arbeitsrechtliche Regelungen sollten diese Bedeutung widerspiegeln und alle Beschäftigungsgruppen im Blick haben. Dabei gilt es, Vorschriften zum Schutz der Beschäftigten zu erhalten und im Sinne dieser weiterzuentwickeln. Einem Aufweichen bestehender Schutzvorschriften, wie beispielsweise dem Arbeitszeitgesetz, muss entgegengetreten werden.
Es gilt Arbeitsformen einzuschränken, die für die Beschäftigten eine erhebliche Belastung darstellen, wie zum Beispiel die Befristung von Arbeitsverträgen. Es gilt aber auch Arbeitsformen zu fördern, bei denen die Beschäftigten mehr Einfluss auf die Lage, die Dauer und den Ort der Arbeitserbringung erhalten. Beschäftigten ist ein flexibles Arbeiten passend zur jeweiligen Lebenssituation zu ermöglichen.
Der dbb vertritt zu einzelnen Regelungsbereichen des Arbeitsrechts folgende Positionen:
Befristung von Arbeitsverträgen
Trotz der seit Jahren von Arbeitgebenden vorgetragenen Behauptung, dass sich aufgrund des steigenden Fachkräftebedarfs die Anzahl von Befristungen verringern werde, ist festzustellen, dass dem nicht so ist. Der Anteil befristeter Arbeitsverhältnisse ist immer noch auf einem hohen Stand. 2019 war fast jede zweite Neueinstellung befristet, rund 60 Prozent davon ohne Sachgrund. Der hohe Anteil der befristeten Arbeitsverträge gerade bei Neueinstellungen zeigt, dass das Instrument der Befristung von Arbeitsverhältnissen missbräuchlich verwendet wird, um das Kündigungsschutzgesetz auszuhöhlen. Ein befristetes Arbeitsverhältnis zu haben, vielfach über einen längeren Zeitraum durch aufeinanderfolgende befristete Verträge, verändert zunehmend das Arbeitsleben und das Verhalten der einzelnen Beschäftigten. Es führt bei den Betroffenen in sämtlichen Lebensbereichen zu Unsicherheiten bei der Planung für die Zukunft. Wer einen befristeten Arbeitsvertrag hat, wird kaum längerfristige Verbindlichkeiten eingehen, etwa zur Finanzierung eines Eigenheims. Kredite sind nur unter erschwerten Bedingungen zu erhalten. Planungen zur Gründung einer Familie werden möglicherweise aufgeschoben. Auch fällt es Menschen mit befristeten Arbeitsverträgen schwerer, sich für gute Arbeitsbedingungen einzusetzen, da sie damit rechnen müssen, dass ihr befristetes Arbeitsverhältnis aufgrund ihres Eintretens für ihre Rechte unter Umständen nicht mehr verlängert bzw. nicht entfristet wird.
Daher fordert der dbb folgende Forderungen unverzüglich umzusetzen.
- Der dbb fordert, die Möglichkeit zur sachgrundlosen Befristung abzuschaffen. Befristungen ohne Sachgrund waren ursprünglich als Ausnahme gedacht, heute sind sie weit verbreitete Praxis und öffnen dem Missbrauch zur Umgehung des Kündigungsschutzgesetzes Tür und Tor.
- Auch stellt die Befristung des Arbeitsverhältnisses zur Erprobung eine nicht hinnehmbare Ausweitung der sechsmonatigen Probezeit im Rahmen eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses dar. Der dbb spricht sich gegen eine Befristung eines Arbeitsverhältnisses zur Erprobung aus.
- Der dbb lehnt eine Befristung von Arbeitsverträgen aus haushaltsrechtlichen Gründen ab. Der Sachgrund der Haushaltsbefristung ist aufgrund der freien Gestaltbarkeit für den Normgeber äußerst missbrauchsanfällig. Öffentliche Arbeitgebende müssen sich darüber hinaus auch ihrer Vorbildfunktion bewusst sein.
- Für sachlich begründete Befristungen muss eine geeignete gesetzliche Regelung geschaffen werden, die stetig aufeinander folgende befristete Arbeitsverhältnisse (Kettenbefristungen) verhindert und in unbefristete überführt. Befristete Beschäftigungsverhältnisse sind auf das notwendige Maß zu beschränken.
- Die Regelungen des Befristungsrechts sind auf ihre Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt und insbesondere auf das Arbeitsleben hin zu überprüfen. Vorschriften, die Missbrauch erlauben, müssen geändert werden.
Arbeiten in Teilzeit
Umfang oder Lage der Arbeitszeit entsprechen oftmals nicht den Wünschen der Beschäftigten. Generell ist Teilzeitarbeit unter Frauen deutlich stärker verbreitet als unter Männern, insbesondere, wenn Kinder im Haushalt leben, reduzieren Frauen häufig ihre Arbeitszeit.
Dabei führt die Entscheidung, die Arbeitszeit zu reduzieren, oftmals zu einer unumkehrbaren Situation, wenn den Beschäftigten die Möglichkeit verwehrt wird, ihre Arbeitszeit wieder aufzustocken. Hinzu kommt, dass Teilzeiterwerbstätigkeit oft mit weitreichenden Nachteilen verbunden ist. Zu nennen sind hier die Fragen der sozialen Sicherung, Beschränkungen der Karrieremöglichkeiten und Entgeltdiskriminierung.
Trotz der Einführung einer sogenannten „Brückenteilzeit“, die es den Beschäftigten ermöglicht, zeitlich begrenzt ihre Arbeitszeit von Vollzeit auf Teilzeit zu reduzieren, lassen die bestehenden gesetzlichen Rahmenbedingungen eine wirkliche Arbeitszeitsouveränität und flexibles Arbeiten der Beschäftigten nicht zu.
- Der dbb fordert, die Beschäftigten in die Lage zu versetzen, ihre Arbeitszeit flexibel an ihre Lebenssituation anzupassen.
- Den Wunsch nach Reduzierung der Arbeitszeit sollen Arbeitgebende nur noch aus dringenden betrieblichen Gründen ablehnen können. Der dbb spricht sich dafür aus, eine Komponente der Interessenabwägung in das Gesetz aufzunehmen. Die Interessen des Arbeitgebenden und des Beschäftigten sind gegeneinander abzuwägen. Insbesondere familiäre Verpflichtungen sind hier gewichtige Gründe für eine Reduzierung des Arbeitszeitumfanges und bei der Bestimmung der Lage der Arbeitszeit.
- Eine Erhöhung des Arbeitszeitumfanges ist zu erleichtern. Eine Aufstockungsmöglichkeit soll auch durch Zusammenlegung der bisher ausgeführten Teilzeitstelle mit einer neu geschaffenen oder einer frei werdenden Teilzeitstelle möglich sein. Die Darlegungs- und Beweislast bei der Frage, ob der Beschäftigte bei Erhöhung des Stundenumfanges für die freie Stelle fachlich qualifiziert und geeignet ist, ist umzukehren, wenn der Beschäftigte vor Reduzierung der Stundenzahl bereits diese Stelle oder eine vergleichbare innehatte.
- Der Anspruch auf Flexibilisierung des Arbeitszeitumfanges ist auch in kleineren Betrieben einzuräumen.
Leiharbeit
Leiharbeit sollte ursprünglich zur Abdeckung von Auftragsspitzen dienen. Längst wird diese Form der vertraglichen Gestaltung auch dazu genutzt, Stammbeschäftigte auszutauschen und/oder Lohndumping zu betreiben.
- Der dbb fordert, den Missbrauch der Leiharbeit wirkungsvoll durch geeignete gesetzliche Regeln und effektivere Rechtsdurchsetzung einzudämmen.
- Der Tarifvorbehalt im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) muss hierzu zugunsten einer bedingungslosen Geltung des Gleichbehandlungsgrundsatzes von Leiharbeitnehmern und Stammbeschäftigten gestrichen werden. Diese Gleichbehandlung muss vom ersten Tag an gewährt werden.
- Der Gesetzgeber hat ferner konkrete Tatbestände in das Gesetz aufzunehmen, bei deren Vorliegen vermutet wird, dass es sich um einen Scheinwerkvertrag handelt.
- Der dbb fordert eine gesetzliche Höchstdauer der Arbeitnehmendenüberlassung, die nicht durch tarifvertragliche Regelungen aufgehoben bzw. verlängert werden kann.
- Leiharbeit darf nicht dazu führen, Stammbeschäftigte zu verdrängen. Durch das derzeitige Abstellen auf die Person des überlassenen Arbeitnehmenden und nicht auf den Arbeitsplatz wird diese Verdrängung nicht verhindert.
- Der dbb fordert, dass Leiharbeitnehmende ausnahmslos nicht in bestreikten Betrieben eingesetzt werden dürfen.
Begründung: