Leitantrag Tarifeinheitsgesetz
Schlechte Bilanz für das Tarifeinheitsgesetz,Tarifpartnerschaft stärken
Der dbb beamtenbund und tarifunion lehnt den gesetzlich verankerten Grundsatz der Tarifeinheit weiterhin strikt ab. Auch in Zukunft setzt sich der dbb beamtenbund und tarifunion für eine pluralistische Gewerkschaftslandschaft und für freiwillige Tarifpartnerschaften auf Augenhöhe sowie gegenseitigem Respekt in Deutschland ein.
Begründung:
Durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts im Juli 2017 sah sich der dbb beamtenbund und tarifunion gezwungen vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg zu ziehen. Der dbb beamtenbund und tarifunion hat im Dezember 2017 gegen das ursprüngliche Tarifeinheitsgesetz (TEG) Beschwerde vor dem Straßburger Gericht erhoben. Aus Sicht des dbb beamtenbund und tarifunion verletzt das Tarifeinheitsgesetz vom 3. Juli 2015 das Grundrecht aus Artikel 11 Absatz 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK). Es wird erwartet, dass der EGMR ohne mündliche Verhandlung zu einer Entscheidung kommen wird.
Am 13. März 2019 hat der dbb beamtenbund und tarifunion zudem gegen die seit 2019 geltende Neuregelung zur Tarifkollision Verfassungsbeschwerde eingelegt. Diese hat die 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts nicht zur Entscheidung angenommen. In der Begründung heißt es, die Verfassungsbeschwerde sei nachranging. Die aufgeworfenen Fragen müssten also zunächst von den Fachgerichten an einem konkreten Fall geklärt werden.
Daher steht fest, dass das TEG mit seinen negativen Auswirkungen und trotz zahlreicher offener Rechts- und Sachfragen aktuell theoretisch Anwendung finden kann. Dass das TEG in der Praxis auf große Untauglichkeit stößt, zeigt sich gegenwärtig auch am Beispiel des Konflikts zwischen der GDL – Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer und der Deutschen Bahn AG. Letztere verkündete im März 2021 gegenüber der Mitgliedsgewerkschaft GDL das TEG anzuwenden und legte unter anderem die Mehrheiten in den Betrieben des Konzerns willkürlich fest. Zur Feststellung der tatsächlichen betrieblichen Mehrheiten wurden bereits verschiedene Gerichtsverfahren durch die GDL eingeleitet.
Anders als von den Gesetzgebenden erörtert, führt das Gesetz also nicht zur Befriedung unter den Gewerkschaften. Durch die Geltung des Mehrheitstarifvertrages durch das Gesetz ist für die bestehenden Gewerkschaften vielmehr ein Anreiz zur Konfrontation entstanden, um im jeweiligen Betrieb die Mehrheit der Mitglieder zu gewinnen. Für eine freiwillige Zusammenarbeit mit der zahlenmäßig kleineren gewerkschaftlichen Konkurrenz besteht keinerlei Notwendigkeit.
Der Grundsatz der Tarifeinheit ist nicht dazu geeignet, die Tarifautonomie zu schützen und die Zusammenarbeit der Gewerkschaften zu fördern. Anders als die Gesetzesbegründung es vorsieht, werden konkurrierende Gewerkschaften nicht bereits vor der Aufnahme von Tarifverhandlungen zur Zusammenarbeit motiviert, Zuständigkeiten und Positionen abzustimmen und letztlich einheitliche Verhältnisse im Betrieb zu gewährleisten. Vielmehr verlieren die durch Gewerkschaften freiwillig und ohne gesetzlichen Zwang erfolgten Verhandlungsabsprachen an Wert, da kraft Gesetzes ausschließlich der Tarifvertrag der Mehrheitsgewerkschaft Anwendung findet.
Bereits in der Vergangenheit hat der dbb beamtenbund und tarifunion die Bedeutung und den Wert von freiwilligen Tarifpartnerschaften hervorgehoben und in zahlreichen Tarifrunden mit unterschiedlichen Tarifpartnerinnen und Tarifpartnern erfolgreich auf Augenhöhe und mit großem Respekt füreinander gelebt. Dem dbb beamtenbund und tarifunion gelang es bisher stets, gemeinsam und in Absprache mit seinen zahlreichen Tarifpartnerinnen und Tarifpartnern in unterschiedlichen Tarifrunden auch und gerade trotz gewerkschaftspolitischer Unterschiede, bestmögliche Ergebnisse für seine Mitglieder in den Tarifverhandlungen zu erreichen. Aus Sicht des dbb beamtenbund und tarifunion ist es daher nur konsequent und zielführend, auch weiterhin freiwillige Tarifpartnerschaften zu leben und die gesetzlich verordnete Tarifeinheit strikt abzulehnen.
Es besteht weiterhin die Aufgabe, Einfluss auf das Gesetzgebungsverfahren zu nehmen und möglichst auf eine ersatzlose Streichung des Gesetzes hinzuwirken.