dbb magazin 1-2/2019 - page 15

dbb Jahrestagung 2019
Tradition des deutschen Be­
rufsbeamtentums.“
<
Expertenrunde zu
aktuellen Themen des
öffentlichen Dienstes
Am Ende des ersten Veran­
staltungstages stellte sich bei
der dbb Jahrestagung eine Ex­
pertenrunde den Fragen des
Publikums. Peter Biesenbach,
Justizminister des Landes
Nordrhein-Westfalen, Prof.
Dr. Hans-Günter Henneke, Ge­
schäftsführendes Präsidialmit­
glied des Deutschen Landkreis­
tages, und Prof. Dr. Matthias
Pechstein von der Europa-Uni­
versität Viadrina hatten sich
nach der krankheitsbedingten
Absage von Bundestagspräsi­
dent Wolfgang Schäuble spon­
tan als Experten für die Frage­
runde zur Verfügung gestellt.
Peter Biesenbach machte
deutlich: „Der Stellenabbau
vergangener Jahre hat den
öffentlichen Dienst in vielen
Bereichen überfordert. Vor
diesem Hintergrund ist die
täglich erbrachte Leistung der
Kolleginnen und Kollegen im­
posant. Das müssen wir den
Menschen im Land vermit­
teln.“ In der Justiz habe NRW
in 2018 massiv Stellen ge­
schaffen und werde das 2019
fortsetzen. „Die Stellenbeset­
zung ist anspruchsvoll, aber
wir wollen und müssen auch
auf die Qualitätsstandards
achten. Diese Herausforde­
rung und den Wettbewerb
nehmen wir an“, so Biesen­
bach. „Persönlich würde ich
mir wünschen, dass wir die
benötigten Fachkräfte für
die Digitalisierung selbst
ausbilden.“
Mit Blick auf die zur Diskussi­
on gestellten flexiblen Be­
schäftigungsbedingungen
Tele- und Heimarbeit stellte
Biesenbach klar, dass eine sol­
che natürlich von der jeweili­
gen Tätigkeit abhänge, er aber
niemanden kenne, der funda­
mental dagegen sei. Konkret
danach befragt, ob gewerk­
schaftliches und mitbestim­
mungsrechtliches Engage­
ment von Beschäftigten ein
Fortkommenshindernis sei,
antwortete Biesenbach: „Be­
schäftigte, die sich in der Per­
sonalratsarbeit einsetzen, sind
für uns Gold wert. Denn am
Ende des Tages helfen sie uns,
Konflikte zu lösen oder gleich
ganz zu vermeiden.“
Im Berufsbeamtentum sieht
der NRW-Justizminister „eine
Bank: Der Verantwortung für
die Menschen gerecht zu wer­
den, das kann ich insbesondere
für den Bereich der Justiz sa­
gen, wäre ohne das Beamten­
tum nicht denkbar“.
Hans-Günter Henneke, Haupt­
geschäftsführer des Deutschen
Landkreistags, warnte davor, in
Anbetracht der guten Einnah­
mesituation des Staates und
gut gefüllter Sozialkassen auf
eine Einhaltung der „schwar­
zen Null“ zu verzichten.
„Deutschland hat nach wie vor
zwei Billionen Euro Schulden,
und diese auch in der langen
Nullzinsphase nicht abgetra­
gen. Vor diesem Hintergrund
und aktuell für die Konjunktur
möglicherweise zinsriskanter
Entwicklungen wie dem Brexit
können die öffentlichen Haus­
halte imWorst Case ganz
schnell wieder angespannter
werden“, so Henneke. Die Aus­
gaben von heute seien die
Zinslasten von morgen, mahn­
te er. Den existierenden Inves­
titionsbedarf im öffentlichen
Dienst, beispielsweise in der
Bildungsinfrastruktur, wies
Henneke indes nicht von der
Hand, wünschte sich allerdings
einen anderen Umgang mit
den entsprechenden Finanzie­
rungskonditionen: „Die Diag­
nose des Bundes, dass die In­
frastruktur verfällt, ist richtig.
Aber nur Geld stellen und er­
warten, dass die Probleme in
einem Jahr gelöst werden, das
funktioniert nicht. Denn das
Personal für die Umsetzung ist
überhaupt nicht mehr da, es
wurde eingespart. Stattdessen
müssen wir die jeweiligen Ebe­
nen dauerhaft mit ausreichend
Steuermitteln ausstatten.“
Ebenso wie zuvor Biesenbach
versicherte auch Henneke, dass
seitens der gesamten Arbeitge­
berschaft eine klare Haltung
hinsichtlich der Attacken auf
öffentlich Bedienstete bestehe:
„So etwas darf es nicht geben,
diese Position müssen wir im­
mer wieder und klar und deut­
lich vernehmbar vertreten und
auf jeden Einzelfall konsequent
reagieren.“ Henneke warb da­
für, die positiven Aspekte von
Digitalisierung und Flexibilisie­
rung der Arbeit im öffentlichen
Dienst zu sehen und zu nutzen.
Insbesondere im ländlichen
Raum böten die neuen techni­
schen Möglichkeiten zusätzli­
che Abdeckungspotenziale.
„Wir dürfen nicht immer nur
auf die Verdichtungsräume,
sprich städtischen Regionen,
schauen – immerhin sind 96
Prozent Deutschlands Fläche.
Wenn wir dort Dank Digitali­
sierung Wohnen, Leben und
Arbeiten attraktiver machen
können, sollten wir das tun.“
Wegen der Sorgen, die viele
Beschäftigte bezüglich der zu­
nehmenden Digitalisierung he­
gen, betonte Henneke: „Sicher
wird es Veränderungen geben,
aber Rückgrat der öffentlichen
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Matthias Pechstein
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Peter Biesenbach
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Hans-Günter Henneke
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