dbb magazin 3/2019 - page 33

europa
Gleichstellung und Steuerpolitik
Wichtiger Impuls vom Europaparlament
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Vereinbarkeit von Beruf und Familie
Neue EU-Standards beschlossen
Europäische Kommission, Rat und Parlament haben sich nach
schwierigen Verhandlungen auf die neue Richtlinie zur besseren
Vereinbarkeit von Beruf und Familie geeinigt. Die Richtlinie wird
die EU-Mutterschutzrichtlinie sowie die Rahmenvereinbarung
der Sozialpartner über Elternurlaub ersetzen. Die Vorsitzende der
dbb bundesfrauenvertretung, Helene Wildfeuer, begrüßte den
Beschluss ausdrücklich als „wichtigen Schritt in Richtung eines
sozialen Europas. Für viele europäische Staaten ist diese Einigung
auf verbindliche Mindeststandards ein riesiger Schritt in der
Gleichstellungspolitik, aber in Deutschland dürfen bisher erreich-
te Standards durch die Richtlinie auf keinen Fall gefährdet wer­
den“, betonte Helene Wildfeuer am 14. Februar 2019.
Elektronische Patientenakte
Sorgfalt vor Schnelligkeit
Die EU-Kommission hat Anfang Februar eine Reihe
von Empfehlungen zur Einführung elektronischer
Patientenakten veröffentlicht. Die Gewerkschaft
der Sozialversicherung (GdS) begrüßt eine EU-wei­
te Vernetzung der Patientendaten, mahnt aber zur
Vorsicht beim Schutz dieser hochsensiblen Daten.
„Hier gilt eindeutig: Sorgfalt
vor Schnelligkeit“, betonte der
GdS-Bundesvorsitzende und
stellvertretende dbb Bundes­
vorsitzende Maik Wagner
am 18. Februrar 2019. „Wir
finden gut, dass die Europäi­
sche Kommission jetzt einen
gewissen Druck für elektroni­
sche Patientenakten aufbaut.
Denn wir hinken in Deutsch­
land mit der Entwicklung in
der Digitalisierung hinterher.“
Wagner mahnt aber vor einem
überhasteten Vorgehen: „Ins­
besondere bei Gesundheits-
und Sozialdaten muss der Da­
tenschutz höchste Priorität
haben.“ Die deutschen Sozial­
versicherungsträger sähen
sich kontinuierlichen Hacker-
angriffen ausgesetzt. „Neue
Schnittstellen, ein europawei­
tes Datensystem, bedeutet
auch neue Einfallstore für
Cyberangriffe.“
Ohnedies müsse Deutschland
zunächst seine Hausaufgaben
machen, ehe an europäische
Lösungen zu denken sei, so der
dbb Vize. „Die Einführung digi­
taler Lösungen kommt hierzu­
lande nur schleppend voran.
Es kann nicht einmal von einer
flächendeckenden Nutzung der
elektronischen Gesundheitskar­
te die Rede sein.“ Deren Einfüh­
rung habe aber Kosten in Höhe
von mehr als zwei Milliarden
Euro verursacht. „Erst wenn die
Patientenakte in Deutschland
flächendeckend funktioniert,
ist an eine Vernetzung im EU-
Raum zu denken.“
Mit einer aktuellen Entschließung hat das Europäi­
sche Parlament die EU-Kommission und die EU-Mit­
gliedstaaten Anfang Februar 2019 aufgefordert,
Maßnahmen zur Förderung der Gleichstellung der
Geschlechter in europäischen Steuerpolitiken um­
zusetzen. Die dbb bundesfrauenvertretung fordert
eine schnelle Umsetzung auf nationaler Ebene.
„Diese Entschließung legt den
Finger in die Wunde und ist
eine deutliche Handlungsauf­
forderung an die Mitgliedstaa­
ten“, machte Helene Wildfeuer,
die Vorsitzende der dbb bun­
desfrauenvertretung, am 5. Fe­
bruar 2019 deutlich und wies
auf entsprechende Defizite im
deutschen Steuersystem hin.
„Das Ehegattensplitting för­
dert in erster Linie das Vorhan­
densein des Trauscheins und
nicht das von Kindern. Außer­
dem begünstigt es durch den
Splittingvorteil indirekt die ge­
schlechterspezifische Rollen­
verteilung innerhalb der Fami­
lie“, stellte Wildfeuer heraus.
Empirisch betrachtet seien es
in den meisten
Fällen die Frau­
en, die dem Ar­
beitsmarkt fern­
blieben, um sich um
die Kinder zu küm­
mern. „Hier müssen wir
endlich ernsthaft über die
Abschaffung der im deutschen
Steuerrecht verankerten Fehl­
anreize sprechen, die diese
tradierten Rollenverteilungen
begünstigen“, so Wildfeuer.
Eine Lösung sieht Milanie
Hengst, Vorsitzende der Bun­
desfrauenvertretung der Deut­
schen Steuer-Gewerkschaft
(DSTG), in der Abschaffung der
Lohnsteuerklasse V. „Wir sehen
einen Trend hin zur getrennten
Ver­
anlagung.
Immer häufiger wird nach
Lohnsteuerklasse IV/IV und
Faktorverfahren versteuert.
Fast alle EU-Staaten kennen
nur die Einzelveranlagung von
Ehegatten“, erläuterte Hengst.
„Anstelle des heutigen Ehegat­
tensplittings wäre alternativ
denkbar, einen Unterhaltsaus­
gleich durch Realsplitting auf
Höhe des Grundfreibetrags
einzuführen.“
© Colourbox.de / Diego Cervo
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