dbb magazin 4/2019 - page 21

standpunkt
Es fehlt eine Stärkung der At­
traktivität des Lehrerberufs
durch die Verbesserung der
Arbeitsbedingungen. Zur drin­
gend erforderlichen Attraktivi­
tätssteigerung gehören auch
ein klares Bekenntnis zum Be­
amtenstatus für Lehrkräfte, an­
gemessene Besoldung bezie­
hungsweise Bezahlung für die
nicht verbeamteten Kollegin­
nen und Kollegen, Zulagen und
höhere laufbahninterne Beför­
derungsmöglichkeiten sowie
tatsächliche Beförderungen.
Lehrkräfte werden mit zuneh­
mender Gewalt alleingelassen
Die Gesellschaft verroht zuneh­
mend, was sich in den Schulen
widerspiegelt. Schülerinnen
und Schülern fehlt es nicht nur
am gegenseitigen Respekt, son­
dern vor allem an Achtung vor
ihren Lehrkräften. Leider sind
es manchmal sogar die Eltern,
die ihren Kindern vorgeben,
dass ihnen die Lehrerinnen und
Lehrer „nichts zu sagen haben“.
Die Folge sind ungebührliches
Benehmen, Bedrohungen und
in Einzelfällen, deren Anzahl
aber zunimmt, sogar körperli­
che Übergriffe auf Lehrkräfte.
Es fehlen adäquate Maßnah­
men der Dienstherren gegen
Gewalt in der Schule. Von den
Dienstvorgesetzten wird das
Phänomen allzu oft als „Privat­
problem“ abgetan. Es hat sich
eine Kultur des Wegschauens
etabliert. Das darf nicht sein.
Die zunehmende Gewalt an
den Schulen darf nicht länger
bagatellisiert werden. Ein ers­
ter Ansatz ist, jeden Übergriff
auf Lehrkräfte konsequent
durch die Dienstvorgesetzten
zur Anzeige zu bringen.
Die Schulen sind nicht fit
genug für die Digitalisierung
Es ist ein Irrglaube anzuneh­
men, dass Deutschlands Schu­
len allein mit dem endlich auf
der Startrampe stehenden Di­
gitalpakt im digitalen Zeitalter
angekommen sind. Der Digital­
pakt ist und bleibt eine An­
schubfinanzierung des Bundes.
Der infrastrukturelle Bedarf in
den Schulen wird weit mehr
Mittel erfordern – nicht ein­
malig, sondern andauernd.
Selbst wenn es gelingt, diesen
Bedarf an digitaler Ausstat­
tung zu stillen, kommt es min­
destens ebenso sehr darauf
an, das ganze Unterfangen mit
pädagogischen Konzepten zu
flankieren. Die schnellsten
WLAN-Verbindungen und die
smartesten Laptops nützen
nichts, wenn die Lehrkräfte
nicht dabei begleitet werden,
die digitalen Medien im Unter­
richt einzusetzen. Die vorhan­
denen Lehrerinnen und Lehrer
brauchen geeignete Konzepte
für Fortbildungen und entspre­
chende Freiräume, diese wahr­
zunehmen. Die angehenden
Lehrkräfte müssen durch die
Studiums- und Referendariats­
inhalte darauf vorbereitet wer­
den, Bildung im digitalen Zeit­
alter zu vermitteln.
© Jan Brenner
© Colourbox.de
Steuergerechtigkeit und soziale Sicherheit
Mehr europäische
Kraftanstrengung nötig
dbb Chef Ulrich Silberbach zeigt sich mit Blick auf
den Brexit und die Europawahlen besorgt über
das Auseinanderdriften des Kontinents.
„Die Menschen verlangen mehr
konkrete Antworten auf ihre
Probleme. Wir müssen auch in
Europa dazu beitragen, diese
zu liefern. Nur so können wir
den Populisten das Wasser ab­
graben“, sagte Silberbach am
21. März 2019. Der dbb Chef
sieht hier auch die Gewerk­
schaften in der Verantwortung.
„Demografie, Digitalisierung,
innere und äußere Sicherheit,
aber auch unsere Zukunftsfä­
higkeit durch gute Bildung
stellen uns in Europa vor ge­
meinsame Herausforderun­
gen.“ Um diese zu bewältigen,
fordert er mehr europäische
Zusammenarbeit vor allem in
der Steuerpolitik. „Der schäd­
liche Steuerwettbewerb der
Mitgliedstaaten stellt die Steu­
ergerechtigkeit und damit die
finanziellen Grundlagen staat­
licher Aufgaben infrage.“ Das
Steuerdumping schwäche den
sozialen Zusammenhalt.
„Die EU-Staaten müssen sich
auf effektive Regelungen eini­
gen, die eine leistungsgerech­
te, faire Besteuerung vor allem
auch der Digitalwirtschaft si­
cherstellen. Auch Themen wie
eine Robotersteuer dürfen kein
Tabu sein“, so Silberbach. Sonst
seien öffentliche Dienstleistun­
gen und soziale Sicherheit bald
nicht mehr verlässlich finan­
zierbar. „Ich bin überzeugt,
dass wir viele Menschen für
Europa und die liberale Demo­
kratie zurückgewinnen, wenn
wir konkrete Ergebnisse für
mehr Fairness und europäische
und staatliche Handlungs­
fähigkeit vorweisen können.
Dazu braucht es kluge Politik
und starke Sozialpartner, die
sich aktiv mit ihren Ideen ein­
bringen. Wir tun das.“
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