• Demo gegen Tarifeinheit
    <!--Der dbb wehrt sich gegen Einschränkungen des Grundrechts der Koalitionsfreiheit und des Streikrechts. Hier bei einer Demo 2011 vor dem Bundeskanzleramt.-->

dbb plädiert für Veröffentlichung

Tarifeinheitsgesetz: Bundestags-Gutachten bezweifelt Verfassungsmäßigkeit

Ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages hegt erhebliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des von Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) auf den Weg gebrachten Tarifeinheitsgesetzes. Das Gutachten, in Auftrag gegeben von der Abgeordneten Beate Müller-Gemmeke (Bündnis 90/Die Grünen), kommt zu dem Schluss, dass das Gesetz einen Eingriff in die kollektive Koalitionsfreiheit nach Artikel 9 Absatz 3 des Grundgesetzes darstellt, wie Müller-Gemmeke gegenüber der Tageszeitung „Die Welt“ (Ausgabe vom 10. Februar 2015) berichtete.

Tarifeinheit

Dass dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zufolge Arbeitskämpfe als unverhältnismäßig zu interpretieren seien, wenn sie den Abschluss eines Minderheitentarifvertrages bezwecken, hatte der dbb von Beginn an als verfassungswidrigen Eingriff in Streikrecht und Koalitionsfreiheit kritisiert, der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags sehe das ebenfalls kritisch, bestätigte nun Müller-Gemmeke. Eingriffe in Grundrechte könnten den Autoren zufolge zwar möglich sein, aber nur, wenn sie gerechtfertigt seien. Das offizielle Ziel des Gesetzes, die Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie zu sichern, reiche dafür nicht aus. Außerdem habe es weder eine bedeutende Zunahme von Arbeitskämpfen gegeben, seit das Bundesarbeitsgericht 2010 das Prinzip der Tarifeinheit in Betrieben modifiziert hat, noch sei der Betriebsfrieden zunehmend gefährdet, heiße es in dem Gutachten weiter. Die vom Gesetzgeber angeführte Ordnungsfunktion der gesetzlichen Tarifeinheit sei nicht genügend belegt und stelle keinen Grund für einen Eingriff in die Koalitionsfreiheit dar, urteilen laut Müller-Gemmeke die Gutachter. Auch die Betroffenheit Dritter bei Streiks im Bereich der Daseinsvorsorge könne dem Gutachten zufolge die gesetzliche Tarifeinheit nicht rechtfertigen.

Der dbb Bundesvorsitzende Klaus Dauderstädt plädierte für eine Veröffentlichung des Gutachtens: „Wir sehen unsere Positionen erneut kompetent und parteipolitisch neutral bestätigt und würden es sehr begrüßen, wenn sich der Deutsche Bundestag für eine Veröffentlichung dieser wichtigen Analyse entscheidet. Immerhin geht es um ein elementares Grundrecht unserer Verfassung, das in Gefahr ist, insofern besteht ein sehr gut begründetes Interesse der Öffentlichkeit an umfassenden und fundierten Informationen.“

Der Wissenschaftliche Dienst in der Verwaltung des Deutschen Bundestages unterstützt die Abgeordneten mit Informationen, damit sie ihre Hauptaufgaben, Gesetzgebung und Kontrolle der Regierung, angemessen wahrnehmen können. Im Auftrag einzelner Abgeordneter sammeln die Experten Informationen und bewerten sie. Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes sind grundsätzlich nicht allgemein zugänglich, sondern zunächst nur dem Auftraggeber, der sie später auf Anfrage auch anderen Mandatsträgern zur Verfügung stellen kann. Der Auftraggeber selbst darf das Gutachten weder veröffentlichen, noch aus ihm zitieren, sondern den Inhalt nur in eigenen Worten wiedergeben. Die Entscheidung über die weitere Verbreitung obliegt der Spitze des Bundestags.

 

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