dbb magazin 4/2019 - page 14

Zukunft der Gesundheitsversorgung
Pflege basiert auch im Digitalzeitalter auf Menschlichkeit
Auf Einladung des Bundesministeriums für
Gesundheit (BMG) hat eine Delegation des dbb
im Rahmen der „Konzertierten Aktion Pflege“
am Fachworkshop „Digitalisierung und Zukunfts­
technologien in der Pflege“ am 11. März 2019 in
Berlin teilgenommen.
Schwerpunkt war die Erprobung
von Maßnahmen zur technischen
Unterstützung des Pflegeperso­
nals in stationären Einrichtungen
und in der häuslichen Pflege.
Nach Auffassung des dbb Bundes­
vorsitzenden Ulrich Silberbach
kann zum Beispiel die Elektroni­
sche Pflegedokumentation einen
großen Beitrag zur Entlastung des
Pflegepersonals leisten, wenn der
Datenschutz ernst genommen
wird. „Das bestätigen uns auch
die Rückmeldungen unserer Mit­
glieder. Allerdings muss die Zeit­
einsparung durch elektronische
Dokumentation auch den Pflege­
bedürftigen zugute kommen“, so
Silberbach. Keinesfalls dürfe die
Digitalisierung zu einer weiteren
Aufgabenverdichtung führen. Kri­
tisch betrachtet der dbb Chef da­
gegen die vom BMG ins Spiel ge­
brachte digitale Tourenplanung
für ambulante Pflegekräfte. Be­
fürchtungen der Beschäftigten,
künftig einer Art Monitoring zu
unterliegen, also auf Schritt und
Tritt geortet und kontrolliert zu
werden, nimmt Silberbach sehr
ernst: „Das kann psychische Belas­
tungen fördern und dem Arbeits­
klima abträglich sein. Andererseits
erhöht die digitale Tourenplanung
aber auch den Komfort für zu
Pflegende, wenn der Besuch der
Pflegekraft zeitnah avisiert oder
mögliche Verspätungen im Vor­
feld mitgeteilt werden können.“
Anwendungen der Telemedizin
in strukturschwachen Regionen
könnten in der Praxis nur Teilbe­
reiche des Bedarfs in der Pflege
abdecken und eigneten sich eher
für die Unterstützung der haus-
oder fachärztlichen Versorgung.
Silberbach: „Eine digitale Sprech­
stunde ist für technikaffine
Patienten durchaus eine Berei­
cherung. Der klassische Pflege­
bedürftige ist jedoch häufig
nicht online. Hier darf man es
sich nicht zu einfach machen,
sondern muss gute Pflege mit
gutem Personal auch auf dem
Land gewährleisten. Letztlich
darf Pflege nicht nur Versorgung
bedeuten. Sie basiert auch im
Digitalzeitalter in erster Linie
auf Menschlichkeit.“
kräfte können dadurch mit bis
zu zehn Prozent mehr Einkom­
men rechnen.
Die Gewerkschaften haben
fur Pflegekrafte an Uniklini­
ken und in den Zentren fur
Psychiatrie Baden-Wurttem­
berg ab Entgeltgruppe KR 7
darüber hinaus eine dynami­
sche Zulage von 120 Euro mo­
natlich durchgesetzt. Weiter
wird der Zuschlag fur Sams­
tagsarbeit ab 1. Januar 2020
auf 20 Prozent erhoht. Uber
eine Erhohung des Samstags­
zuschlags bei Wechselschicht-
und Schichtarbeit werden Ver­
handlungen aufgenommen.
Weiter wird der Zusatzurlaub
fur standige Wechselschicht­
arbeit (§ 43 TV-L) 2020 auf bis
zu sieben Tage, 2021 auf bis zu
acht Tage und 2022 auf bis zu
neun Tage erhoht. Die Hochst­
grenzen erhohen sich entspre­
chend.
Gute Arbeitsbedingungen
bestehen jedoch nicht aus­
schließlich aus angemessener
Personalausstattung und Be­
zahlung. Auch Arbeitsschutz
und betriebliches Gesundheits­
management sind wichtige
Aspekte, die den drohenden
Fachkräftemangel abmildern
können. Denn: Mit steigendem
Altersdurchschnitt steigt auch
die Zahl der Beschäftigten,
die mit gesundheitlichen Ein­
schränkungen zu kämpfen ha­
ben und ihre gewohnte Arbeit
aufgrund dessen nicht mehr
in vollem Umfang ausüben
können.
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© Phovoir / Colourbox.de
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