dbb magazin 3/2019 - page 28

Warum Gewerkschaft? Ist das
nicht total out?
Philipp Mierzwa: Tatsächlich
ist der Begriff „Gewerkschaft“
für Außenstehende wahr­
scheinlich noch nie wirklich
sexy gewesen und wird es für
Uninteressierte wohl auch nie
sein. Wer sich aber näher mit
der Thematik beschäftigt, wird
feststellen, dass sowohl die
Gewerkschaftsmitgliedschaft
als auch die Gewerkschaftsar­
beit sehr vielseitig und überaus
bereichernd ist! Wo, wenn
nicht in meiner Gewerkschaft,
kann ich bereits am Anfang
des Berufslebens – in dieser
starken Form – Einfluss neh­
men und Veränderungsprozes­
se anstoßen und begleiten?
Da bietet eine Gewerkschaft
die Möglichkeit zur Partizipa­
tion mit dem nicht zu unter­
schätzenden Nebeneffekt, dass
man auch noch auf zahlreiche
Gleichgesinnte trifft und sich
ein gutes Netzwerk aufbaut.
Dem Vernehmen nach interes-
siert man sich ja heutzutage
vornehmlich für sich selbst und
einen irgendwie gearteten in-
dividuellen Mehrwert – alles
Quatsch? Oder kommt man da
in einer Gewerkschaft durchaus
auch auf seine Kosten?
Das eine schließt aus meiner
Perspektive das andere nicht
aus. Persönlich setze ich mich
als Gewerkschafter vor allem
für andere ein. Das muss aber
ja nicht bedeuten, dass ich
nicht auch zu der Gruppe von
Menschen gehöre, für die ich
mich einsetze. Als Mitarbeiter
im öffentlichen Dienst betref­
fen mich selbst doch fast alle
Themen, die wir als dbb jugend
und dbb behandeln! Es handelt
sich also aus meiner Perspekti­
ve um einen klassischen Fall
von „egoistischem Altruismus“:
Ich schaffe einen Mehrwert für
alle, von dem ich dann auch
ganz individuell profitiere. Au­
ßerdem lerne ich durch die Ge­
werkschafts- und Personalrats­
arbeit auch viel, was mich im
Beruf weiterbringt.
Es spricht also einiges für Ge-
werkschaft. Wie fühlt man sich
denn so als Nachwuchskraft
und „Digital Native“ auf dem
Mitbestimmungsparkett? Der
demografische Wandel hat ja
hier sicher auch nicht haltge-
macht …
In der Tat würde ich mir viel
mehr junge Menschen auf die­
semMitbestimmungsparkett
wünschen. Immer wieder höre
ich in Gesprächen mit jungen
Mitgliedern aber, dass sie ihre
Mitarbeit in Personalräten of­
fensiv anbieten, jedoch mit
diesemWunsch abblitzen und
auf den Listen für die Wahlen
dann meist gar nicht oder nicht
aussichtsreich berücksichtigt
werden. Und selbst bei denje­
nigen, die man schon für die
Jugend- und Auszubildenden­
vertretung gewinnen konnte,
wird nur selten an den Über­
gang auf die Personalratsebe­
ne gedacht. Das ist nicht nach­
haltig. Mir ist natürlich auch
bewusst, dass eine Chance für
die Jugend häufig auch mit
dem Verzicht von erfahrenen
Kolleginnen und Kollegen ein­
hergeht, aber ein Personalrats­
gremium kann von einemMix
aus Erfahrung und Jugend nur
profitieren! Schließlich sollen
ja auch alle Beschäftigtengrup­
pen der Dienststelle repräsen­
tiert werden und sich vertreten
fühlen.
Und zu dem Argument, dass
wir ja überhaupt keine Erfah­
rung hätten: Wo sollen wir jun­
gen Menschen denn die Erfah­
rung hernehmen, die immer
gefordert wird, wenn wir keine
Möglichkeiten bekommen,
diese zu sammeln?
Wie generationengerecht sind
Gewerkschaften selbst? Wie
sieht der Generationendialog
in der dbb Familie aus?
Im dbb habe ich das Gefühl,
dass dieser Generationendia­
log schon sehr gut funktio­
niert, und auch wir als Bundes­
jugendleitung streben eine
gute Zusammenarbeit mit den
anderen Interessenvertretun­
gen innerhalb des dbb an. Im
Rahmen der letzten Jahresta­
gung haben wir uns als Bun­
desjugendleitung beispielswei­
se mit der Seniorenvertretung
getroffen, ummögliche Punkte
dbb jugend Vize Philipp Mierzwa
Personalratsarbeit kann von
einemMix aus Erfahrung und
Jugend nur profitieren
Am 8. und 9. April 2019 treffen sich Personalvertreter aus
ganz Deutschland zum dbb forum Personalvertretungsrecht
in Berlin – Motto: „Auf demWeg in die Digitalisierung. Ihr
Personalrat. Auf Ihrer Seite.“ Mit dabei ist auch dbb jugend
Vize Philipp Mierzwa, der im Forum „Digital Natives in die
Personalvertretungen!“ gemeinsammit Janna Gall von der
Deutschen Verwaltungsgewerkschaft (DVG-Jugend) disku­
tieren wird, wie junge Menschen für die Mitbestimmungs-
und Gewerkschaftsarbeit begeistert werden können.
jugend
© dbb jugend/Tinett Kähler
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Philipp Mierzwa ist stellvertretender Vorsitzender der dbb jugend
Bund. Er erläutert, warum es sich lohnt, junge Menschen für die
Gewerkschafts- und Mitbestimmungsarbeit zu begeistern.
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