Corona-Pandemie: FAQ zu Homeoffice und mobilem Arbeiten
Mobil oder im Homeoffice zu arbeiten, ist für viele Berufstätige eine große Erleichterung, gerade wenn es darum geht Familie und Beruf besser zu vereinbaren. Was in vielen Bereichen gelebter Alltag ist, ist für andere ein hart erkämpftes Privileg. Mit der Coronavirus-Krise hat sich das schlagartig geändert: So viele Beschäftigte wie noch nie sind derzeit darauf angewiesen, von zuhause aus zu arbeiten. Deutschland befindet sich im größten Homeoffice-Experiment aller Zeiten. Positive Erfahrungen mit den mobilen Heimbüros könnten Arbeitgebende und Beschäftigte ermutigen, gelegentliche Arbeit in den eigenen vier Wände zu erleichtern. Welche Rechte gelten fürs Arbeiten im Homeoffice und worauf sollten Beschäftigte beim mobilen Arbeiten achten? Unser FAQ liefert Antworten auf die wichtigsten Fragen und wird fortlaufend aktualisiert.
Für Beamtinnen und Beamte in Bund, Ländern und Kommunen gelten die jeweils einschlägigen beamtenrechtlichen Vorschriften wie zum Beispiel die jeweiligen Arbeitszeitverordnungen auf Bundesebene und auf Ebene der Länder, die je nach Gebietskörperschaft unterschiedlich ausfallen können. Weitergehende Regelungen zur Ermöglichung und zur Ausgestaltung von Telearbeit, Heimarbeit und mobilem Arbeiten werden vielfach auf Dienststellenebene im Rahmen von Dienstvereinbarungen getroffen.
Wie unterscheidet sich Arbeiten im Homeoffice von mobilem Arbeiten?
Unter Homeoffice versteht man einen festen Telearbeitsplatz in den eigenen vier Wände. Der Arbeitgeber stellt dafür die Büroausrüstung oder spezielle Arbeitsausrüstung wie beispielswiese einen Computer und sogar das Mobiliar. Beschäftigte, die einen Telearbeitsplatz im Homeoffice nutzen, müssen auch dort zu den vereinbarten Arbeitszeiten erreichbar sein. Solche Arbeitsplätze unterliegen dem Arbeitsschutz- und Arbeitsstättenrecht. Der Arbeitgeber ist danach verpflichtet zu prüfen, ob das Homeoffice den arbeitsschutzrechtlichen Vorgaben entspricht.
Mobiles Arbeiten hingegen beschriebt das Arbeiten mit mobilen Endgeräten wie Smartphone und Laptop außerhalb der Dienststätte. Im Gegensatz zum Telearbeitsplatz im Homeoffice, der den Arbeitsort vorgibt, bleibt es beim mobilen Arbeiten den Beschäftigten selbst überlassen, wo der Arbeitsauftrag erfüllt wird. Ein Zugabteil kann dann ebenso gut wie ein Café kurzfristig das Büro in der Betriebsstätte ersetzen.
Habe ich ein Recht auf Homeoffice beziehungsweise mobiles Arbeiten?
„Der Arbeitgeber ist verpflichtet, den Beschäftigten anzubieten, im Fall von Büroarbeit oder vergleichbaren Tätigkeiten, die sich dafür eignen, in ihrer Wohnung (Homeoffice) auszuführen, sofern zwingende betriebsbedingte Gründe dem nicht entgegenstehen. Die Entscheidung über die Eignung bzw. evtl. entgegenstehende Gründe trifft der Arbeitgeber.“
Corona-Arbeitsschutzverordnung (25.01.21, BMAS)
Bisher gibt es keinen Rechtsanspruch auf Homeoffice, auch dann nicht, wenn beispielsweise durch eine Pandemie das Gesundheitsrisiko für Beschäftigte am Arbeitsplatz steigt. In solchen Fällen ist Homeoffice jedoch im Sinne der Arbeitgeberfürsorge zum Schutz der Beschäftigten ein sinnvolles Mittel, etwa um eine Infektion auszuschließen und den Betrieb „am Laufen“ zu halten. In diesen Fällen gelten die für Homeoffice und mobiles Arbeiten üblichen Rechtsgrundlagen.
Im Rahmen seiner Fürsorgepflicht gegenüber seinen Beschäftigten darf der Dienstherr nach rechtlicher Einschätzung des dbb in der Corona-Krise Beamtinnen und Beamte anweisen, ihre Tätigkeit im Homeoffice auszuführen. Kommt eine Beamtin oder ein Beamter der Aufforderung nicht nach, liegt ein unentschuldigtes Fehlen vor, das entweder durch Urlaub, Überstunden oder Kürzung der Besoldung ausgeglichen werden muss. Als letztes Mittel kann ein Disziplinarverfahren eingeleitet werden, weil der Dienstleistungspflicht nicht nachgekommen wird.
Wie verbreitet sind mobiles Arbeiten und Homeoffice?
Vor der Corona-Krise arbeiteten rund fünf Millionen Arbeitnehmende deutschlandweit von zuhause. Noch viel mehr Beschäftigte hätten den Wunsch danach. Vor allem Eltern und Personen mit Pflegeverantwortung gehören zu dieser Beschäftigtengruppe. Bisher wird mobiles Arbeiten oder Homeoffice jedoch deutlich häufiger unter dem Aspekt der Flexibilisierung von Arbeitsaufgaben im Führungsbereich eingesetzt. Demnach arbeiten derzeit Beschäftigte in höheren Positionen und damit mehr Männer als Frauen mobil. Tatsächlich können circa 40 Prozent der Tätigkeiten in den eigenen vier Wänden erledigt werden. Die Vorteile für viele Beschäftigte liegen auf der Hand: zeitliche und räumliche Flexibilität, bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie, Zeiteinsparung durch wegfallende Fahrtwege, was insgesamt zur Steigerung der Lebensqualität beitragen kann.
Wer bietet Homeoffice und mobiles Arbeiten an?
Trotz voranschreitender Digitalisierung bieten nicht alle Arbeitgebende mobiles Arbeiten oder Homeoffice an. Im öffentlichen Dienst ist das Angebot sehr unterschiedlich. Während beispielsweise im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend mobiles Arbeiten grundsätzlich allen ermöglicht wird, so es die Tätigkeit zulässt, räumt das Bundesministerium des Innern seinen Beschäftigten eine festgelegte Anzahl an Tagen pro Jahr ein, um mobil von zuhause aus zu arbeiten sowie weitere Möglichkeiten, auf Antrag mobil oder im Homeoffice zu arbeiten. Bisher ausgenommen sind in der Regel Beschäftigte, die in ihrer Tätigkeit an einen bestimmten Ort gebunden sind oder im persönlichen Kontakt mit zu betreuenden Personen stehen wie zum Beispiel Kitafachkräfte, Lehrende, Sicherheitspersonal oder Beschäftigte im Gesundheitswesen.
Dennoch gibt es auch öffentliche Arbeitgebende, die grundsätzlich zurückhaltend sind, mobile Arbeitsmodelle zuzulassen. Die Argumente sind meist ähnlich und gleichen denen der Unternehmen in der Wirtschaft: Es gäbe inhaltliche und technische Hürden oder Homeoffice beziehungsweise mobiles Arbeiten wiederspreche schlichtweg der Unternehmenskultur. Die Erfahrungen aus der Corona-Krise zeigen nun jedoch, mobiles Arbeiten im Homeoffice ist deutlich einfacher und unkomplizierter gut zu organisieren, als es die Arbeitgebenden bisher zugeben wollten.
Welche gesundheitlichen Risiken bergen mobiles Arbeiten und Homeoffice?
Die Arbeitsform des Homeoffice beziehungsweise des mobilen Arbeitens birgt durchaus gesundheitliche Risiken. Mitarbeitende beklagen häufig die Erwartungshaltung einer ständigen Erreichbarkeit und Leistungsüberwachung. Sie könnten im Homeoffice nicht abschalten und verspürten größeren Druck und Stress. Die AOK führte dazu eine Befragung ihrer Mitglieder durch. Im Ergebnis fühlten sich 73,4 Prozent derjenigen, die häufig im Homeoffice arbeiten, in den vergangenen zwölf Monaten erschöpft. Bei denjenigen, die ausschließlich im Büro tätig sind, waren es 66 Prozent. Außerdem weisen Beschäftige im Homeoffice stärkere Tendenzen zu Wut und Verärgerung auf (69,8 Prozent gegenüber 58,6 Prozent im Büro), bei Nervosität und Reizbarkeit waren es 67,5 Prozent im Vergleich zu 52,7 Prozent. Befragt wurden insgesamt 2 000 Beschäftigte zwischen 16 und 65 Jahren. Die Folgen psychischer Belastungen durch Homeoffice sind demnach nicht zu unterschätzen. Neben dem verschlechterten Gesundheitszustand, zeigten Mitarbeitende schwächere Leistungen und zögen sogar in Erwägung, den Beruf oder die Arbeitsstelle zu wechseln.
Gilt das Arbeitsschutzgesetz auch im Homeoffice und für mobiles Arbeiten?
Das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) findet bei Homeoffice (Telearbeit) und mobilem Arbeiten uneingeschränkt Anwendung.
§ 1 ArbSchG legt den Anwendungsbereich des Gesetzes dahingehend fest, dass es in allen Tätigkeitsbereichen gilt. Damit bestehen gemäß §§ 3, 4 ArbSchG in Verbindung mit der allgemeinen Pflicht zur gefahrfreien Gestaltung des Arbeitsplatzes nach § 618 BGB für Arbeitgeberinnen und -geber im Hinblick auf Homeoffice, als auch im Rahmen von mobilem Arbeiten, Schutzpflichten gegenüber seinen Beschäftigten. Sie haben hiernach die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes unter Berücksichtigung der Umstände zu treffen, die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit beeinflussen. Sie haben die Arbeit insbesondere so zu gestalten, dass eine Gefährdung für Leben und Gesundheit möglichst vermieden und die verbleibende Gefährdung möglichst geringgehalten wird. Der Arbeitgeber beziehungsweise die Arbeitgeberin hat durch eine Beurteilung der für die Beschäftigten mit ihrer Arbeit verbundenen Gefährdung zu ermitteln, welche Maßnahmen des Arbeitsschutzes erforderlich sind. Gleichzeitig sind die Beschäftigten verpflichtet, nach ihren Möglichkeiten sowie gemäß der Unterweisung und Weisung des Arbeitgebenden für ihre Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit Sorge zu tragen.
Wie ist die Arbeitsstättenverordnung auf einen Arbeitsplatz im Homeoffice anzuwenden?
Für echte Homeoffice-Arbeitsplätze (Telearbeit) findet die Arbeitsstättenverordnung Anwendung. Diese dient der Sicherheit und dem Schutz der Gesundheit der Beschäftigten beim Einrichten und Betreiben von Arbeitsstätten und konkretisiert das Arbeitsschutzgesetz.
Da Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber nur begrenzte Rechte und Möglichkeiten haben, die Arbeitsumgebung im Privatbereich der Beschäftigten zu beeinflussen, ist der Anwendungsbereich der Arbeitsstättenverordnung in Bezug auf Homeoffice-Arbeitsplätze im Wesentlichen auf Anforderungen für Bildschirmarbeitsplätze beschränkt. Dabei steht die Einrichtung und Ausstattung des Bildschirmarbeitsplatzes mit Mobiliar, sonstigen Arbeitsmitteln und Kommunikationsgeräten im Vordergrund.
Nach § 3 ArbStättV müssen Arbeitgeberinnen und -geber eine sogenannte Gefährdungsbeurteilung bei der Einrichtung und Betreibung von Arbeitsplätzen vornehmen. Dabei ist festzustellen, ob die Beschäftigten Gefährdungen beim Einrichten und Betreiben von Arbeitsstätten ausgesetzt sind oder ausgesetzt sein könnten. Arbeitgebende haben ferner die physischen und psychischen Belastungen sowie bei Bildschirmarbeitsplätzen insbesondere die Belastungen der Augen oder die Gefährdung des Sehvermögens der Beschäftigten zu berücksichtigen. Für Homeoffice-Arbeitsplätze nach der Arbeitsstättenverordnung gilt als Besonderheit, dass lediglich die erstmalige Beurteilung der Arbeitsbedingungen und des Arbeitsplatzes einer Gefährdungsprognose zu unterziehen ist.
Gilt die Arbeitsstättenverordnung auch für mobiles Arbeiten im Homeoffice?
Mobiles Arbeiten unterliegt nicht der Arbeitsstättenverordnung. Da hier die Arbeit ohne Bindung an einen fest eingerichteten Arbeitsplatz außerhalb des Betriebes erfolgt und auch nicht an sonstigen Arbeitsstätten stattfindet, handelt es sich beim mobilen Arbeiten nicht um Homeoffice (Telearbeit) im Sinne der ArbStättV. Gleichwohl gilt hier das Arbeitsschutzgesetz. Arbeitgebende haben die Pflicht, die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes unter Berücksichtigung der Umstände zu treffen, die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit beeinflussen. Da jedoch im Rahmen des mobilen Arbeitens eine Einrichtung fester Arbeitsplätze gerade nicht stattfindet und die Flexibilisierung der Arbeitsumstände das vorrangig angestrebte Ziel ist, liegt es in der Natur der Sache, dass auch Gefährdungsbeurteilung und Unterweisung einen anderen Fokus einnehmen. Die Beschäftigten trifft eine erhöhte Verantwortung selbst auf die Einhaltung der Arbeits- und Gesundheitsvorschriften zu achten, da sie den überwiegenden Teil der Umstände ihrer Arbeit selbst bestimmen und die Arbeit außerhalb des arbeitgebereigenen „Herrschaftsbereichs“ verrichtet wird.
Gilt das Arbeitszeitgesetz auch für mobile Arbeitsplätze?
Das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) gilt bei Homeoffice (Telearbeit) und mobilem Arbeiten. Gemäß § 3 ArbZG darf die werktägliche Arbeitszeit acht Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder innerhalb von 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden (wobei der Samstag ein normaler Werktag im Sinne des Arbeitszeitgesetzes ist).
Arbeitnehmende müssen nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit grundsätzlich eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens elf Stunden haben. Dabei gilt allgemein als Ruhezeit der Zeitraum zwischen dem Ende der Arbeitszeit und dem Beginn der nächsten Arbeitszeit. Arbeitnehmende dürfen während dieser Ruhezeit zu keiner Arbeitsleistung herangezogen werden. Dies gilt auch für die Arbeit zuhause.
Der Arbeitgeber beziehungsweise die Arbeitgeberin ist verpflichtet, dafür zu sorgen, dass die dargestellten gesetzlichen Regelungen eingehalten werden.
Wie erfolgt die Arbeitszeiterfassung bei mobilem Arbeiten und im Homeoffice?
Im deutschen Recht gibt es derzeit keine generelle Verpflichtung, die tägliche Arbeitszeit exakt zu erfassen. Auch für das mobile Arbeiten und Homeoffice fehlt eine solche Vorschrift. Eine Verpflichtung zur Arbeitszeiterfassung gilt nur in bestimmten Branchen wie etwa dem Baugewerbe, dem Transport- und Speditionsgewerbe infolge des Schwarzarbeitsgesetzes sowie den vom gesetzlichen Mindestlohn betroffenen Betrieben infolge des Mindestlohngesetzes. Ansonsten schreibt das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) lediglich eine Aufzeichnungspflicht für Arbeitszeiten vor, welche über acht Stunden (sog. Überstunden) werktäglich hinausgehen.
Sofern keine Betriebs- beziehungsweise Dienstvereinbarung zur Zeiterfassung im Homeoffice und für mobiles Arbeiten besteht oder keine elektronische Zeiterfassung durch Login oder ähnliches über den PC erfolgt, gilt im Homeoffice meist Vertrauensarbeitszeit. Für Beschäftigte empfiehlt sich in diesem Fall Regeln für die Zeiterfassung im Vorfeld mit den Vorgesetzten zu klären, insbesondere wie die Mitarbeitenden ihre Arbeitszeiten erfassen und dokumentieren sollen und ob auch die Aufgaben, die mobil erledigt werden, dokumentiert werden müssen. Wichtig ist, dass dabei stets die Regelungen des Arbeitszeitgesetzes eingehalten werden müssen. Sollte hieran Zweifel bestehen, sollte der Betriebs- beziehungsweise Personalrat hinzugezogen werden.
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte mit Urteil vom 14. Mai 2019 entschieden, dass die EU-Mitgliedstaaten die Arbeitgebenden verpflichten müssen, ein objektives, verlässliches und zugängliches System einzurichten, mit dem die geleistete tägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmenden gemessen werden kann. Somit muss es zukünftig auch für mobiles Arbeiten und Homeoffice ein System zur Arbeitszeiterfassung geben. Bis der deutsche Gesetzgeber die Vorgaben des EuGHs umsetzt, gilt die aktuelle Dienst- beziehungsweise Betriebspraxis.
Gilt der gesetzliche Unfallschutz auch im Homeoffice?
Soweit Homeoffice (Telearbeit) oder mobiles Arbeiten als abhängige Beschäftigung ausgeübt werden, besteht der allgemeine Schutz der Beschäftigten über die Gesetzliche Unfallversicherung. Arbeitsunfälle sind nach § 8 SGB VII Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz begründenden Tätigkeit. Allerdings können sich im Hinblick auf Homeoffice und mobiles Arbeiten hier besondere Abgrenzungsfragen hinsichtlich unversicherter privater Verrichtung und versicherter betrieblicher Tätigkeit ergeben.
Einem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) zufolge besteht kein Betriebsweg im Sinne des § 8 Abs. 1 SGB VII, wenn bei einer häuslichen Arbeitsstätte (Homeoffice) ein Weg innerhalb des Wohngebäudes zurückgelegt wird, um einer eigenwirtschaftlichen Tätigkeit (hier: Trinken) nachzugehen. Für die mit dem Wohnraum einhergehenden Gefahren sei der Versicherte selbst verantwortlich. Es liege auch keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung gegenüber Versicherten vor, die außerhalb des Wohngebäudes ihre Beschäftigung ausüben und auf dem Weg zur Nahrungsaufnahme oder zum Einkauf von Lebensmitteln für den alsbaldigen Verzehr am Arbeitsplatz geschützt sind (BSG, Urteil vom 5. Juli 2016, Az.: B 2 U 5/15 R).
Ebenfalls nicht durch die gesetzliche Unfallversicherung abgedeckt ist der Gang zur Toilette. So sieht es jedenfalls das Sozialgericht München. In seinem Urteil entschied das Gericht, dass der Sturz des in Heimarbeit tätigen Klägers auf dem Rückweg vom WC zu seinem Arbeitsplatz keinen Arbeitsunfall darstellt (Sozialgericht München, Urteil vom 4. Juli 2019, Aktenzeichen S 40 U 227/18).
Zu den Arbeitsunfällen zählen auch so genannte Betriebs- oder Arbeitswege, also Wege, die in Ausführung der versicherten Tätigkeit zurückgelegt werden (z.B. Botengänge, Dienst- und Geschäftsreisen). Ein solcher, im unmittelbaren Betriebsinteresse liegender Weg kommt grundsätzlich nur außerhalb des (privaten) Wohngebäudes in Betracht. Befinden sich die Wohnung und die Arbeitsstätte im selben Gebäude, ist ein Betriebsweg ausnahmsweise auch im häuslichen Bereich denkbar, wenn er in Ausführung der versicherten Tätigkeit zurückgelegt wird.
Sind Wege zwischen Homeoffice und Kinderbetreuungseinrichtung versichert?
Leider ist der Unfallschutz für Wegeunfälle außerhalb des Homeoffice derzeit nicht klar geregelt. Nach dem Gesetz ist grundsätzlich nur der unmittelbare Arbeitsweg bei Unfällen versichert. Nach der ständigen Rechtsprechung beginnt der, sobald das eigene Zuhause verlassen wird, um direkt zur Arbeit zu gelangen („Außentürprinzip“). 1971 hatte der Gesetzgeber jedoch eine Ausnahme festgelegt. Danach standen Beschäftigte auch dann unter dem gesetzlichen Unfallschutz, wenn sie einen Umweg machten, um ihr Kind in den Kindergarten oder eine andere Betreuungsstelle zu bringen.
Nach aktueller Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes vom 30. Januar 2020 (Az.: B 2 U 19/18 R) unterliegen Homeoffice-Beschäftigte, die ihr Kind zum Kindergarten bringen und auf dem Weg einen Unfall erleiden, jedoch nicht dem gesetzlichen Unfallversicherungsschutz. Im zu entscheidenden Fall ging es um eine Mutter, die für ihren Arbeitgeber im Homeoffice tätig war. Auf dem Weg vom Kindergarten zurück ins Homeoffice stürzte sie und brach sich den rechten Ellenbogen. Die Krankenkasse, die für die Kosten aufkam, machte gegenüber der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft einen Erstattungsanspruch geltend, da es sich nach Ansicht der Krankenkasse um einen Wegeunfall gehandelt habe. Das Bundessozialgericht entschied nunmehr, dass der Unfall der Mutter unter keinem denkbaren Gesichtspunkt ein versicherter Arbeitsunfall gewesen sei. Der Unfall sei zunächst nicht auf einen versicherten Betriebsweg erlitten worden, weil das Verbringen des Kindes in den Kindergarten weder in Ausübung der versicherten Tätigkeit erfolgte, noch dem Beschäftigungsunternehmen diente. Ebenso wenig habe es sich um einen versicherten Wegeunfall i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII gehandelt, der zunächst begriffsnotwendigerweise voraussetze, dass der Ort des privaten Aufenthaltes und der versicherten Tätigkeit, zwischen denen der Weg zurückgelegt wird, räumlich auseinanderfallen. Dies sei bei der Tätigkeit im Homeoffice naturgemäß nicht der Fall.
Auch die Regelung des § 8 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe a) SGB VII aus dem Jahr 1971 sei abschließend, so das Gericht, und umfasse nicht den Weg vom Homeoffice zum Kindergarten und zurück. Vielmehr setze die Regelung ein Abweichen von einem versicherten Weg voraus, zu dem Zweck, sein Kind in fremde Obhut zu geben. Ein versicherter Weg sei aber im vorliegenden Fall gerade nicht gegeben.
Das Gericht wies zugleich ausdrücklich darauf hin, dass eine Erweiterung des Versicherungsschutzes dem sozialpolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers obliege.