Preparedness-Strategie
Bereit für Großkrisen? - Die EU plant für den Ernstfall
Der dbb begrüßt die Mitteilung der EU-Kommission und der Hohen Vertreterin zu einer "Bereitschaftsunion" und betont den Wert des Berufsbeamtentums.
Der Gegenstand der Mitteilung ist aus dbb Sicht angesichts der geopolitischen Entwicklungen von äußerster Dringlichkeit. Die Union und ihre Mitgliedstaaten müssten nicht nur adäquat auf Krisen reagieren können, sondern sich proaktiv auf verschiedenste Szenarien einstellen, ihre demokratischen Institutionen, ihre Ressourcen und ihre Infrastruktur darauf ausrichten und neben militärischer Abschreckung auch gesellschaftlichen Zusammenhalt und Resilienz fördern.
Der dbb warnt mit Blick auf die Schaffung neuer Institutionen davor, das Ziel der „Preparedness“, der Bereitschaft, durch zusätzliche Bürokratie zu gefährden. Er plädiert vielmehr dafür, die bestehenden Strukturen zu optimieren und vor allem in die in den meisten Mitgliedstaaten über viele Jahre vernachlässigten öffentlichen Dienste und die in diesen beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu investieren.
Aus Sicht des dbb kommt einem voll funktionsfähigen, im Hinblick auf Personal und Ausstattung qualitativ hochwertigen öffentlichen Dienst für die Vorbereitung auf Krisenszenarien allergrößte Bedeutung zu:
"Der öffentliche Dienst vollzieht transparent und überprüfbar die rechtmäßigen Entscheidungen demokratischer Politik. Seine Strukturen bilden die staatliche und die überstaatliche Ordnung von den Kommunen bis zur Europäischen Union ab. In ihnen spiegeln sich historisch gewachsene Vorstellungen vom Verhältnis des einzelnen Bürgers, der einzelnen Bürgerinnen zum Gemeinwesen. Europa ist in Vielfalt geeint. In allen nach wie vor von demokratischen Kräften regierten EU-Mitgliedstaaten wie auch in der Union selbst dienen die Beschäftigten des öffentlichen Diensts dem demokratischen Souverän und geben der freiheitlich-demokratischen Grundordnung und dem damit untrennbar verbundenen Rechtsstaat ein menschliches Gesicht.
In einzelnen EU-Mitgliedstaaten können die öffentlich Bediensteten diese wichtige Funktion nicht mehr uneingeschränkt wahrnehmen, weil sie eben nicht voraussetzungslos ist. In autoritären Regimen, ob sie aus demokratischen Wahlen hervorgegangen sind oder nicht, geht die Rechtsstaatlichkeit verloren. Die vielerorts zu beobachtenden Angriffe auf die Unabhängigkeit der Justiz, die Medienfreiheit, eine freie und vielfältige Zivilgesellschaft zerstören den Rechtsstaat, ohne den es keine freiheitliche Demokratie geben kann. Demokratie und Rechtsstaatlichkeit sind ebenso wie die allgemeinen Menschenrechte, die nur durch erstere gesichert werden können, unteilbar.
Das freiheitlich-demokratische Nachkriegsdeutschland hat sehr gute Erfahrungen mit der Institution eines modernisierten Berufsbeamtentums gemacht. Die besondere Bindung der Beamtinnen und Beamten an Verfassung, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit sichert ihnen das Recht auf Remonstration und den Schutz vor nicht rechtmäßigen Weisungen. Damit trägt das deutsche Berufsbeamtenrum wesentlich zu den Checks and Balances der Demokratie bei. Es unterstützt mit seinen besonderen dienstrechtlichen Merkmalen - der Unabhängigkeit und Neutralität, dem Leistungsgrundsatz sowie dem Lebenszeitprinzip - maßgeblich die Resilienz gegen Angriffe von innen wie von außen sowie die Bereitschaft, im Sinne des Schutzes von Staat, öffentlichen Gütern und damit der Bevölkerung zu agieren.
Weil die Gefährdungen von innen und von außen kommen, Bedrohungen von außen auch von Kräften im Inneren unterstützt werden, muss die Bereitschaftsunion dem Umstand Rechnung tragen, dass sie nur unter der Voraussetzung der erfolgreichen Verteidigung der freiheitlichen Demokratie einen Sinn ergibt. Es ist deshalb wichtig, dass die Bereitschaftsunion aufs engste mit dem angekündigten Europäischen Demokratieschild verbunden wird. Dazu gehört auch eine verstärkte Zusammenarbeit der EU-Mitgliedstaaten im Bereich der inneren Sicherheit, insbesondere im Kampf gegen Desinformation, hybride Bedrohungen und Cyberangriffe, die gezielt darauf abzielen, demokratische Strukturen zu destabilisieren.
Die Herstellung einer weitgehend autonomen europäischen Verteidigungsfähigkeit geht aus Sicht des dbb Hand in Hand mit einem robusten, breit aufgestellten Zivil- und Katastrophenschutz und mit gesellschaftlicher Resilienz, für die mehr sozialer Zusammenhalt unverzichtbar ist, sowie mit wirksamen Mechanismen gegen illiberale Angriffe auf die freiheitlich-demokratische Grundordnung. Für all diese Bereiche braucht es eine moderne, bürgernahe, handlungsfähige öffentliche Verwaltung. Diese muss durch Investitionen in Personalentwicklung, Digitalisierung und institutionelle Kooperationen gestärkt werden."