dbb magazin 4/2019 - page 19

dann gefragt, ob ich Lust habe,
an die Schule zurückzukom­
men und zu unterrichten.“
Hatte er.
Während die Schülerinnen und
Schüler die praktischen Hand­
griffe vorführen, ihren Mit­
schüler hin- und herbewegen,
waschen, rasieren, erzählt der
33-Jährige, wie sich die Schule
auf das neue Gesetz einstellen
wird. „Ab 2020 sind bei uns alle
drei Ausbildungen vereint. Wir
erarbeiten gerade mit den Kol­
leginnen und Kollegen das
neue Curriculum“, sagt Moder­
hak. Derzeit sei es noch eher
selten, dass die Gesundheits-
und Krankenpflege und die Al­
tenpflege miteinander in Kon­
takt kommen, aber das werde
sich dann ändern.
Das Kollegium in Brandenburg
an der Havel setzt auf die Ge­
neralistenausbildung und auf
die Vermittlung von praxisrele­
vanten Inhalten. Beispielswei­
se die derzeit im Plan gelehr­
ten 100 Stunden Anatomie
werden in der Form nicht mehr
unterrichtet. Stattdessen wird
je nach Fach und Inhalt ge­
schaut, was die Schülerinnen
und Schüler konkret in einer
Situation brauchen. Kritiker be­
fürchten die Verflachung der
Ausbildung, es wird alles ein
bisschen unterrichtet, aber
nichts richtig. „Lehrinhalte
gehen nicht verloren“, wider­
spricht Steve Moderhak. „Die
Ausbildung wird nicht schlech­
ter, sondern eher besser.“ Viel­
leicht gehe man im Fach Ana­
tomie nicht mehr ganz so in
die Tiefe, lernt aber dafür Din­
ge, die für den Beruf wichtiger
sind als theoretisches Wissen.
Moderhak kritisiert, dass das
Gesetz nicht weit genug geht.
„Da hätten sie mutiger sein
können.“ Denn: Es werden fünf
verschiedene Abschlüsse mög­
lich sein. „Deutlich zu viel“, fin­
det der Gesundheitspädagoge.
Nach fünf Jahren soll die neue
Ausbildung erstmals evaluiert
werden.
Derzeit lernen an der Medizini­
schen Schule in Brandenburg
an der Havel 260 Schülerinnen
und Schüler. Jeweils im Okto­
ber beginnen eine neue Alten­
pflegeklasse mit maximal 28
Personen, zwei Gesundheits-
und Krankenpflegeklassen und
eine Gesundheits-und Kinder­
krankenpflegeklasse mit je­
weils 25 Plätzen. „Wir platzen
aus allen Nähten“, erzählt Sabi­
ne Pekrul. Ein Schulneubau ist
geplant, die Fördergelder dafür
sind beantragt. Bis das neue
Gebäude fertig ist, wird es aber
noch dauern. „Die Einrichtun­
gen schreien nach Pflegekräf­
ten, aber wir können das aus
Platzgründen definitiv nicht
leisten“, sagt die Schulleiterin.
Doch bei allem Stress sei es
eine sehr schöne Arbeit. „Die
Fluktuation im Kollegium ist
sehr niedrig, das sagt ja auch
etwas über die Qualität der Ar­
beit aus.“ Sabine Pekrul leitet
die Altenpflegeschule seit
2015, an der Schule ist sie aber
schon seit 2004. Zunächst hat
sie am Klinikum als Kranken­
schwester gearbeitet, später
ist sie als Lehrkraft zurückge­
gangen und hat parallel an der
Berliner Humboldt-Universität
Medizinpädagogik studiert.
Doch die Arbeitsbedingungen
an der Schule sind gut, erzäh­
len diejenigen, die wir danach
fragen. Für die Beschäftigten
der Klinik gilt ein Haustarifver­
trag, der an den TVöD für die
Pflege angelehnt ist. Die Mehr­
heitsgewerkschaft im Haus ist
ver.di. Doch neues Personal ist
eben schwer zu finden. „Unse­
re Auszubildenden erzählen
manchmal aus der Klinik, dass
sie sehen, wie eine Person eine
ganze Station im Nachtdienst
hat“, erzählt Pekrul. Und wenn
mal jemand krank wird, „ist bei
der Personalknappheit schnell
eine halbe Station lahmge­
legt“. Um dem beizukommen,
fährt die Schule derzeit eine
„großangelegte Werbekampa­
gne“, wie Pekrul sagt. „Wir
werben um jeden Schulabsol­
venten.“
Text: Jörg Meyer
Fotos: Jan Brenner
>
dbb magazin | April 2019
dbb
1...,9,10,11,12,13,14,15,16,17,18 20,21,22,23,24,25,26,27,28,29,...48
Powered by FlippingBook