• 10 AUG 2023, BERLIN/GERMANY: Thomas Liebel, Bundesvorsitzender, Bundesleitung der Deutschen Zoll- und Finanzgewerkschaft, Friedrichstraße 169, 10117 Berlin IMAGE: 20230810-01 Nutzungsrechte: Zeitlich und räumlich unbegrenzte Nutzungsrechte in Print- und Onlinemedien des BDZ, sowie das Recht zur unbegrenzten Weitergabe dieser Nutzungsrechte an Dritte.

EU-Zollreform

Zollgewerkschaft kritisiert Einsatz des Bundesfinanzministeriums

Die Europäische Kommission hat eine Zollreform vorgeschlagen, die zur Gründung einer EU-Zollagentur führen soll. Das stößt bei den Zollbeschäftigten auf Kritik.

Dossier

„Brüssel sieht zwar zu Recht Handlungsbedarf“, sagt der BDZ-Bundesvorsitzende Thomas Liebel mit Blick auf den großen Anstieg der Abfertigungsvolumen aus Drittstaaten, allen voran China, Sicherheitsstandards und die aktuell drohenden weltweiten Handelskonflikte. Seine Gewerkschaft unterstütze eine EU-Zollreform und eine einheitlichere Rechtsanwendung in den Mitgliedstaaten. „Die geplante europäische Zollagentur geht aber entschieden zu weit, denn sie würde die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten für die Organisation ihrer Verwaltung in Frage stellen und die bestehenden Probleme nicht lösen.“  

Mangelnde Praxistauglichkeit, lautet die Hauptkritik des BDZ-Bundesvorsitzenden Thomas Liebel. Ideen zur Stärkung der Digitalisierung und zur Harmonierung von Zollverfahren seien positiv zu bewerten, die Kommission müsse aber mehr Rücksicht auf die Zollverwaltungen der Mitgliedstaaten nehmen. Liebel sieht eine Mitverantwortung bei der Bundesregierung. „Das Bundesfinanzministerium hat sich bei den Beratungen des Kommissionsvorschlags im Rat der EU sehr zurückgehalten beziehungsweise keine klare Position bezogen.“ Das sei auch anderen Mitgliedstaaten und Verbänden aufgefallen. „Deutschland kann sich eine solche passive Rolle eigentlich nicht leisten.“ Liebel erwartet eine aktivere Beteiligung der Bundesregierung und eine stärkere Berücksichtigung der Expertise der deutschen Zollverwaltung und ihrer gewerkschaftlichen Vertretung.

„Eine zentrale Steuerung der Zollverwaltung auf europäischer Ebene liegt weder im Interesse der Zollbediensteten noch der Verbraucherinnen und Verbraucher“, betont Liebel die Ablehnung einer EU-Zollagentur. „Die Entscheidung über den Ressourceneinsatz muss dezentral erfolgen. Hier sind aus gutem Grund die Mitgliedstaaten zuständig.“ Auf EU-Ebene voranzutreiben sei vielmehr die vollständige Digitalisierung der Zollverfahren. Der europaweite Datenaustausch müsse Priorität haben. Dementsprechend begrüßt der BDZ den geplanten EU Data Hub, einen zentralen Datenzugangspunkt. „Durch eine einheitliche Datenerfassung und einen automatisierten Datenaustausch zwischen den nationalen Zollbehörden würden viele neue Möglichkeiten für bessere Kontrollen eröffnet.“

Auch die in Brüssel beschlossene Absenkung der 150-Euro-Zollwertfreigrenze sieht der BDZ mit Skepsis. Angesichts der Fülle der Sendungen aus China, vor allem über große Plattformen wie Shein und Temu, führe dies zu einer erheblichen Mehrbelastung für die Zollämter. „Wir haben dafür schlicht zu wenig Personal. Der Ausbau der Zollverwaltung hat mit dem Anstieg des internationalen Warenverkehrs nicht Schritt gehalten.“ Rechtliche und IT-technische Vereinfachungen für die Abgabe der vielen zusätzlichen Zollanmeldungen wären aus Sicht des BDZ zwingend notwendig. Zudem bestünden alternative Konzepte wie Sendungspauschalen, die der Exporteur unabhängig vom Warenwert zu entrichten habe, wie sie etwa der Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA) vorschlage.

 

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