Leitantrag Rentenpolitik
Positionen des dbb zur Rentenpolitik
Ausgangssituation
Die Prognostizierbarkeit der wirtschaftlichen und finanziellen Rahmendaten fällt zunehmend schwerer. Die innen- und außenpolitischen Unsicherheitsfaktoren nehmen in der letzten Zeit erheblich zu. In Deutschland wird sich der demografische Wandel jedoch voraussehbar auch auf die Finanzen der Alterssicherungssysteme und die Finanzierung staatlichen Handelns durch Steuern auswirken.
Auch in der Rentenpolitik sind die notwendigen Änderungen und Anpassungen so auszurichten, dass sie den Bedürfnissen der heutigen Generation entsprechen, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen.
Umso wichtiger ist es, die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und die Finanzierungsgrundlagen der Rentenversicherung zu verbessern. Hierzu gehört eine verstärkte Erwerbsbeteiligung bislang am Arbeitsmarkt unterrepräsentierter Bevölkerungsgruppen, um die Basis der paritätisch von Arbeitgebern und Arbeitnehmern umlagefinanzierten gesetzlichen Rentenversicherung zu sichern. Hierzu ist es unabdingbar, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf dauerhaft zu verbessern. Die gezielte Zuwanderung von Fachkräften in die Bundesrepublik Deutschland und deren Integration in den Arbeitsmarkt kann helfen, die demografiebedingten Austritte zumindest abzudämpfen.
Vor diesem Hintergrund verfolgt der dbb folgende Ziele:
Rentenniveau
Die gesetzlich festgeschriebene weitere Kürzung des Rentenniveaus wird das Problem der Altersarmut weiter verschärfen. Der dbb tritt demgegenüber für eine angemessene Beteiligung der Beschäftigten und Rentner an der wirtschaftlichen Entwicklung ein. In der gesetzlichen Rentenversicherung muss ein Rentenniveau gewahrt bleiben, das – zumindest im Zusammenspiel mit einer zusätzlichen betrieblichen oder privaten Vorsorge – eine Lebensstandardsicherung im Alter gewährleistet. Für weitere Niveauabsenkungen ist insoweit kein Raum. Die Kürzungsfaktoren müssen daher aus der Rentenanpassungsformel entfernt werden, so dass die Entwicklung der Löhne und Gehälter wieder voll bei den Rentnerinnen und Rentnern ankommt. Damit wird das Rentenniveau auf dem gegenwärtigen tatsächlichen Stand stabilisiert und nicht wie bislang vorgesehen weiter abgesenkt, Altersarmut wird entgegengewirkt. Fortgesetzte Verringerungen der Ansprüche würden zudem das System an sich in Frage stellen, wenn den geleisteten Beiträgen keine adäquaten Leistungen mehr gegenüberstehen.
Erwerbsminderungsrenten
Ein bereits jetzt vielfach von Altersarmut betroffener Personenkreis sind Menschen, die aus gesundheitlichen Gründen vorzeitig aus dem Berufsleben ausscheiden mussten und eine Erwerbsminderungsrente beziehen. Der dbb fordert über die bei den Erwerbsminderungsrenten bereits vorgenommenen Verbesserungen (Verlängerung der Zurechnungszeiten und Nichtberücksichtigung bestimmter Versicherungszeiten, soweit diese den Anspruch verringern würden) hinaus deren Wirkung auch für Bestandsrentner sowie die Abschaffung des dauerhaften Rentenabschlages von regelmäßig 10,8 Prozent. Schließlich beziehen Erwerbsminderungsrentner ihre Rente nicht freiwillig vorzeitig, sondern weil sie krankheitsbedingt nicht mehr arbeiten können.
Regelaltersgrenze
Die Möglichkeiten eines flexiblen Renteneintritts unterhalb und oberhalb der Regelaltersgrenze müssen weiter ausgebaut werden. Eine weitere Anhebung der gesetzlichen Regelaltersgrenze wird entschieden abgelehnt. Tatsächlich sind zunächst erst einmal Bedingungen zu schaffen, die es den Menschen ermöglichen, bis zur aktuellen Regelaltersgrenze arbeiten zu können. Außerdem muss eine mögliche Weiterarbeit insoweit freiwillig sein, als dass die Beschäftigten nicht etwa durch eine zu niedrige Rentenhöhe gezwungen sind, weiter einer Beschäftigung nachzugehen. Wichtig wäre weiterhin eine verbesserte Möglichkeit des gleitenden Übergangs in den Ruhestand wie beispielsweise durch die weitere Verbesserung, Flexibilisierung und Vereinfachung der Hinzuverdienstregelungen. Für diejenigen, die freiwillig über die Altersgrenze hinaus tätig sein wollen, sind flexiblere Modelle und Anreize zu entwickeln, die den individuellen Möglichkeiten und Bedürfnissen sowie dem Gesundheitszustand und der Leistungsfähigkeit älterer Beschäftigter Rechnung tragen. In diesem Zusammenhang müssen allerdings neben der Verbesserung der Präventions- und Rehabilitationsangebote seitens der Sozialversicherung auch von Arbeitgeberseite verstärkt Maßnahmen zur Gesundheitserhaltung und -förderung ergriffen werden.
Information
Es ist notwendig, alle Versicherten frühzeitig über den Stand und die erwartbare Höhe ihrer jeweiligen Alterssicherung zu informieren. Es muss mehr Transparenz über das Alterssicherungsrisiko geschaffen und dabei auch offengelegt werden, welche Einbußen in der Alterssicherung beispielsweise aus längerfristiger Teilzeitbeschäftigung oder Mini-Jobs folgen. Die bereits bestehenden Informationsangebote müssen daher ausgeweitet und noch niedrigschwelliger ausgestaltet werden damit entsprechende Handlungsnotwendigkeiten deutlich werden. Die trägerübergreifende Vorsorgeinformation ist insoweit ein Schritt in die richtige Richtung.
Finanzierung
Die paritätische Finanzierung der Sozialversicherungsbeiträge durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer hat sich bewährt. Das Umlagesystem in der Rentenversicherung hat in der Vergangenheit für eine stabile Finanzgrundlage gesorgt. Mit dem demografischen Wandel wird die Umlagefinanzierung vor neue Herausforderungen gestellt. Nach Dafürhalten des dbb muss am Umlagesystem grundsätzlich festgehalten werden. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der aktuellen Niedrigzinsphase, deren Ende nicht absehbar ist. Darüber hinaus wäre eine vollständige Kapitaldeckung beispielsweise der Rentenversicherung schlicht nicht finanzierbar. Allerdings ist eine Stabilisierung der Finanzgrundlagen durch die Einführung einer Teilkapitaldeckung, insbesondere in der Alterssicherung, durchaus zielführend. Insoweit ist die Idee kapitalgedeckter Elemente in der gesetzlichen Rentenversicherung ein interessanter Ansatz.
Die vorgeschlagenen Maßnahmen zur Verbesserung des Leistungsniveaus der gesetzlichen Rentenversicherung sind aus unterschiedlichen Quellen zu finanzieren.
Zunächst ist sicher zu stellen, dass die versicherungsfremden Leistungen - wie zum Beispiel aus der letzten Zeit die Mütterrente bzw. Grundrente - als gesamtgesellschaftliche Aufgaben künftig vollständig aus Steuermitteln und nicht aus Beiträgen finanziert werden. Auch wird eine stärkere Steuerfinanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung vor dem Hintergrund des demografischen Wandels unumgänglich sein. Die Mittel des Bundes zur Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung sind daher aufzustocken. Der Bundeszuschuss kann damit auch seiner allgemeinen Sicherungsfunktion der gesetzlichen Rentenversicherung besser gerecht werden. Auch eine moderate Anhebung des Beitragssatzes zur Rentenversicherung erscheint vor dem Hintergrund besserer Leistungen jedenfalls vertretbar.
Keine sinnvolle Finanzierungsvariante ist die Anhebung respektive eine gänzliche Aufhebung der Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung oder Ausweitung der beitragspflichtigen Einnahmen. Da den mit einer Ausweitung der Bemessungsgrundlage verbundenen Mehreinnahmen auch höhere zukünftige Anwartschaften und Ansprüche gegenüberstehen, verschieben sich Lasten lediglich in die Zukunft – wie bei einer Ausweitung des versicherungspflichtigen Personenkreises. So wäre eine Versicherungspflicht von Beamten in der gesetzlichen Rentenversicherung ebenfalls kein Beitrag zur nachhaltigen Sicherung dieses Systems. Kurzfristig erzielbaren Beitragsmehreinnahmen stünden später hohe Mehrausgaben wegen entsprechender Rentenansprüche gegenüber, die langfristig negativ wirken würden. Zudem würden die Anstrengungen zur Kapitaldeckung und damit generationengerechten Finanzierung der Beamtenversorgung zunichte gemacht.
Betriebliche Altersversorgung
Die betriebliche Altersversorgung ist als zweite Säule innerhalb des Gesamtsystems der Alterssicherung weiter zu stärken und zu fördern. Gerade auch vor dem Hintergrund der strukturellen Veränderungen in der Arbeitswelt und in der Gesellschaft sowie der damit verbundenen Probleme für die Alterssicherung ist ihr Ausbau unumgänglich. Insoweit ist eine bessere Verteilung der Leistungen erforderlich. Ziel muss es sein, möglichst alle Arbeitnehmer und insbesondere auch die mit geringeren Entgelten und höheren Arbeitsmarktrisiken in weit höherem Maße einzubeziehen. Keinesfalls darf - insbesondere im Bereich des öffentlichen Dienstes - ein Modell einer reinen Beitragszusage Raum greifen, da den Arbeitnehmern damit keine konkreten Rentenleistungen mehr garantiert würden und der Ruhestand in finanzieller Hinsicht nicht mehr planbar wäre.
- Stabilisierung des Rentenniveaus
- keine weitere Anhebung der Regelaltersgrenze
- bessere Möglichkeiten eines flexiblen Renteneintritts unterhalb und oberhalb der Regelaltersgrenze
- weitere Verbesserung der Erwerbsminderungsrenten
- frühzeitige und umfassende Information über Altersversorgungsansprüche
- sachgerechte Finanzierung versicherungsfremder Leistungen aus Steuermitteln
- Stärkung der betrieblichen Altersvorsorge
Begründung: